48 PorträtsMuseum Ludwig setzt Gerhard Richter neu in Szene

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Gerhard Richter "48 Porträts" in der neuen Hängung im Museum Ludwig.

Gerhard Richter '48 Porträts' in der neuen Hängung im Museum Ludwig.

Museum Ludwig zeigt das Hauptwerk, das der Maler 1972 für die Biennale in Venedig schuf, in neuer Präsentation.

Zuletzt vor elf Jahren waren Gerhard Richters 48 Porträts im Museum Ludwig zu sehen. Das Hauptwerk des Malers, das er 1972 in fotorealistischer Manier für den deutschen Pavillon der Biennale in Venedig geschaffen hatte, musste aufwendig restauriert werden und wird nun wieder neu präsentiert. Es zeigt Porträts von Persönlichkeiten aus Philosophie, Literatur, Musik und Naturwissenschaften, die die Moderne beeinflussten — Max Planck, Franz Kafka, Oscar Wilde oder Isidor Isaac Rabi sind dabei auf den Betrachter ausgerichtet. Die Vorlagen für die Porträts stammen aus verschiedenen Lexika und Enzyklopädien.

Leichte Kratzer und Sprünge

Weißliche Fettsäureablagerungen, die auf ausgetretene Bindemittelbestandteile zurückzuführen seien, hätten das Erscheinungsbild der Gemälde zuletzt so beeinträchtigt, dass sie nicht mehr ausgestellt werden konnten, erklärt das Museumsteam. Die aufwendige Restaurierung wurde auch wissenschaftlich begleitet. Dafür konnte der Kölner Gemälderestaurator Andreas Hoppmann gewonnen werden, der laut Museum Ludwig mit der Restaurierung von Gerhard Richters Werken sehr erfahren ist. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW unterstützte das zeitintensive Projekt im Rahmen des Restaurierungsprogramms Bildende Kunst.

Die Restauratoren hatten über Jahre in den Ateliers zu tun.

Die Restauratoren hatten über Jahre in den Ateliers zu tun.

Ebenfalls die Kunststoffhauben, mit denen jedes einzelne der 48 Porträts geschützt wird, waren laut Museum Ludwig in schlechtem Zustand. „Sie wiesen vergilbte Klebefugen auf und hatten leichte Kratzer und Sprünge.“ Mit der Unterstützung der Gerhard Richter Kunststiftung habe man neue, entspiegelte Kombinationshauben anschaffen können. „Diese schützen die Porträts effektiv vor Beschädigungen und erhalten langfristig die Ausstellungsfähigkeit des Werks.“

Restauratorinnen und Restauratoren des Museum Ludwig übernahmen die Organisation und Konzepterstellung, die mit intensiver Recherche verbunden waren. Und: „Wir danken Gerhard Richter, dass er sich in der Konzeption der neuen Hängung so konstruktiv eingebracht hat“, sagt Yilmaz Dziewior, Direktor des Ludwig.

Neu werden Gerhard Richters 48 Porträts im Museum Ludwig präsentiert.

Neu werden Gerhard Richters 48 Porträts im Museum Ludwig präsentiert.

Zu Richters Werkgruppe gab es auch eine Replik: Feministin Alice Schwarzer kritisierte in einem Rundfunkinterview, dass nur Männer dargestellt seien. Daraufhin fertigte der österreichische Maler Gottfried Helnwein 1991 einen Zyklus von 48 Porträtbildern, die ausschließlich Frauen zeigen. Darunter Käthe Kollwitz, Janis Joplin, Gertrude Stein oder Susan Sontag.

Gerhard Richters Porträts: Keine Frauen

Den Umstand, dass keine Frauen in der Serie vertreten sind, kommentierte Richter selbst folgendermaßen: „Viel eher würde ich das Vaterproblem sehen können. Und das ist ja auch ein typisch deutsches Nachkriegsproblem, dass die Väter fehlen, in vielerlei Hinsicht, also ganz weg waren, oder beschädigt waren, auf jeden Fall ihren Status, ihren Wert verloren hatten. Das erzeugte eine Unruhe und eine Unsicherheit, die sicherlich dazu beitrug, dass ich die 48 Porträts malte.“

Aber auch, dass es sich in Richters Werk ausschließlich um weiße, mitteleuropäische und amerikanische Männer handelt, gab Anlass zu Spekulationen. Nach Auffassung des Museum Ludwig verfehlen diese aber großenteils Richters Werkintention. In der Auswahl und der nachfolgenden malerischen Umsetzung, so das Museum Ludwig, habe Richter „eine ganz bewusste, mehrfache Homogenisierung dieser tendenziell bereits gleichartigen Gruppe“ vorgenommen. Das einheitliche Bildformat steigere die Uniformität der „formal bereits ähnlichen Einzelvorlagen dabei ebenso wie die Umsetzung in Graustufen unter Verwendung einer vereinheitlichenden Weichzeichnung. Die einzelnen Dargestellten verlieren ihre jeweilige inhaltliche Bedeutung zugunsten einer formal anonymisierten Reihung.“

Sie geben den Eindruck eines modernen Heldenfrieses. Es sei ein hintergründiges Werk, das in seinem irritierenden Umgang mit Bildkonventionen nach wie vor auf Auseinandersetzung und Reflexion ziele, so Dziewior.

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