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Quereinsteigerin mit guten GenenKölner Schauspielerin Gigi Herr stirbt mit 80 Jahren

Lesezeit 3 Minuten
Begnadete Faxenmacherin: Gigi Herr.

Begnadete Faxenmacherin: Gigi Herr.

Sie begeisterte das Kölner Publikum und bleibt ihm in Erinnerung als witzige, schlagfertige Frau mit einer einzigartigen, aber auch eigenartigen Bühnenpräsenz. 

Sie war eine Quereinsteigerin mit richtig guten Genen: Gigi Herr, die ihrer Tante Trude in Vielem ähnelte und ebenso wie diese in schrägen Lustspielen eine kölsche Karriere machte. Nun ist die Schauspielerin nach langer Krankheit im Alter von 80 Jahren gestorben.

Klar, wenn man die Nichte von Trude Herr und mit einer Portion Talent gesegnet ist, darf man sich auch irgendwann neben dieser auf der Bühne behaupten. Und so spielte Gigi Herr als Panz mit ihr bei Millowitsch, später dann im legendären Theater im Vringsveedel. Zwei Temperamentsbolzen, miteinander verwandt – klar, dass das irgendwann knallen musste. Gigi sattelte um auf Fahrlehrerin und Weltenbummlerin, kam irgendwann zurück nach Köln, probierte sich im Karneval aus und als schräge Wetterfee im Nachtprogramm von RTL.

Dort schaute eine andere Nachteule zu: Walter Bockmayer, seinerzeit auf der Suche nach einer Erzählerin für seine Neu-Inszenierung der „Rocky Horror Show“, mit der er das Kaiserhof Theater eröffnen wollte.

Bockmayer, immer groß im Zitieren aus Film und Theater inszenierte Gigi ganz bewusst so, dass man sich immer wieder die Augen reiben musste und fragte: Sehe und höre ich da nicht gerade die Trude? Nach wie vor ein genialer Schachzug, von dem beide profitierten. Denn mit der Premiere im November 1994 wurde Gigi zum Kölner Liebling und nicht zuletzt dank ihr wurde das nächste Stück „Carmen – die Königin vom Klapperhof“ zum Kassenschlager. Später spielte sie Hauptrollen in Bockmayers Persiflagen auf „Tarzan“ oder „La Triviata“. Bis auch sie und „Wally“ sich zofften und man beschloss, getrennte Wege zu gehen.

Nach einiger Zeit war beiden klar: Am besten sind wir zusammen, und so war Gigi natürlich mit von der Partie, als Bockmayer das Scala-Theater mit der Ostermann-Revue „Ich möch zu Foß noh Kölle jonn“ eröffnete. Hatte bei beiden zuvor der Erfolg nachgelassen, stellte er sich für das Dreamteam wieder ein.

Auch bei Bockmayers Nachfolgern Ralph Borgartz und Arne Hoffmann stand Gigi Herr nach Bockmayers Tod im „Floch vun Königswinter“ auf der Bühne des ehemaligen Kinos am Ring. Nach einiger Zeit trat sie kürzer, wollte noch einmal das Leben genießen, reiste viel mit dem Wohnmobil nach Griechenland. Bis die Krankheit ihr einen Strich durch die Urlaubsrechnung machte.

In Erinnerung bleibt eine witzige, schlagfertige Frau mit einer einzigartigen, aber auch eigenartigen Bühnenpräsenz: kölsch, krawallig, puppenlustig – aber niemals so ganz perfekt. Musste sie bei Bockmayer auch nicht sein, Perfektion langweilte den 2014 gestorbenen Film- und Theatermann. „Habt einfach nur Spaß auf der Bühne!“ so sein Credo.

Die Freiheiten, die Gigi bei ihm hatte, wusste sie zu nutzen – für sich und für das begeisterte Kölner Publikum.