Letztes Konzert in KölnPeter Maffay fällt so schnell nicht um

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Peter Maffay, Sänger und Gitarrist, startet im Ostseestadion seine Farewell-Tour unter dem Titel «We love Rock 'n' Roll». Der 74-Jährige rockt auf seiner letzten Tournee mit seiner Band bis zum 20.07.2024 durch zehn Städte. Foto: Bernd Wüstneck/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Im Rahmen seiner „We Love Rock ´n` Roll – Farewell Tour 2024“ spielte Peter Maffay ein letztes mal auf großer Bühne in Köln.

Bei seinem letzten großen Konzert in Köln hat Peter Maffay prominente Gäste auf der Bühne.

Eine rote Vespa knattert sympathisch zwischen den unzähligen Autos, die Stoßstange an Stoßstange auf der Aachener Straße stehen, als der Fahrer des Motorrollers das Visier seines Helms hochklappt und einigen vorbeihuschenden Fußgängern fragend lauthals „Was ist denn da heute los?“ zuruft. „Peter Maffay spielt im Stadion!“, rufen sie ihm zurück und rennen weiter. So schnell sie können.

Tausende Maffay-Fans sind viel zu spät dran an diesem leicht verregneten Freitagabend, denn: Einige Stunden vor Konzertbeginn des deutschen Rockmusikers, der im Rahmen seiner „We Love Rock ´n` Roll – Farewell Tour 2024“ seinen Abschied von den großen Bühnen der Republik feiern möchte, geht so gut wie nichts mehr auf den Straßen rund ums Kölner Rheinenergie-Stadion. Verkehrschaos. Der für halb acht angedachte Showbeginn wird vom Veranstalter etwas nach hinten verschoben.

Petter Maffay spielt auf Abschieds-Tour im Kölner Rhein-Energie-Stadion

Aber schon um viertel vor acht fährt Peter Alexander Makkay alias Peter Maffay, einer der erfolgreichsten deutschen Sänger, Komponisten und Musikproduzenten der letzten fünf Jahrzehnte, mit einer Harley-Davidson auf die Bühne und singt „Um ihn das Dröhnen der Motoren / Und die Lichter die ihn blenden / Für einen Easy Rider / Da ist der Highway nie zu Ende“. Dieser kraftvolle und ohrenbetäubende Knallerstart passt irgendwie sinnbildlich zu Maffays musikalischer Karriere. Von Anfang an Vollgas, von Anfang an auf der Überholspur. Auf ihn und seinen Musik- und Produktionsapparat war seit Anfang der 1970er-Jahre stets Verlass. Nur die Ränge sind zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht vollbesetzt. Stau sei Dank.

Doch es hilft ja nichts, um spätestens elf Uhr muss Schicht sein im Schacht. Vorgabe der Stadt Köln. Und weil Maffay das weiß und Profi genug ist, lässt er ein paar Witze vom Stapel: „Keiner von uns hatte eine Ahnung, wie so eine Tour aussehen würde. Aber so schnell falle ich nicht um. Vor allem nicht bei meiner Körpergröße.“ Selbstironie und Tiefstapelei vom „Boss“, wie Johannes Oerding ihn gleich noch nennen wird, ist das. Die Fans lachen mit ihm zusammen, die Stimmung ist fantastisch, friedvoll, ausgelassen. Die Lücken auf den Rängen füllen sich mehr und mehr.

Köln: Großer Andrang und Verkehrschaos vor Konzert

Eine Zuschauerin sucht noch etwas abgehetzt ihren Platz, da singt sie schon ein paar Sekunden später mit den restlichen Konzertbesuchern „Ich war sechzehn und sie einunddreißig / Und über Liebe wusste ich nicht viel“. 37.000 Menschen schwenken ihre Arme im Takt von „Und es war Sommer“. Frau Nostalgie möchte zu Maffay auf die Bühne springen. Auf der steht er heute Abend nicht nur selbst, sondern er hat eingeladen: Anastacia, Wolfgang Niedecken und Johannes Oerding. Maffays Begründung für dieses Stelldichein ist simpel: Manchmal würden aus Begegnungen Freundschaften, danach vielleicht sogar tiefe Freundschaften werden.

