Ihr letztes Album hat die 1980 gegründete Band 1990 veröffentlicht, die Fans in Köln bekamen aber auch jede Menge neuer Songs zu hören.
Gothic Rock aus GroßbritannienThe Sisters of Mercy sorgen für Kult im Carlswerk
Kurz vor 22.30 Uhr, wenn alle nach draußen strömen, schwirrt die Luft vor Kommentaren. Einer davon trifft ziemlich genau das, was The Sisters of Mercy gerade 77 Minuten kurz im (fast ausverkauften Carlswerk) abgeliefert haben: „Es gibt sehr viele, sehr viel unbekanntere Bands, die spielen sehr viel besser. Aber Kult war’s trotzdem!“
Dass die Briten ihre Zugehörigkeit zum Gothic Rock-Genre negieren, interessiert die Fans mit den kalkweiß geschminkten Gesichtern, den schwarz umrandeten Augen und den schwarz geschminkten Lippen nicht die Bohne. Ihre Korsagen und Kutschermäntel, Spitzenröcke und Spinnwebhandschuhe, üppig berüschten Hemden und wallenden Capes aus Samt feiern das Dunkel der Nacht.
Andere haben noch einmal die Röhrenjeans mit den Löchern, den Ketten und Schlaufen raus gekramt, die Lederjacken mit den Nieten und Stacheln, die Boots im gleichen Look. Aber auch Menschen, die sich weder als Gothics noch als Punks inszenieren, sind da. Meist in einem ähnlichen Alter wie Frontmann, Sänger und Mitbegründer Andrew Eldritch, der am 15. Mai 65 wird. Ein paar frisch geschlüpfte Post-Gothics bilden die Quotenjugend.
Letztes Album stammt aus 1990
Ihr letztes Album hat die 1980 gegründete Band 1990 veröffentlicht, aber füllt das Programm massiv mit neuen Stücken auf, die während des Lockdowns entstanden. Etwa „Don’t drive on ice“, das durchaus auch älter sein könnte und sich perfekt in den Soundkosmos aus zwei Gitarren, Drumcomputer und Eldritchs borstig-sonorer Stimme einfügt. Für eine Rockband, die von sich behauptet, sehr laut zu sein, sind die The Sisters of Mercy sehr leise.
Die mit schwarzen Tarnnetzen bedeckte Bühne wird abwechselnd blau, rot, orange, grün, pink, lila, weiß oder gelb beleuchtet, die Sicht ist dennoch diffus. Mitunter erscheint Eldritch, mit Pilotenbrille und rasiertem Schädel, nur als Silhouette. Anfeuern, Headbangen und Posen überlässt er denen an den Gitarren, Ansagen sind rar. Zum Schluss gibt es, auf Deutsch, ein „Bis demnächst“ von ihm. Mit „More“, mit „Temple of Love“ und „This Corrosion“, als zweite und letzte Zugabe, bekommen die Kult-Hungrigen aber immerhin alles, was für sie als unverzichtbar gilt.