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KonzeptkunstRosemarie Trockel-Schau in Frankfurt ermüdet etwas

Lesezeit 3 Minuten
Ein Kunstwerk von Rosemarie Trockel.

„Miss Wanderlust“ ließ Rosemarie Trockel 2000 ins Leere schauen.

Die Konzeptkünstlerin Rosemarie Trockel ist derzeit im Frankfurter Museum für Moderne Kunst zu sehen. Seit langer Zeit wächst ihre feministische Empörung.

Streng, verhalten und zugleich irritierend in der Minimalität beginnt diese Ausstellung schon da, wo die engmaschigen blauen Netze eingangs über die Wände laufen und man sich gleich einmal täuscht, denn Rosemarie Trockels bekannte Strickmaschen sind hier als realer Siebdruck auf der Wand wiedergegeben. Und ganz, ganz oben schaut eine Figur aus dem Fenster der hohen Halle des Museums für Moderne Kunst (MMK) auf das Geschehen mit dem Fernglas herunter.

Ermüdender Parcours

Doch leider sind die beiden Okulare des Feldstechers kompromisslos versiegelt. Die Künstlerin selbst will da wohl auf ihr Werk sehen, und ist wie stets in metaphysischen Nöten. Wie einfach hatte es dagegen Sokrates mit seinem „Erkenne dich selbst!“ Dass gerade das nicht geht, oder besser gesagt, dass gerade das zum Thema wird, indem es durch das ganze Haus bis in die höchste Spitze in der 3. Etage zieht, lässt die Künstlerin nicht los. Selbstbefragung und Zeitspiegelungen sind verbunden mit einer unerschütterlichen, an Experimenten hängenden Arbeitsfreude, die diese Konzeptkünstlerin mit den verschiedensten Materialien um sich verbreitet, ob Wolle, Eisen, Plexiglas, Keramik oder Kunstpelz.

Ganz aktuell gibt es als Vorgriff auf die Robotik und die KI (Künstliche Intelligenz) eine auf dem Museumsparkett kniende „Putzfrau“, die nicht aufhören kann, einen Fleck auf dem Boden wegzuwischen. Ein langer gelenkiger Prothesenarm kommt unter einer Perücke in Echthaar hervor und macht seine Wische.

Ein Großfoto eines leeren Gerichtssaales in einer Wandmontage gehört dazu. Durch die Balance aus präziser Klarheit und Nebelkerzenwerfen, versehen mit lange gewachsener feministischer Empörung, wurde Rosemarie Trockel, die einst bei Werner Schriefers an den Kölner Werkschulen studiert hat, international bekannt.

Tierliebe kommt zu kurz

Viel zu wenig wird der Fokus aber auf die Tierliebe der Künstlerin gerichtet. Da ist die tote, von der Decke gehängte Robbe, das tote Reh (beides Bronzegüsse) oder das rohe Stück Fleisch, das in Keramik nachgegossen wurde, weit aktueller als manche redundante, Herdplatteninstallation aus der alten Vorkeramozeit.

Es ist ein bisschen zu viel des minimalistisch Guten und das Housewife-Leben hat sich inzwischen auch verändert. Doch noch mehr ermüdet während des Parcours das Suchspiel der Etikettierung, bei dem stets, also 100 mal, Name und Geburtsort der Künstlerin (Rosemarie Trockel, *1952 in Schwerte (DE) lebt/lives in Berlin (DE)) zu lesen ist, weit entfernt von Saalüberschriften und Saalinformationen.

Dafür braucht man dann ein kleines Beiheft mit längeren bis überlangen Beitexten oder ein Begleitheft „in leichter Sprache“. Doch zurück zu den Exponaten: Ein Raum ist mit zettelkleinen Zeichnungen und Buchentwürfen gefüllt, jedes Blatt epische Konzeptkunst pur.

Bisweilen kommt die Ironie gut an, wie bei dem 1993 entstandenen Foto mit einer einsam auf dem Balkon einer Reihenhauszeile stehenden Frau mit der Aufschrift: „LERNEN über serielles Arbeiten“, das zu einem Buchentwurf mit Fotodruck auf Transparentpapier gehört.

Diese Fotografien und Film- und Videosequenzen erschließen sich eben langsam und vielleicht auch nur teilweise in einem kompakten Geschehen.


Zur Person: Rosemarie Trockel – Zwei Mal auf der documenta

1952 wurde Rosemarie Trockel in Schwerte geboren. Sie begann bereits früh intensiv zu zeichnen, obwohl sie mit ihrer Familie weder Ausstellungen noch Museen besuchte. 1971 begann sie ein Lehramtsstudium an der Pädagogischen Hochschule in Köln mit den Fächern Anthropologie, Soziologie, Theologie und Mathematik. Von 1974 bis 1978 studierte Trockel an den Kölner Werkschulen Malerei. Gleich zweimal, 1997 und 2012, war sie auf der documenta. Von 1998 bis 2016 war sie Professorin an der Düsseldorfer Kunstakademie. Trockel lebt in Köln-Hahnwald.

Bis 18. Juni, Di 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 19 Uhr, Do bis So 11-19 Uhr. Domstraße 10, Frankfurt am Main.