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Klimaschutz und FrauenfeindlichkeitSo schlugen sich Habeck und Sloterdijk auf der phil.cologne in Köln

Lesezeit 3 Minuten
Schätzen sich durchaus: Robert Habeck (l.) und Peter Sloterdijk.

Schätzen sich durchaus: Robert Habeck (l.) und Peter Sloterdijk.

Kann Deutschland führende Industrienation bleiben und dennoch das Klima retten? Diese nicht ganz unwichtige Frage stellte Sloterdijk bei seinem Gespräch mit Robert Habeck.

Auf der einen Seite knapp 1100 laufende Kohlekraftwerke allein in China, und auf der anderen „die einsame deutsche Wärmepumpe“: Für den Philosophen Peter Sloterdijk ist es längst nicht ausgemacht, ob die Hunde diesmal wieder den Letzten beißen oder nicht doch mal den Ersten.

Will sagen: Es ist fraglich, ob Deutschland durch den geplanten, vergleichsweise fortschrittlichen, aber teuren ökologischen Umbau seinen Rang als führende Industrienation behält, wenn alle anderen weitermachen wie bisher.

Köln: „Klimagipfel der besonderen Art“

Diese nicht ganz unwichtige Frage stellte Sloterdijk bei seinem Gespräch mit Robert Habeck, einem andern gelernten Philosophen, der derzeit als Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz amtiert.

In der Tat ein „Klimagipfel der besonderen Art“, wie Moderator Armen Avanessian die Veranstaltung im WDR Funkhaus im Rahmen der phil.Cologne nannte. Anlass war der Langessay „Die Reue des Prometheus“, in dem Sloterdijk die Menschheit der globalen Brandstiftung bezichtigt, weil sie seit dem Beginn der industriellen Revolution maßlos fossile Brennstoffe verfeuere und damit ihren eigenen Fortbestand gefährde.

Ein Disput mit sehr ungleichen Waffen war zu erwarten: Hier der Meisterdenker mit seinem Hang zu großen Bögen, überraschenden Analogien und prägnanten, ironisch gefärbten Formulierungen, dort der Minister mit den nächsten Landtagswahlen und der FDP im Nacken.

Habeck warnt vor dem „Rausch des Negativen“

Doch es kam anders, auch weil Sloterdijk sein Gegenüber schonte, einiges nur andeutete. Wenn Habeck wiederholt davon sprach, es gehe darum, die Öko-Wende mit den Bürgern auszuhandeln, um politische Mehrheiten zu ringen, dann hörte der andere so geduldig zu ,als wäre er ein Schüler Habermas’.

Worum es Habeck vor allem ging: Die Fehler beim Umgang mit fossilen Energien dürften nicht zur grundsätzlichen Skepsis gegenüber neuen Technologien führen. Er warne vor dem „Rausch des Negativen“, sagte der Minister mit Blick auf die Diskussionen um das Heizungsgesetz: „Wir brauchen positive Geschichten.“

Seinem Argwohn, Teile von Sloterdijks Essay richteten sich gegen ein zeitgemäßes Frauenbild oder die Moderne überhaupt, widersprach der Verfasser jedoch nachdrücklich. Die technischen Entwicklungen im Gefolge der industriellen Revolution hätten emanzipatorische Entwicklungen ermöglicht wie die Abschaffung der Sklaverei, aber auch die Befreiung der Frau vom heimischen Frondienst. „Die Frau soll nicht zurück an den Herd“, so Sloterdijk.

Sloterdijk: Menschheit als Drogenabhängige

Gesellschaftliche Fortschritte wie die Anerkennung der Menschenrechte, allgemeine Bildung und Wohlstand sollten nicht zur Disposition gestellt werden – auch wenn Sloterdijk die rastlos konsumierende Menschheit als Versammlung von Drogenabhängigen ansieht.

Doch wie kann die Öko-Wende gelingen? Von Avanessian als „Krypto-Kommunist“ bezeichnet, hatte Sloterdijk im Büchlein die Überführung aller Bodenschätze in das Gemeineigentum aller Menschen gefordert, um eine weitere Verfeuerung zu verhindern, was einer Enteignung von Staaten und Konzernen gleichkäme.

Habeck konnte sich das organisatorisch nicht recht vorstellen. Mit Abkommen auf internationalen Klimakonferenzen strebe man aber Ähnliches an: „Das ist schon Politik.“

Kein Problem gab’s beim Thema Geo-Engineering: Wie Robert Habeck ist Peter Sloterdijk kein Freund von „megalomanen Ideen“ wie dem Eintrag von Partikeln in die Atmosphäre, um die Sonneneinstrahlung zu vermindern. Noch gelte ja die Arbeitsteilung zwischen Verfassern von Science-Fiction und Politikern: „So lange kein Science-Fiction-Autor für das Amt des amerikanischen Präsidenten kandidiert, sind wir noch relativ sicher.“

Peter Sloterdijk: Die Reue des Prometheus. Von der Gabe des Feuers zur globalen Brandstiftung. Sonderdruck edition suhrkamp, 80.S., 12 Euro