„Carmina Burana“ ist ein moderner Klassiker, „O Fortuna“ kennen Dank Henry Maske sogar die Boxfans. Im Interview erzählt Regisseur Carlus Padrissa über seine Fassung von Carl Orffs Werk.
Interview mit Carlus PadrissaSo sexy wird „Carmina Burana“ in der Kölner Philharmonie

Mit starken Bildern bringt Carlus Padrissa „Carmina Burana“ auf die Bühne.
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Wann haben Sie „Carmina Burana“ zum ersten Mal gehört?
Carlus Padrissa: Als ich 15 war, gab es eine Sendung im spanischen Fernsehen, die „O Fortuna“ im Vorspann verwendete. Das ist ja ein Lied, dass fast jeder kennt.
Ist es Segen oder Fluch, dass so ein „Hit“ wie „O Fortuna “das Stück eröffnet?
Das ist natürlich das „Meisterstück“ – doch die anderen Lieder sind auch toll. Und ich verstehe „Carmina Burana“ als eine Einheit, die aus 25 Stücken besteht. Wir haben uns der Aufgabe gestellt, sie wie eine Oper zu behandeln.
Haben Sie bei der Vorbereitung auf diese Arbeit versteckte Schätze entdeckt, Lieder, die Sie vorher nicht kannten und die Sie jetzt begeistern?
Auf jeden Fall „Dulcissime“, eines der letzten Stücke. Generell begeistert mich die Stärke und die Macht des Chores – und die Tatsache, wie sehr diese Musik leuchtet.
In Köln kennt man Sie vor allem durch Ihre Arbeiten an der Oper: „Parsifal“, Stockhausens „Sonntag“ aus „Licht“, „Benvenuto Cellini“ von Berlioz und „Die Soldaten“ von Zimmermann. Welche haben Sie davon am besten in Erinnerung?
Für mich sind „Die Soldaten“ die beste, durch den immersiven Charakter der Aufführung: Das Publikum saß inmitten der Geschehnisse. Und ich bin stolz, dass wir zusammen mit dem Team der Oper die ersten waren, die Zimmermanns originale Ideen umsetzen konnten.
Was ist der Unterschied zwischen der Arbeit für ein Opernhaus und wie jetzt für „Carmina Burana“ einen Konzertsaal?
Ich habe das Stück auch schon mit großem Orchester inszeniert – als Nächstes gibt es eine große Aufführung an den Niagara-Fällen. Für die Tourneeproduktion wurde eine Fassung für zwei Klaviere, Kontrabass, Flöte und Perkussion entwickelt – aber natürlich mit großem Chor. Doch auch schon Carl Orff verfolgte die Idee von verschiedenen Versionen des Stückes – die „kleinere“ sollte dazu beitragen, dass „Carmina Burana“ an den unterschiedlichsten Orten aufgeführt werden kann.
Sie sagen, Sie wollen „Carmina Burana“ wie eine Oper behandeln. Welche Bilder und Geschichten haben Sie dafür entwickelt? Was werden wir auf der Bühne sehen?
Schon Orff hat schriftlich festgehalten, dass er sich „fantastische Bilder“ vorstellt. Anhand dieser Formel kreieren wir eine Opern-Atmosphäre, mit einem Plot und einer Dramaturgie. Wir wollen damit ein Publikum erreichen, das dann in Zukunft auch ein Opernhaus besuchen wird.
Und welche Geschichte erzählen Sie?
Es ist die Verwandlung eines jungen Mädchens in eine Frau, die in diesem Prozess ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt.
Wie vollzieht sich diese Wandlung?
In kleinen Episoden. Das Treffen mit einem Paar hilft dem Mädchen, seine Schüchternheit zu überwinden, genauso wie der direkte Austausch mit anderen Gleichaltrigen oder über die sozialen Medien. All das trägt zu ihrer wachsenden Selbstsicherheit bei. Vor dem Finale singt sie „Dulcissime“ – und wird dabei von einem Kran in die Luft gehoben – und schwebt fünf Meter hoch über dem Publikum. Das ist orgiastisch, wie ein erotischer Traum!
Carmina Burana: vom 18. bis 23. Juli in der Kölner Philharmonie, Di bis Fr 20 Uhr, Sa 16 und 20 Uhr, So 15 und 19 Uhr. Mehr unter zum Sommerfestival gibt es online.