Die Legende des Deutschrock liebt es, gute Freunde auf der Bühne um sich zu haben. Und die lieben ihn. „Du bist der Soundtrack ganzer Generationen. Du zauberst den Menschen ein Lächeln ins Gesicht. Deswegen bist du für mich der Boss“, sagt Oerding zu Maffay. Die Zuschauer sehen das genauso. Ein paar wischen sich Tränen von ihren Wangen. Als Maffay dann in der zweiten Strophe bei „Blinde Passagiere“ zu singen beginnt, spricht es zwar niemand aus, jedoch denken es die meisten: Seine Stimme ist wie frische Luft in einem viel zu verrauchten Raum: Man kann gar nicht genug von ihr bekommen.

Wolfgang Niedecken und Anastacia zu Gast

Genug bekommen kann man auch von den Soli des niederländischen Gitarristen Jan-Bart Meijers nicht. Sie sind nicht von dieser Welt, mag man meinen. Meijers spielt, schwitzt und bewegt seinen Mund beim Song „Eiszeit“ so, als wolle er mit seinen Lippen die einzelnen Töne sofort wieder vom Boden des Stadions aufklauben, um sie und ihren Moment nicht zu verlieren. „Der ist ja der Wahnsinn!“, schreit eine Frau ihrem Mann ins Ohr.

Der starrt nur wie paralysiert auf eine der drei großen Leinwände, auf denen Meijers samt seinen Schweißperlen, die ihm aus seinen grauen Locken zu tropfen scheinen, zu sehen ist. Und Wolfgang Niedecken? Der wird von Maffay mit „Eine Kölner Institution, an der man nur schwer vorbeikommen kann“ auf die Bühne gebeten. Die Menge jubelt dem Kölschen Musik-Urgestein zu.

Niedecken wirkt gelassen und gerührt zugleich. Aber auch etwas versteckt hinter seiner Sonnen-Nickelbrille und unter seinem Dylan-Hut. Um Punkt neun zwängen sich doch noch einige Sonnenstrahlen durch die dicke Wolkendecke. Das Stadion wippt, springt und singt „Verdamp lang her, verdamp lang / Verdamp lang her“. Lokalpatriotismus hat ein Zuhause. Gänsehaut und „Oh, wie ist das schön“-Gesänge schwappen hinüber auf die Jahnwiesen.

Was dann noch folgt: Die US-amerikanische Sängerin Anastacia begleitet ihren Freund Maffay bei „So bist du“ und brennt zusammen mit der Kölner Backgroundsängerin Linda Teodosiu zu „You Shook Me All Night Long“ die Hütte vollkommen ab. Kleine Luftgitarren-Wettbewerbe prägen nun die Szenerie auf den Rängen. Und am Ende, na klar, stimmt das ganze Stadion zusammen mit Maffay und Niedecken „Über sieben Brücken musst du gehn“ an. Noch weit entfernt im nahegelegenen Stadtwald hört man Minuten nach Konzertschluss Maffays Fans singen: „Oh, wie ist das schön“. Es war schön mit ihnen, Herr Maffay. (red)

Info

Zunächst dem Schlager, kurze Zeit später jedoch dem Deutschrock verschrieben, ist Alexander Makkay alias Peter Maffay mit 20 Nummer-eins-Alben und über 50 Millionen verkauften Tonträgern der erfolgreichste Künstler in den deutschen Charts.

1970 machte ihn der Auftritt in der ZDF-Hitparade mit dem Song „Du“ deutschlandweit bekannt. Mit dem 1,6 Millionen Mal verkauften Album „Steppenwolf“ gelang Maffay 1979 der Sprung an die Spitze der Albumcharts. Noch erfolgreicher war 1980 das Album „Revanche“ mit dem Karat-Song „Über sieben Brücken musst du gehn“. Bis heute wurden davon über 2,1 Millionen Platten verkauft.

Neben der Rockmusik schuf Maffay mit der Tabaluga-Reihe ein Märchen, das sechs Alben umfasst. Das dazugehörige Musical wurde als Tourneetheater und auch fest in Oberhausen aufgeführt.

Darüber hinaus ist Peter Maffay seit Beginn seiner Karriere vielseitig gesellschafts-politisch engagiert. So ist er beispielsweise offizieller Botschafter für die Deutsche José Carreras Leukämie-Stiftung oder für das Bündnis für Demokratie und Toleranz.

Im Rahmen seiner Farewell-Tournee spielt Maffay sein einziges NRW-Konzert im Kölner Rheinenergie-Stadion. Die Tour stellt seinen Abschied von den großen Bühnen der Republik dar.