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KunstmarktSchadenersatz für Beltracchi-Geschädigte

Lesezeit 3 Minuten

Das Gemälde „Rotes Bild mit Pferden“ war eines der teuersten Bilder, die je in Deutschland versteigert wurden. Dann wurde es als Beltracchi-Fälschung enttarnt.

Köln – Nach fünf Minuten war alles vorbei und das Kunsthaus Lempertz in Saal 139 des Kölner Landgerichts zur Schadenersatz-Zahlung von 2,086 Millionen Euro plus Zinsen an die maltesische Trasteco Ltd. verurteilt. Letztere hatte 2006 Campendonks später als Beltracchi-Fälschung entlarvtes Gemälde "Rotes Bild mit Pferden" für 2,8 Millionen Euro bei Lempertz ersteigert.

800 000 Euro hatte Lempertz schon zurückgezahlt. Weder Anwälte der Klägerin noch Lempertz-Inhaber Henrik Hanstein waren im karg besuchten Saal, als Richter Hans-Joachim Becks das Urteil des Zivilverfahrens ohne Erläuterung verkündete. Die gab es per Pressemitteilung des Gerichts. Demnach konnte Trasteco arglistige Täuschung geltend machen, da Lempertz die falschen Angaben der Einlieferin, einer Schwägerin Beltracchis, im Katalog übernommen habe. Nicht die Gutgläubigkeit des Auktionshauses, sondern die Kenntnisse der Einlieferin seien entscheidend.

Auch habe Lempertz eine "vorvertragliche Pflichtverletzung" begangen, da die Zuschreibung des Werks ohne ausreichende Basis, hier eine naturwissenschaftliche Analyse, erfolgt sei. Schon der Schätzpreis (bis 1,2 Millionen Euro) habe auf einen Rekord hingedeutet. Da es vom verschollen geglaubten Werk kein Foto gab, "konnte die vorbehaltlose Zuschreibung nicht allein auf die Signatur, die Angaben der Einlieferin und eine kunsthistorische Prüfung gestützt werden".

Das Gericht weiter: "Ein ordentlicher Auktionator hätte entweder die Zuschreibung zu Campendonk durch Zusätze wie ,nach kunsthistorischer Analyse handelt es sich um ein Gemälde Heinrich Campendonks' relativiert oder eine weitergehende Zuschreibung auf ein naturwissenschaftliches Gutachten gestützt."

Lempertz-Anwalt Heribert Reiners kündigte auf dem Gerichtsflur an, "umgehend" Berufung einzulegen und hofft auf einen Oberlandesgerichts-Termin im Frühjahr. Er hält "die Entscheidungsfindung für fehlerhaft", da die Beweisaufnahme abgesagt wurde. Dabei sollten Experten die damaligen Sorgfaltsregeln der Branche darlegen.

Die Einholung eines Labortests, so erklärt Lempertz, "war 2006 weder Standard", noch entsprach sie der nötigen Sorgfalt. Nach dem positiven Urteil des Campendonk-Sohns und der Werkverzeichnis-Bearbeiterin habe es keinen Fälschungsverdacht gegeben. Dass die "Bösgläubigkeit" der Einlieferin dem gutgläubigen Auktionshaus als arglistige Täuschung zugerechnet werde, hält Reiners für fragwürdig.

Man habe Trasteco bis zuletzt einen Vergleich angeboten, "bei dem sich Lempertz ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit erklärte, die Klägerin schadlos zu stellen". Dies sei per Zugriff aufs beschlagnahmte Beltracchi-Vermögen möglich. Da Berufung eingelegt wird, muss Lempertz den Schadenersatz jetzt nicht zwangsläufig zahlen.

Man plant neben dem neuen Röntgengerät weitere Vorkehrungen gegen Fälscher. Der Fall Beltracchi ist, so das Kunsthaus, aber eine internationale Affäre. "Trasteco bzw. ihr Umfeld um Dimitri de Faria e Castro sollen bereits im Februar 2006 eine Beltracchi-Fälschung nach Campendonk sowie im Juni 2007 eine Beltracchi-Fälschung nach Derain erworben haben, beide bei Christie's" - und beide ohne Laboruntersuchung.