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Ferdinand HillerKonzert erinnert an jüdischen Komponisten aus Köln

Lesezeit 3 Minuten
Dirigent Michael Alexander Willens hat viel zu Ferdinand Hiller recherchiert.

Dirigent Michael Alexander Willens hat viel zu Ferdinand Hiller recherchiert.

Michael Alexander Willens und seine Kölner Akademie führen am 14. November um 20 Uhr Werke von Ferdinand Hiller in der Trinitatiskirche in Köln auf.

Mehr musikalischer Ruhm geht eigentlich gar nicht: Ferdinand Hiller (1811 – 1885), in der Frühphase des Gürzenich-Orchesters Kapellmeister und Leiter des Konservatoriums der Stadt Köln, leitete zudem das Leipziger Gewandhausorchester, die Ópera Italien in Paris. Er war zwölfmal Festspielleiter der Niederrheinischen Musikfeste, befreundet mit Chopin und Mendelssohn und bekannt mit Goethe und Beethoven.

Lehrer von Max Bruch

Als Komponist schuf er unter anderem das Düsseldorfer Liederalbum, mehrere Klavierkonzerte, die Oper „Der Deserteur“ sowie das Oratorium „Die Zerstörung Jerusalems“. Für das Rheinland war der Lehrer von Max Bruch und Engelbert Humperdinck enorm prägend.

Heute ist er fast in Vergessenheit geraten. Sein Grab ist auf dem Friedhof Melaten, eine Straße in Lindenthal wurde nach ihm benannt. Michael Alexander Willens, Dirigent der auf alte Musik spezialisierten Kölner Akademie, recherchiert schon sein einigen Jahren über Hiller. Verdrängt wurde sein Name von den Konzertprogrammen im Nationalsozialismus, wie Mendelssohn war Hiller Jude.

Antisemitische Gegner, wie auch Richard Wagner, taten alles, um jüdische Musiker zu verunglimpfen. In der Trinitatiskirche geben Willens und sein Ensemble heute Abend, 20 Uhr, ein Konzert, das unter dem Motto „Ferdinand Hiller, ein vergessener NRW-Schatz“ steht. Sie wollen den mit Köln so eng verbundenen Musiker stärker in den Fokus rücken.

„Er war damals super berühmt und kam als Gastdirigent weit herum. Er war auch ein guter Pianist. Robert Schuman widmete ihm sein Klavierkonzert und Chopin seine Nocturnes Opus 15“, sagt Willens. Für das Konzert heute Abend hat er die Ouvertüre zu „Demetrius von Schiller“, Opus 145, ausgesucht, die er im kommenden Jahr beim Deutschlandfunk auch auf CD einspielen will.

Großväter schrieben Musicals

Zudem steht das Fantasiestück Opus 152 b mit Ariadne Daskalakis, Violine, auf dem Programm und das Oratorium „Rebecca“ mit dem Untertitel „Ein biblisches Idyll für Solostimmen, Chor und Orchester“, Opus 182. Solisten sind Anna Herbst, Sopran, Magnus Piontek und Thomas Bonni, Bass.

Schwierig gestaltet sich die Situation des Notenmaterials. Bei einigem wurde Willens in der Bibliothek des Erzbistums Köln fündig, teilweise gebe es nur noch Klavierauszüge. Langfristig plane er die Ballade „Richard Löwenherz“, Opus 200, aufzuführen. „Es war immer schon ein Schatten über seinem Kopf, da er Jude war. Wegen der Nazis ist Hiller fast ganz aus der Erinnerung gelöscht worden“, sagt Willens.

Dass jüdische Komponisten nicht in Vergessenheit geraten dürfen, dafür machte er sich in der Vergangenheit auch auf dem Kölner Festival „Shalom-Musik“ stark, welches das Forum für Kultur im Dialog und die Synagogen-Gemeinde ins Leben riefen. Seine beiden Großväter, Alexander Olshanetsky und Herman Yablokoff, waren in die USA emigriert und schrieben beide Musicals mit jiddischen Melodien. Beim Festival sei er 2024 wieder mit im Boot. In der Synagoge an der Roonstraße macht Willens immer wieder als Kantor Musik.


Kapellmeister

Nach der Gründung des Gürzenich-Orchesters 1827 durch die Concert-Gesellschaft Köln war erst Conradin Kreutzer Kapellmeister, dann Heinrich Dorn, gefolgt von Ferdinand Hiller (1849–1884). Er war mit der polnischen Sängerin Antolka Hogée verheiratet. Das Paar hatte mehrere Kinder, darunter Paul Hiller (1853-1993), Opernbariton und Musikkritiker, sowie Schauspielerin Tony (1850 -1931). Auch Bücher über sein Musikerleben veröffentlichte der Komponist. Darunter „Plaudereien mit Rossini“, in der Kölnischen Zeitung 1855, als Buchausgabe in „Aus dem Tonleben unserer Zeit“, das 1993 von Guido Johannes Joerg neu herausgegeben wurde. 1877 erschienen in Köln seine „Briefe an eine Unbekannte“, 1880 sein „Künstlerleben“ und 1884 die „Erinnerungsblätter“. (EB)