Der Schweizer Singer-Songwriter ist unterwegs auf „Addio“-Release-Tour. Wobei das vierte Studio-Album von Faber eigentlich noch nicht draußen ist.
Schlange stehen hat sich gelohntSinger-Songwriter Faber verzaubert seine Fans im Kölner Gloria
Fürs Gloria regnet’s Lorbeeren. Und das schon nach dem zweiten Stück. „Wir haben lange gewartet auf diese Tour. Da gibt es wirklich lange Wochen, wo ich mies drauf bin, aber ich wusste vorher – heute hat’s ein Ende. Hinterher werden wir sagen, das sei das beste Konzert auf der Tour gewesen“, sagt Faber. Um fünf Songs später noch ein Schippchen der immergrünen Laubblätter drauf zu geben: „Das wertet so auf. Das ist unglaublich. Gestern war ich noch angespannt – und heute ist sooo geil.“
Stimmt. Auch wenn es Montagabend für die Fans eher ungeil anfängt. Um 19.40 Uhr reichte die Schlange einmal um St. Aposteln am Neumarkt herum, kreuzt die Mittelstraße und endet, eine gefühlte Ewigkeit später, vor dem Club in der Apostelnstraße. Bis alle dann drin sind, dauert es 40 Minuten. Die Garderobe im Keller ist schuld. Die nachfolgenden zweidreiviertel Stunden sind pure Wonne. Erst um 23 Uhr, mit „Tausendfrankenlang“, endet der Abend.
Auf der Bühne im Gloria wurde es ganz schön eng
Zusammen mit seinen acht Musikerinnen, Musikern, Sängern und Sängerinnen füllt Faber die kleine Bühne schon fast zur Gänze aus. Mit all den Instrumenten – Gitarren, Violinen, Cello, Bässe, Posaune, Schlagwerk, E-Piano, Keyboard und diverse Percussion-Instrumente – wird es richtig, richtig eng. Der Schweizer Singer-Songwriter ist unterwegs auf „Addio“-Release-Tour. Wobei das vierte Studio-Album des 30-Jährigen eigentlich noch nicht draußen ist. Es erscheint erst am 7. Juni. Die Vinyl-Variante plus Download-Code gibt es aber vorab, in Kombi, mit einem Konzert-Ticket zu kaufen.
Was sich, offensichtlich, großer Beliebtheit erfreut. Neue Stücke wie „Du kriegst mich nicht zurück“, „Sie ist wieder in der Stadt“ oder „Ayurveda“ können schon jetzt fast alle mitsingen. Von seinem Vater Pippo, dem Cantautore, hat Faber, der eigentlich Julian Pollina heißt, das Barden-Gen geerbt. Man könnte ihn, mit seiner Gitarre überall hinstellen: in eine Bar, in eine Fußgängerzone, in eine Philharmonie, auf eine Fiesta oder auf den Markusplatz. Damit und mit seiner rau-zärtlichen, spöttischen Stimme, seinem Charme, seinem Charisma, seiner Begeisterungsfähigkeit und seinem Talent für die großen, dramatischen Gesten und kleinen, ironischen Tändeleien würde er sie alle, überall kriegen.
Faber spielt großartiges Konzert in Köln
Dazu noch seine Lieder, in denen er von Autos singt, die in Paris brennen, von der „Generation YouPorn“ oder von jener Nacht, die „Tausendfrankenlang“ dauert. Ein Weltbeobachter, der mit zuckersüßem Sarkasmus befindet, dass es schöner sein könnte oder denen seinen Segen erteilt, die von Spanien träumen und doch nach Schweden fahren. Ein Meister der Situationsbeschreibung mit wenigen Worten („Die Tram ist leer und ich bin voll“), der Minimal-Poesie („Es weht ein Wind in der Stadt und ihr habt keine Flügel“) und der pointierten Charakterisierung („Du genießt es, zu bereuen, statt zu bereuen, es nicht zu genießen“).
Auf italienisch singt er vom kleinen bisschen Hassen, mit seinen Co-Künstlern vom 2022 erschienen Album „Ich liebe Dich“ (2022) Dino Brandao und Sophie Hunger auf schwyzerdütsch vom Rosengarten und selbst einem Uralt-Schmelzer wie „Volare“ kann er im Zugabenteil noch Lustgewinn entlocken. Dass diese Bonus-Tracks dann insgesamt noch 40 Minuten dauern, trägt dazu bei, dieses großartige Konzert noch großartiger zu machen. Man hat nicht das Gefühl, das hier eine Band mit wunderbaren Musikerinnen und Musikern auf der Bühne steht, sondern Freunde und Freundinnen. Um sie noch einmal zusammen erleben zu dürfen, würde man, auch das mit Wonne, gerne ein zweites Mal 40 Minuten draußen in der Schlange anstehen.