In der Artothek sind Werke der Kölner Künstlerin Sarah Kürten zu sehen.
Ausstellung in KölnSarah Kürten zeigt leuchtende Lyrik in der artothek
Die Miete für das knapp neun Quadratmeter große Räumchen in New York wirkt mit 3000 Dollar absurd hoch. Das Inserat hat Sarah Kürten in eine Collage eingebaut — in einem in Pastellfarben gehaltenen Leuchtkasten. Die Statusobjekte i-Phone, Austernteller, Nobelseife, aber auch eine Rolle Klopapier bilden im Miniappartement ein vielsagendes Stillleben. Ist das Lebenskunst oder eher Lüge gegenüber sich selbst?
Retourkutsche
„Careful what you wish for“ (Vorsicht, was du dir wünschst) nennt Kürten ihre Ausstellung in der Artothek, die aber weniger ein Lamento über das Prekariat der Kunstschaffenden ist, als eine geschickte Retourkutsche an zahlungskräftige Sammler. Kürten ist in der Kunstszene keine Unbekannte, hat schon so einige Werke den Käufern nach Hause gebracht, staunte dabei so manches Mal über den Luxus und formuliert diese Atmosphäre und ihre Gefühle in nachdenklicher, kühner Sprache.
Die Reichen und die Schönen zerbrechen sich in den auf Englisch geschriebenen Versen darüber den Kopf, was das bessere Restaurant ist, was absurd wirkt, wenn gleichzeitig klar ist, dass andere die Mittel dazu gar nicht haben.
Wort und Bild bilden eine kräftige Symbiose. Die Künstlerin arbeitet mit dem Fotokopierer, variiert Bildausschnitte im A4 Format, überträgt auf Folien, die in den Leuchtkästen wiederum ein Bildraster bilden, in dem auch kleine Webfehler zu sehen sind. Alles ist verkabelt, nichts wird retuschiert. Die Sprache kommt neben den Bildcollagen auf der zweiten Ebene hinzu. Eine Lyrik im Leuchtkasten, die zu lesen Spaß macht.
Am Fliegenfänger
Aus gefundenem Bildmaterial fertigt sie durch Einfärbung und Überlagerung atmosphärisch dichte Momente. Die Arbeiten sind ausdrucksstark und ziehen schnell in den Bann. Kürten beschreibt die Schnittmengen, die zwischen Arm und Reich entstehen, die Frage danach, auf welcher sozialen Ebene wir leben. Vorwürfe an die Künstlerin, Sozialneid zu schüren, laufen ins Leere. Denn die Kreativen sind Teil des Systems, abhängig von Menschen, die bereit sind, eine Menge für ihre Werke hinblättern. Sie hängen also am Fliegenfänger.
Auf die Wünsche zu achten, das ist schon im Märchen eine zentrale Botschaft. „Viele Mädchen wollen einmal Primaballerina werden. Nichtsahnend, was damit über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte für Strapazen und Kämpfe verbunden sind. Das muss man aushalten können“, sagt die Künstlerin. Nicht selten müssten Kreative ihren Traum vom Künstlerleben durch schnöde Jobs querfinanzieren. Kürten ist gleichsam Autorin und nahe bei sprachlichen Bildern.
Ein Mops mit einem Markenschal sitzt auf einer Art Bühne. Der Vorhang geht auf, mal hat der überzüchtete Modehund einen Balken über den Glubschaugen, mal glotzt er den Betrachter treuherzig an — in einer Collage aus Whiskyglas, Aschenbecher und wiederum der Klorolle, die es zwar auch in Luxusanfertigung gibt, aber in ihrer profanen Bestimmung für alle gleich sein dürfte.
Ein einzelnes Bild hängt oben auf der Galerie: Eine Seife für 45 Euro ist darauf zu sehen, daneben der fatale Satz, dass das Besteck für das Abendessen nicht angekommen sei — auch so etwas kann die Spannung alltäglicher Existenz spiegeln. Das Leben der Schönen und Reichen aufs Korn zu nehmen, ist für eine Künstlerin, einen Künstler, ein riskanter, mutiger Schritt. Aber Sarah Kürten hat ihn gewagt. Allerdings: „Es hemmt einen schon, die Sachen so öffentlich zu kommunizieren“, sagt sie.
Bis 2. März, Di bis So 13 – 19 Uhr, Am Hof 50.
1983 wurde Sarah Kürten in Köln geboren und studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. Sie erhielt bereits zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Villa Aurora Stipendium des Kunstsalon Köln, das Peter Mertes Stipendium und den Preis des Landes NRW für Nachwuchskünstlerinnen, und sie ist mit ihren Arbeiten in vielen öffentlichen Sammlungen vertreten. Sarah Kürten ist publizistisch tätig und hat unter anderem das Magazin „in Numbers“ herausgegeben. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Köln. (EB)