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Kölner Musical DomePackende Inszenierung der „West Side Story“ in Köln

Lesezeit 3 Minuten
West Side Story

Wilde Tänze: Szene aus Bernsteins Musical "West Side Story".

Köln – Natürlich konnte die Liebe von Tony und Maria kein gutes Ende nehmen. Wie sollte sie auch, wenn der Geschichte Shakespeares Tragödie "Romeo und Julia" als Vorbild dient und ihr Schauplatz mitten in der gewaltgeprägten Yorker Straßengang-Szene Manhattans liegt. Doch obwohl zur Pause von Leonard Bernsteins "West Side Story" schon zwei junge Männer am Boden verbluten und am Ende auch noch Tony, die männliche Hauptfigur, den Tod findet, hat diese brutale Härte, die in dem Genre bis dahin völlig unüblich war, dem Ruhm und dem Erfolg des 1957 in New York uraufgeführten Musicals nie geschadet.

Bis an die Grenze zum Kitsch

Die aktuelle New Yorker Produktion des Bühnenklassikers, die von BB-Promotion als Tourabschluss für einige Tage in den Kölner Musical Dome geholt wurde, macht bei der Premiere am Dienstagabend ganz unmittelbar erfahrbar, warum das so ist. Sie bringt die perfekt austarierte Mischung von Humor, Tragik, Trauer und Wut ebenso authentisch herüber wie die ganz großen Gefühle, auch wo sie gelegentlich bis zum Kitsch ausgereizt werden, wenn etwa das Ensemble ganz in Weiß (Kostüme: Renate Schmitzer) zu Marias aus dem Off gesungener utopischer Sehnsuchtsmelodie "Somewhere" tanzt (die freilich wieder durch einen von der Musik inszenierten Albtraum unterbrochen wird).

Dass dies alles so authentisch herüberkommt, liegt ganz wesentlich auch daran, dass sie Regisseur und Choreograf Joey McNeely noch mit Jerome Robbins zusammenarbeitete und auf dessen Originalchoreografien zurückgreifen durfte. Robbins, der die Idee zur "West Side Story" hatte, schuf die Tänze, die bis heute durch die mit zehn Oscars prämierte Verfilmung von 1961 einem großen Publikum noch sehr präsent sind.

Wobei die jungen Tänzer, die in Köln die Bühne bevölkern, ihren Kollegen aus dem Film an Artistik und Virtuosität sichtlich überlegen sind. Die Kampf- und Verfolgungsszenen, mit denen sich die jungen amerikanischen Darsteller an diesem Abend sehen lassen, laufen mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks ab und strotzen dazu von Kraft und Dynamik. Sie schleichen mit der Eleganz von Raubkatzen über die Bühne, die immer zum Angriff bereit sind. Die zahlreichen Sprünge und Hebefiguren sind echte Hingucker. Und das berühmte Fingerschnipsen der rivalisierenden Banden des Immigrantenviertels, der einheimischen "Jets" und der puerto-ricanischen "Sharks", klappt ganz en passant auch bestens. Dabei werden die unvermeidlichen mobilen Feuertreppen des ansonsten sehr reduzierten Bühnenbildes von Paul Gallis elegant integriert.

Robbins' neuer Tanzstil hat ebenso wenig mit dem althergebrachten Broadway zu tun, wie Bernsteins Musik, die mit wilden Latino-Rhythmen aufwartet, sie frech mit klassischen Stilelementen mixt. Das verlangt den Musikern natürlich einiges ab. In Köln gab unter der Leitung von Donald Chan ein gut 20-köpfiges Ensemble richtig Gas, spielte mit Feuer und Wucht, wobei am Premierenabend die Lautstärke der Verstärkeranlage vielleicht noch ein bisschen zu hoch eingepegelt war. Und dass Arthur Laurents' Dialoge und die Songtexte von Stephen Sondheim im englischen Original (mit deutschen Übertiteln) erklingen, lässt sich ebenfalls als Plus verbuchen.

Hauptdarsteller überzeugen

Ebenso die beiden Hauptdarsteller. Natalie Ballanger gefällt nicht nur wegen ihres sympathischen Hispanoakzents, sondern vor allem wegen ihrer wunderbar leichten, aber sehr formbaren und ausdrucksstarken Sopranstimme. Den Tony singt Kevin Hack, der ebenfalls mit Stimme und Aussehen gleichermaßen punkten kann. Keeley Beirne als Anita, Lance Hayes als Riff und Waldemar Quinones-Villanueva als Bernardo begeistern, sind ebenfalls ideale Besetzungen für die hohen Anforderungen ihrer Rollen.

Wie überhaupt das Ensemble bis in die kleinsten Partien hinein perfekt besetzt war. Auch die Erwachsenen Doc (Dennis Holland), Lieutenant Schrank (Michael Scott) und Officer Krupke (Kenn Christopher) spielten hier auf Augenhöhe mit. Der Lohn war rasch anschwellender Applaus, der durch Saallicht und Vorhang jedoch relativ rasch zum Verstummen gebracht wurde.

Täglich bis 14. Januar, 19.30 Uhr, Sa und So auch 15 bzw. 14.30 Uhr. Ca. 2 1/2 Std. inkl. Pause.