Die „Emma“ vergibt ihren „Sexist Man Alive“-Award an Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Kritik kommt nicht nur von Bettina Böttinger.
Bettina Böttinger attackiert Schwarzer„Freier Fall in Richtung Sexismus“ – Kölner „Emma“ für Schmähpreis in der Kritik
Das feministische Kölner Magazin „Emma“ hat die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zum „Sexist Man Alive“ erklärt – und dafür scharfe Kritik auf sich gezogen. Erstmals vergab das Magazin von Herausgeberin Alice Schwarzer den Schmähpreis an eine Frau – und sparte dabei auch nicht an persönlichen Attacken auf Strack-Zimmermann, die Schwarzer für ihre Haltung in Bezug auf Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine bereits mehrfach kritisiert hatte.
Die FDP-Politikerin sei ein „Horrorclown“, der Roderich Kiesewetter (CDU) und Anton Hofreiter (Grüne) aussehen lasse wie „zwei verklemmte Schützenfest-Brüder“ hieß es in der Begründung des Magazins. Strack-Zimmermann sei als Mutter, Großmutter und Politikerin im Hosenanzug zwar ein „feministischer Paradefall“, erklärte das Kölner Magazin – „wäre da nicht das dröhnende Waffengerassel“.
Kölner Magazin in der Kritik: Strack-Zimmermann als „Sexist Man Alive“
Niemand in Deutschland streite „so penetrant pro Waffen für die Ukraine und gegen Friedensverhandlungen“, behauptete „Emma“ weiter und bezeichnete die FDP-Politikerin in einem Text auf der Webseite des Magazins als „ganzen Kerl“ und „Maverick aus Düsseldorf“.
Bei der Auswahl Strack-Zimmermanns für den Schmähpreis, der zuvor unter anderem an den ZDF-Moderator Jan Böhmermann und FDP-Politiker Christian Lindner vergeben worden war und an den „Sexiest Man Alive“-Award angelehnt ist, spielten offenbar auch persönliche Motive eine Rolle.
Alice Schwarzer veröffentlichte „Manifest“ mit Sahra Wagenknecht
So verwies das Magazin auf einen Angriff der FDP-Politikerin auf Publizistin Alice Schwarzer: „Hat sie sich je für die vergewaltigten Frauen engagiert, die sie so gern als ‚Argument‘ für Waffenlieferungen hervorzerrt? Hat sie überhaupt die leiseste Ahnung davon, wie lange die Waffe Vergewaltigung weltweit schon im Einsatz ist?“, fragte die Zeitschrift. „Nein. Aber sie wirft zum Beispiel Alice Schwarzer vor, sich nicht für die vergewaltigten Frauen im Krieg zu interessieren.“
Die „Emma“-Gründerin gehört seit Kriegsbeginn zu den prominentesten Stimmen der sogenannten „Friedensbewegung“. Gemeinsam mit BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hatte Schwarzer bereits in der Frühphase des russischen Angriffs ein „Manifest für den Frieden“ veröffentlicht und darin das Ende deutscher Waffenlieferungen an die Ukraine gefordert, die ohne westliche Unterstützung dem russischen Terror jedoch schutzlos ausgeliefert wäre.
Strack-Zimmermann attestiert Alice Schwarzer „intellektuellen Abstieg“
So wie auch die Forderungen Wagenknechts wurden Schwarzers Positionen zu Russlands Invasion seit Kriegsbeginn immer wieder als dienlich für den Kreml kritisiert. Entsprechend scharf fiel schließlich auch die Reaktion von Strack-Zimmermann aus.
Die FDP-Politikerin bezeichnete „Emma“ als „ewiggestriges Blatt“ und kritisierte einen „tiefen intellektuellen Abstieg von Alice Schwarzer, die heute ausgerechnet das Leid von Frauen durch Kriegsverbrechen negiert, statt ihnen zu helfen“. Zudem verwies Strack-Zimmermann auf die Auflage des Magazins. „Ich gönne Emma die Aufmerksamkeit. Das letzte Aufbäumen muss gestattet sein.“
Das Kölner Magazin ließ die Replik nicht unkommentiert. „Wir stellen Ihnen dann schon mal ein Infopäckchen bereit, dem Sie entnehmen können, wie früh und eindringlich Emma über Kriegsverbrechen gegen Frauen berichtete – gerade auch im Fall der Ukraine“, schrieb das Magazin auf X. Strack-Zimmermann reagierte darauf mit einer Karikatur von Alice Schwarzer, in der Kremlchef Wladimir Putin einer Forderung der Kölner Publizistin zustimmt.
Kritik an „Emma“ von Ex-„Kölner Treff“-Moderatorin Bettina Böttinger
Die Verleihung des „Sexist Man Alive“-Awards an eine Frau sorgte unterdessen nicht nur für Kritik von der FDP-Politikerin – auch Agnieszka Brugger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, kritisierte Schwarzers Magazin mit deutlichen Worten. „Daran ist nichts, wirklich gar nichts, feministisch“, schrieb Brugger auf der Plattform X. Schwarzer und die „Emma“ seien „mal wieder auf grotesken Abwegen“, die Begründung für den Schmähpreis sei „voll crazy“, hieß es weiter bei Brugger.
Auch Bettina Böttinger, langjährige Moderatorin der WDR-Sendung „Kölner Treff“, kritisierte die Vergabe des männlich konnotierten Schmähpreis der „Emma“ an Strack-Zimmermann und attestierte dem feministischen Magazin einen „freien Fall in Richtung Sexismus“. Bei X schrieb Böttinger weiter: „Emma gegen Frauen. Schade. Fing anders an. Damals. Lange her.“ Kritik kam auch von der Politikwissenschaftlerin Sabine Fischer. „Wie tief wird Emma noch sinken?“, fragte Fischer bei X und sprach von „unglaublichem, frauenhassendem Schwachsinn“.
Schmähpreis für Politikerin: „Delegitimiert diese Zeitung als Sprecherin für Frauen“
Ähnlich deutlich äußerte sich auch die Dramatikerin und Drehbuchautorin Anne Rabe. „Die Entwertung intellektueller und lesbischer Frauen fand oft dadurch statt, ihre Weiblichkeit infrage zu stellen und sie als Mann zu bezeichnen“, schrieb Rabe bei X. „Dass die Emma nun dieses homophobe und frauenfeindliche Motiv nutzt, delegitimiert diese Zeitung als Sprecherin für Frauen endgültig.“
Das Kölner Magazin hält trotz der mitunter scharfen Kritik an ihrer Auswahl für den „Sexist Man Alive“-Award fest. „Wir freuen uns“, kommentierte das Magazin Strack-Zimmermanns Akzeptanz des Schmähpreises. „Der Award steht bereit“, hieß es auf der Website des Magazins, das 1977 von einem Kollektiv um Alice Schwarzer gegründet worden war und im Kölner Bayenturm produziert wird.