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Rosa Dresscode und HerzkonfettiMilano begeistert mit weicher Rapshow im Palladium

Lesezeit 4 Minuten
13022025



Milano (* 31. Mai 1998 in Saint-Quentin als Milane Baybah, deutsch-französischer Rapper marokkanischer Abstammung)
"Herzschmerz"-Tour
am 12. Februar 2025
im Palladium, Schanzenstraße 36, 51063 Köln

Rapper Milano beim Konzert in Köln

Milano, Rapper aus Frankreich, überzeugt durch sanfte Musik und charmanten Accent, während seine Show Herzen buchstäblich regnen lässt.

Rosa verstärkt positive Gefühle, beruhigt und besänftigt Aggressionen. Insofern kann im Palladium am Mittwochabend gar nichts passieren. Bei all den Hoodies, Rollis und Strickjacken, die in Tönen zwischen pudrigem Rosé, zartem Pink und Himbeersahne changieren. Nur eine der Mütter im Publikum hat den Dresscode nicht richtig verstanden – ihr Bolero glänzt in knalligem Magenta. Rosa ist die Farbe für Milano alias Milane Baybah, der Mittwoch und Donnerstag zweimal hintereinander die Halle füllt.

Milano ist der Rapper der Liebe. Der erfüllten, enttäuschten und erschütterten Liebe. Mit Betonung auf die beiden letzten Varianten. Seine erste Tour hieß „Zerbrochene Herzen“, die, mit der der 26-Jährige derzeit unterwegs ist, trägt den Titel „Herzschmerz“. Die romantische Version des muskulären Hohlorgans für die Blutversorgung  spielt bei ihm eine zentrale Rolle. Angefangen vom rosa Herz mit Riss, das am Anfang seiner Show auf der Leinwand auftaucht, über seine Finger, die immer wieder die Form eines Herzens bilden, bis hin zu den XL-Konfettis in Herzform, die die Fans von der Decke herab berieseln.

Auch inhaltlich ist das Herzensthema eins, das allgegenwärtig ist. Mit Songs, die verzweifelt  fragen „Warum gibst du uns auf?“, die bitter konstatieren, es war „Nicht für immer“ oder vom „Leer“ des Hinterhers handeln. Manchmal bittet die Liebe auch um Beistand und Fürsorge, wie in „Fallschirm“, beschwört den Schmetterlinge, die in Scharen auffliegen „Wenn du lächelst“ oder versichert, dass „Du und ich“ das Nonplusultra der Gefühle sind. Die direkte Ansprache richtet sich zwar an ein imaginäres Gegenüber, könnte aber auch als „Du“ jede und jeden im Publikum persönlich meinen.

Im Palladium eindeutig viel eher jede. „Haben wir ein paar Jungs hier?“ fragt Milano. Worauf ihm lediglich schwaches Grummeln entgegenkommt. Während sein „Wo sind die Girls?“ neue Rekorde auf der Konzert-Kreisch-Skala nach sich zieht. Die jüngsten Girls in Elternbegleitung sind so klein, dass ihre Köpfe knapp über den Thekenrand reichen. Weil die Veranstalter wissen, dass viele der Fans von Milano noch unter 14 sind, gilt an diesem Abend Jugendschutz. Bis 22 Uhr muss Feierabend sein. Ist es auch.

Eher von der soften Sorte

Für die pudrig Roséfarbenen, zart Pinken und Himbeersahnigen ist der Abend ganz fantastisch. Milano, der Sohn eines Marokkaners und einer Französin, der in Frankreich aufwuchs und 2018 zu seinem Vater nach Dortmund zog, wird zwar als „Rapper aus dem Pariser Ghetto“ vermarktet, wirkt aber auf der Bühne alles andere als hart. Man hört kein einziges F-Wort von ihm, Frauen sind bei ihm keine Bitches, und mitunter ist der Zarte mit den definierten Muskeln und dem charmanten französischen Accent sogar richtig niedlich.

Etwa wenn er erzählt: „La Paris, als ich damals noch zur Schule ging, habe ich Justin Bieber gehört, und meine Jungs, die haben so richtig krassen Rap gehört.“ Um dann, zum Beweis, dass er den kanadischen Kollegen noch immer drauf hat, Biebers „Baby“ anzustimmen. Eigenmusikalisch ist Milano auch eher von der soften Sorte. Mit viel Piano und nordafrikanisch anmutendem Klagegesang, der lautlich moduliert, wo andere im Stakkato raue Reime raus hauen.

Herzen bedeckten Boden

Auf der Leinwand perlen Regentropfen an Fensterscheiben herunter, bauschen sich rosa Wolken überm Meer, Flammen lodern hell auf  und – Naturellement! – wird auch Paris gezeigt, mit Eiffelturm, der Seine und allem, was auf einer Postkarte sonst nicht fehlen darf. Auch Gäste hat Milano mitgebracht, darunter den Deutschrapper Jazeek („Ma Baby“) und Sängerin Lune („Gebe auf“), die mit ihm im Duett „Blind“ singt. Die Frau hat eine echt starke Stimme.

Die Gastauftritte nutzt Milano zum Umziehen, dreimal wechselt er insgesamt seine Bühnenoutfits. Und einmal taucht er, zum Entzücken der weiter von der Bühne Entfernten, auf einer Mittelbühne im Innenraum auf. Wenn nach „Leer“ die Halle das eigentlich auch sein sollte, ist das nicht der Fall. Der Boden ist dicht bedeckt mit Herzen. Fast jede (und jeder) bückt sich und nimmt sich eins mit.