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Kunstsammlung NRWWie Piet Mondrian den Beat erfand

Lesezeit 4 Minuten
Piet Mondrians Gemälde „Bäume“ in der Ausstellung „Mondrian Evolution.“

„Bäume“ von Piet Mondrian aus der Ausstellung „Mondrian Evolution“ der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf. 

Der niederländische Maler Piet Mondrian wurde vor 150 Jahren geboren. Bahnbrechend sind seine Bilder auch für die Entwicklung der modernen Architektur und des Designs. Die Düsseldorfer Schau "Mondrian Evolution" beleuchtet die Entwicklung hin zur Abstraktion. 

Abstraktes ist auch für Kunsthistoriker manchmal eine Herausforderung. Zu erfahren war das durch die Petitesse um Piet Mondrians (1872-1944) „New York City 1“. Schnell machte die Nachricht die Runde, als Kuratorin Susanne Meyer-Büser von der Kunstsammlung NRW verriet, es habe jahrzehntelang verkehrt herum gehangen.

Kunst im Kopfstand

Ihre Recherchen hatten ergeben, dass das Bild aus dem Jahr 1944 im Atelier des niederländischen Malers noch um 180 Grad gedreht auf der Staffelei stand. Mit Klebestreifen markierte Mondrian Linien, strukturierte Farbfelder und ließ in der Komposition Assoziationen zum städtebaulichen Raster der US-Megastadt anklingen. Die Kleber sind fragil, daher hängt das Bild auch in der Schau „Mondrian Evolution“ im Düsseldorfer K20, wie es immer öffentlich zu sehen war – auf dem Kopf.

Viel verblüffender als diese „Umkehrung“ ist allerdings das Frühwerk, das in der Schau der Fondation Beyeler gemeinsam mit der Kunstsammlung NRW und mit Unterstützung des Kunstmuseums Den Haag gezeigt wird.

In den 1890er Jahren war Mondrian von Abstraktion noch weit entfernt: Wie ein Meister alter Schule zeichnete der Student der Amsterdamer Kunstakademie eine Frau mit Spindel, die eine Haube trägt. Aber schon bald entflohen seine Landschaften der Tradition. Er malte wuseliges Kopfweidendickicht oder einen Wald, dessen kerzengeraden Baumstämme an moderne Strichcodes erinnern.

Kirchturm in Pink

Im um 1900 entstandenen Bild zu Bleicharbeiten auf einem Bauernhof zeigt sich schon die abstrakte Flächigkeit. Und er wurde immer kühner: Ein pinker Kirchturm in Domburg 1911 scheint der Pop Art vorzugreifen. Ein Jahr zuvor hatte er den Leuchtturm bei Westkapelle in Orange, Rosa, Violett und Blau gemalt.

Der Titel „Mondrian Evolution“ zielt auf die Entwicklung hin zur Abstraktion. Auf diesem Weg spielt der Anthroposoph Rudolf Steiner eine Rolle, der 1908 in Amsterdam Vorträge über Theosophie hielt, von der Mondrian beeindruckt war. 1911 präsentierte er in einer Ausstellung des von ihm mitbegründeten Zirkels „Moderne Kunstkring“ sein Triptychon „Evolution“ – einen Frauenakt umgeben von Farbfeldern, die an die Symbolisierung von Chakren der Yogis erinnern.

Er selbst war von dem Werk nicht vollends überzeugt. Doch hing das Bild in der Nachbarschaft von kubistischen Bildern Pablo Picassos oder George Braques, die ihm eine Erkenntnis brachten. Sein Biograf Hans Janssen schrieb: „Mondrian erkannte, dass die Darstellung des Absoluten, des eigentlich Unsagbaren, wonach er wohl suchte, weniger in der figurativen Verbildlichung dieser Gedanken, als durch eine auf das Essenzielle konzentrierende Abstraktion zu erreichen sei, deren Betrachtung Einblick in eine geistige Welt eröffnen könne.“

Paris prägte

Sein Aufenthalt in Paris (1911 – 1914) war prägend. Dort schloss er sich dem neuen Kunststil des Kubismus an. Und er traf Fernand Léger, mit dem ihn eine lange Künstlerfreundschaft verband. Als er sich 1914 in den Niederlanden aufhielt, war eine Rückkehr nach Paris aufgrund des hereinbrechenden Ersten Weltkriegs nicht mehr möglich. Ausgestattet mit Kohle und Papier experimentierte Mondrian.

Striche in unterschiedlicher Dichte tanzen in der Serie „Ozean“ über das Papier, erinnern teils an Grundrisszeichnungen und entwickeln eine schwebende, ganz eigene, neue Dynamik fließender Räume. Die Reduzierung auf horizontale und vertikale Linien und die Grundfarben Rot, Gelb und Blau sowie die Nichtfarben Schwarz und Weiß formte den Neoplastizismus.

De Stijl bahnt neue Wege

Mondrian war 1917 Gründungsmitglied der Gruppe De Stijl mit Sitz in Leiden – dazu gehörten auch Architekten wie Theo van Doesburg oder J. J. P. Oud. Der Kubismus wurde zum Wegbereiter moderner Architektur und Designs. Mondrians größte Lehrmeisterin dürfte aber die Natur gewesen sein: Dämmerung mit feurig rotem Himmel, Spiegelungen im Wasser, die er mit wenigen Strichen markierte.

In Farbfelder tauchte er eine Windmühle im Sonnenschein – Linien schaffen den spannenden Rhythmus der Komposition. Diesen „Beat“ nahm der Fan des Boogie-Woogie Ende der 1930er Jahre nach New York mit – im K20 spielt die Musik, zu der die Besucher nun malen dürfen. Anfang der 1940er entwickelte er „Victory Boogie Woogie“ in einer Phase, in der auch das New-York-Bild entstand, das so abstrakt war, dass niemand merkte, dass es auf dem Kopf stand.

Bis 12.2. Di - So 10 - 18 Uhr. K20, Grabbeplatz 5, Düsseldorf.