Riesige Röhrentrommeln spielt das japanische Ensemble Kokubu und gastiert damit in der Philharmonie Köln. Der musikalische Leiter, Chiaki Toyama, sprach mit Jan Sting.
„Die Decke Trumm ist doch ein bisschen klein“Chiaki Toyama im Interview vor seinem Auftritt mit seinem Ensemble Kokubu in Köln
Sie spielen traditionelle Lieder auf der Flöte. Wovon handeln sie?
Ein Stück beschreibt das japanische Matsuri-Fest, auf dem die Kinder spielen. Das wird durch das Taikospiel befeuert, die Musik verbreitet sich.
Taiko ist die Röhrentrommel, die sie auch in der Philharmonie spielen werden. Wie groß sind die?
Unsere größten, die O-Daiko-Trommeln, haben einen Durchmesser von 1,5 Metern. Im Museum in Japan gibt es aber auch Trommeln, die haben einen Durchmesser von drei Metern.
Sie selbst spielen die Bambusflöte, wie sind Sie an das Instrument gekommen?
Ich habe von einem alten Meister spezielle Techniken gelernt. Mein ganzer Atmungsapparat funktioniert nun wie ein Instrument.
Die Flöte ist leise, wie kommen Sie gegen die großen Trommeln an?
Durch das Leise kann man gegen das Laute angehen. Die Flöte hat den luftigen Sound. Kombiniert mit einem leisen Trommelspiel entsteht ein harmonisches Miteinander. Dazu kommt die dreisaitige Langhalslaute, die Shamisen, die sich damit verbindet, wir sprechen von da von der Dreieinigkeit.
Im Kölner Karneval wird die decke Trumm geschlagen. Könnte die mit Kokubu konkurrieren?
Ja, das habe ich auf YouTube gesehen. Aber gegenüber unseren Taikos ist die doch ein bisschen klein (lacht schallend).
Der Dicke Pitter im Kölner Dom dürfte Sie da schon eher überzeugen…
Ja, ich habe ihm eben von der Domplatte aus zugewunken.
Bei ihrem Konzert in der Philharmonie wird auch eine seltene Schlagkunst von der Insel Hokkaidō vorgeführt. Was hat es damit auf sich?
Ich habe Ayakoi Kanzawa vor drei Jahren getroffen. Sie und ihr Bruder haben eine Schlagkunst bei einem Meister aus den 1940er Jahren gelernt und sind nun die letzten, die das beherrschen. Ich habe beim ersten Hören eine Gänsehaut bekommen. Wir treten damit jetzt zum ersten Mal außerhalb Japans auf.
Was ist das Besondere?
Normalerweise steht die Trommel schräg auf einem Ständer, in dieser Technik aber direkt auf dem Fell. Die Bewegungen sind ausholend, schwunghaft und gleichzeitig sehr grazil.
Ihre Musik soll hypnotische Kraft ausstrahlen...
Die Taiko-Trommel wird in Japan seit Jahrhunderten gespielt. Ihr Ton erreicht das Innere, die Seele eines Menschen. Man sagt, dass sie dem Klang des Herzens ähnelt, das das ungeborene Kind im Leib der Mutter hört. Es stellt sich Beruhigung ein. In Japan sagen wir, dass der Taiko-Klang mit dem Geist zu vereinen ist.
Auf der Bühne stehen 17 Trommler, wie sind die zu koordinieren?
In jeder Gruppe gibt es unterschiedliche Charaktere. Um die alle zusammenzuführen, proben und essen wir alle zusammen. Durch diese Gemeinsamkeit entsteht eine Einheit.
Gehe vorwärts ohne zurückzuschauen, lautet Ihre Philosophie. Was verstehen die Japaner darunter?
Die Dinge, die passiert sind, geraten nicht in Vergessenheit. Aber wir sollten den Blick nach vorn richten, das ist nicht nur eine japanische Eigenschaft. Die alten Samurai-Krieger hatten auf ihrem Helm eine Libelle abgebildet. Sie kann nur vorwärts fliegen. Das Symbol wird in der japanischen Kultur häufig verortet.
Die Samurai gab es im vorindustriellen Japan, kommt die Taiko-Trommel heute noch beim Militär zum Einsatz?
Ja, da ist sie dabei.
Archäologen fanden heraus, dass die Trommel, ähnlich wie Rauchzeichen zur Kommunikation über weite Strecken genutzt wurden.
Das kann gut sein, dass es so etwas gab.
In immer mehr deutschen Kommunen gibt es mittlerweile Taiko-Trommelgruppen. Offenbar holt die Musik die Menschen schnell ab. Können Sie sich vorstellen, dass sie in unserer schnelllebigen Zeit noch weitaus mehr Zulauf bekommt?
Ich glaube, dass sie das Blasorchester nicht überholen wird und eine Randerscheinung bleibt.
In wechselnden Gruppierungen tritt das Ensemble Kokubu (Die Trommeln Japans) am 24. März, 20 Uhr, in der Philharmonie auf. Mittels dreier unterschiedlich großer Röhrentrommeln (Taikos) bringt das 1998 gegründete Ensemble aus Osaka um Shakuhachi-Meister Chiaki Toyama in atemberaubender Synchronität oder auch kontrastierend einen spannenden Rhythmus auf die Bühne.
Den Widerpart bilden zarte Flötentöne. So entsteht eine für Europäer magisch anmutende Musik. Dem Verständnis dieser tief in alter Tradition verwurzelten Kunstfertigkeit dient, dass jedem Stück eine kurze Einführung vorangestellt ist. Sie erklärt in Deutsch die Bedeutung der jeweiligen Lieder. Die Trommelshow Yamato tritt am 11. Juli, 20 Uhr, in der Philharmonie beim 34. Kölner Sommerfestival auf. (jan)