Überraschend war an diesem Abend nichts. Die Sieger wurden durch die Bank von den Buchmachern vorhergesagt.
Kommentar zur Oscar-VerleihungZu viele alte, weiße Männer
Der sichtlich alt gewordene Al Pacino vergaß beim Höhe- und Schlusspunkt der 96. Oscarverleihung schlicht die gängige Formulierung „And the Oscar goes to…“ („Und der Oscar geht an…“). Dass er mit seiner Schusseligkeit nicht nur die Gewinner für den Besten Film irritierte und so die verdienten Jubel-Rituale ein Stück weit verdarb, stand im wahrsten Sinne des Wortes Pate für den Abend. Es waren viele alte Männer auf der Bühne des Dolby Theatre in Los Angeles zu sehen. Gefühlt zu viele.
Davon abgesehen, dass die Schauspiellegenden Pacino, Schwarzenegger oder DeVito ihre Auftritte mehr oder weniger versemmelten, weil der eingeübte jugendliche Esprit in ihrem fortgeschrittenen Alter nicht mehr recht zünden wollte. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Macher der Oscars genug hatten vom gewünschten, aber schmerzhaften Abschied ihrer „Helden“ aus den erfolgreichen 1970er, 80er und 90er Jahren, als die in die Jahre gekommenen Männer ihr Publikum noch in Massen in die Kinos lockten.
Es passt ins Bild, dass auch Gastgeber Jimmy Kimmel (56) nicht mehr taufrisch ist. Immerhin führte er solide – und dennoch ein wenig uninspiriert – durch die Show, punktete bei seinen gelungenen Gags über Trump und Ryan Goslings rosa Ken-Glitzerhose. Aber wenn schon nur eine Frau beim Regie-Oscar nominiert wurde, obwohl Greta Gerwig als Regisseurin des erfolgreichsten Films Barbie quasi auf dem Tablett lag, dann wäre eine Frau als Gastgeberin die bessere Wahl und eine positive Überraschung gewesen.
Überraschend war an diesem Abend eh nichts. Die Sieger wurden durch die Bank von den Buchmachern vorhergesagt. Mehr Kreativität bei der Wahl der Gewinner und in der Präsentation wäre der 97. Auflage der Oscars zu wünschen.