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Irische Band zieht Publikum in den BannFontaines D.C. begeistert im E-Werk mit ihrer musikalischen „Wunderdroge“

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann mit Sonnenbrille singt in ein Mikrofon.

Fontaines D. C. begeistern die Fans im E-Werk

Trotz der begrenzten Spielzeit entfaltete das Konzert der Band Fontaines D.C. einen unwiderstehlichen Sog, der die Zuhörer in Bann zog und nicht mehr losließ.

Erstmals 1934 tritt ein Kindermädchen seinen Dienst bei der englischen Familie Darling an. Mary Poppins. Sie kommt mit dem Ostwind. Zeugnisse legt sie aus Prinzip nicht vor. So profanen Dingen wie der Schwerkraft trotzend, rutscht sie das Treppengeländer aufwärts und packt aus ihrer scheinbar leeren Reisetasche diverse, für eine Nanny damals unverzichtbare, Arbeitsutensilien aus. Darunter eine große Flasche. Auf dem Etikett steht: „Einen Löffel vor dem Zubettgehen nehmen.“ Der, je nachdem, wer ihn kostet, nach Erdbeer-Eis, Orangensaft oder Rumpunsch schmeckt. Genauso wie Fontaines D.C.

Von denen man – bitte, bitte – vorm Zubettgehen am liebsten den kompletten Inhalt der Flasche schlucken möchte. Wobei die Gefahr einer Überdosierung Dienstag im restlos ausverkauften E-Werk nicht besteht. Weil die Iren mit der Wunderdroge nur 83 Minuten spielen. In denen man dann allerdings komplett süchtig geworden ist. Und danach die fast die ganze Nacht an der Flasche hängt. Drogendealern wie Spotify und YouTube sei Dank.

Iren mit der Wunderdroge

Dass es in dieser Welt willkürlicher Widergänger, kompatibler Copy & Paste-Kandidaten und Kreatoren kruder Coversongs noch Offenbarungen gibt, ist in etwa so wahrscheinlich, wie in einer Dose geräucherter Austern eine Perle zu finden. Oder ein Treppengeländer aufwärts zu rutschen. Fontaines D.C. sind die Band, an die wir (längst) nicht mehr geglaubt haben. Und von der wir ahnen, dass nicht mehr allzu viel Zeit vergehen wird, bevor sie nur noch in den Arenen dieser Welt auftreten wird. Was verdammt schade ist.

Weil der Charme eines Clubs wie dem E-Werk dann ebenso verflogen sein wird wie der noch, relativ, nahe Blick auf die Bühne. Wo sich hinterm mit Blutfleck, Pferdekopf und Sonne, Mondsichel und Sternen bemalten Gazevorhang, beherzt vom rundlichen Luftballon mit weinendem Auge, unter einem Band-Schriftzug, dessen Typografie absolut passend für eine historisierend gestaltete Biermarke oder einen elisabethanischen Pub wäre, Grian  Chatten und seine Mitstreiter  die Ehre geben. Und uns, die wir absolut hingerissen sind.

Fontaines D.C. brauchen keine Zeugnisse

Einst so was wie ein „Club der toten Dichter“ am Dubliner Music College, sich der Lektüre literarischer Schwergewichte wie Dylan Thomas, James Joyce oder Vladimir Nabokov hingebend, dann selbst Poeme veröffentlichend. Und nun, musikalisch, hineingeweht in die Charts, in die Preisvergaben, die Liste ausverkaufter Konzerte, hymnischer Rezensionen. Ostwind?

Aus der Wunderflasche (in der scheinbar leeren, doch so vollen) Reisetasche verabreicht uns Grian Chatten 19 Löffelchen, die drei extra dazu gerechnet. Sie schmecken nach: The Cure, The The und The Smith, Ian Dury, Plastic Bertrand und The Clash, nach Lana del Rey, Calexico und Ennio Morricone. Nach den Beach Boys, den Beatles und Paul Anka. Nach Adam Greene, Maximo Park und Massive Attack. Eminem, Alice In Chaines und Einstürzenden Neubauten. Nach Schauerroman, Italowestern, „Sunset Boulevard“ und Roadmovie. Jeder Löffel schmeckt für jeden anders.

Auch Fontaines D.C. brauchen keine Zeugnisse. Ein Konzert wie dieses genügt. Wir hoffen auf Westwind. Dann kommt Mary Poppins wieder.

Am Dienstag, 19. August 2025, 19 Uhr, sind Fontaines D.C. zu Gast auf dem 13. Kunstrasen in Bonn-Gronau. Tickets 45 bis 52 Euro zzgl. VVK-Gebühr über www.bonnticket.de oder www.eventim.de oder www.ticketmaster.de