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Boygenius in KölnUS-Girlsgang überzeugt mit glasklaren Stimmen im Palladium

Lesezeit 2 Minuten
Die Band Boygenius mit Julien Baker im Palladium.

Die Band Boygenius mit Julien Baker im Palladium. 

Die Band Boygenius ist reine Frauensache. Im Palladium begeisterten die Musikerinnen mit sphärischen Klängen. 

Wenn 4 000 Fans „Happy Birthday“ singen, klingt das richtig, richtig gut. Auch über einen Blumenstrauß und eine Torte, die dann am Ende in ihrem Gesicht landet, aber nicht so richtig, erst mit einmal nachschmieren, kann sich Phoebe Bridgers Mittwochabend beim Konzert von Boygenius freuen.

Wohlige Gänsehaut 

Dass Bridgers tatsächlich erst am Donnerstag 29 Jahre alt wird, beziehungsweise geworden ist – egal. Im ausverkauften Palladium herrscht Feierlaune. Zusammen mit Julien Baker und Lucy Dacus hat sie Boygenius 2018 gegründet. Zuvor waren alle drei solo erfolgreich. Alle drei singen, spielen Gitarre, und sie schreiben ihre Songs selbst.

Live sind vier weitere Musikerinnen dabei. Reine Frauensache also, was der Name Boygenius ironisch konterkariert: Während (viele) Jungs verkünden, sie seien genial, zeigen Mädchen lieber, was sie so drauf haben. Sehr überzeugend schon mit dem Opener „Without you without them“, den das Trio, da noch hinter der Bühne, a capella, singt.

Drei glasklare Stimmen, die sich zum sphärischen Klangerlebnis vereinen und wohlige Gänsehaut auslösen. Nach dem forschen Einspieler „The Boys are back in town“ von Thin Lizzy wirkt das umso fragiler. Aber keinesfalls kraftlos. Im Gegenteil.

Und später zeigt die US-amerikanische Girlsgang, dass sie es auch so richtig krachen lassen kann. Etwa beim ganz neuen Stück „Boyfriends“. Gut 100 Minuten lang wird das Trio, in gleichberechtigter Front, frenetisch gefeiert. Viele Fans haben Regenbogenfahnen mitgebracht, einige folgen dem Dresscode der Backgroundmusikerinnen: schwarze Schlipse über weißen Hemden.

Noteinsatz mit Wasser

Oben auf der Galerie sitzen sie in Grüppchen am Boden, so wie weiland ihre Großeltern beim Ant-Pershing-Sit-In im Park. Die unten in der Halle haben es da schlechter. Bei tropischen Temperaturen hat die Notfall-Ambulanz hier viel zu tun. Zweimal wird das Konzert unterbrochen, um Wasser auszuteilen. Sehr fürsorglich, aber angesichts der Menge der Fläschchen nur der sprichwörtliche Tropfen.

Das Gefühl, dass hier viel Achtsamkeit im Spiel ist, überwiegt jedoch. Bis hin zu den Mitmusikerinnen im Hintergrund. Anders als bei anderen Bands verschwinden sie dort nicht, sondern sind auf Podesten gut sichtbar. So geht Demokratie. Im Gepäck haben Boygenius vor allem Songs ihres Ende März erschienenen Debüt-Album, das schlicht „The record“, die Platte, heißt.

Ergänzt durch sechs Stücke der EP „Boygenius“ (2018) und Solo-Perlen wie „Please stay“ (Dacus), „Favor“ (Baker) und „Graceland top“ (Bridgers). Nach dem Konzert ist das Foyer dann beinah so voll wie davor. Alle wollen zum Merchandise-Stand. Nicht nur in den Charts und auf der Bühne sind Boygenius top.