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Kleine, aber feine Schau in KölnMuseum Ludwig zeigt Sisis private Fotosammlung

Lesezeit 3 Minuten
sisis alben

„Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin“ ist vom 24.10.2020–21.2.2021 zu sehen.

  1. Das Kölner Museum Ludwig zeigt, was eine Herrscherin sammelte: „Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin“

Köln – Da thront die Kaiserin hoch zu Ross, das Gesicht hinter einem Fächer verborgen. Für dieses schützende Accessoire hatte sie sich eigens am Damensattel ein Futteral anfertigen lassen. Zu diesem Inkognito-Wunsch passt ihr Gedicht „An die Gaffer“: „Es tritt mir fast die Galle aus/ wenn sie mich so fixieren;/ ich kröch‘ gern in ein Schneckenhaus/ und könnt‘ vor Wut krepieren.“ Weiter kann man von der Biedermeier-Süßlichkeit in Ernst Marischkas „Sissi“-Trilogie mit Romy Schneider kaum entfernt sein.

Herrscherin in ungewöhnlichem Licht

Mit der kleinen, aber enorm aufschlussreichen Schau „Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin“ rückt das Museum Ludwig die Herrscherin von Österreich-Ungarn (1837-1898) in ein ungewöhnliches Licht.

18 Alben mit rund 2000 Bildern kamen 1994 mit der Sammlung Lebeck ins Haus, wo man begann, die abgebildeten Personen wie auch die Lichtbildner weitestgehend zu identifizieren, beschädigte Stücke zu restaurieren und den Bestand zu digitalisieren.

Eine Gesellschaft nach ihren Geschmack entworfen

Miriam Szwast hat aus dem Konvolut besonders typische Exponate ausgewählt. Für sie war Elisabeth keine wahllose Sammlerin, „sondern sie hat als Kuratorin dieser Fotos eine Gesellschaft nach ihrem Geschmack entworfen“. Und eine Art visuelles Tagebuch geführt. Darin kommt zwar auch der Wiener Hof vor, doch auf einer Collage sieht man Sisi im Familienkreis mit ihrem Fotoalbum als Isolierte.

Auf Franz Xaver Winterhalters Porträt von Kaiser und Kaiserin fixiert sie den Betrachter und nicht etwa den Gatten Franz Joseph. Überhaupt steht sie dem Fotografen (meist Ludwig Angerer) offenbar lieber allein oder mit ihrem Irischen Wolfshund „Houseguard“ Modell. Doch insgesamt blei bt sie selbst in ihren Alben Randfigur.

Ausstelllung Sisi

Ein Blick in die Kölner Ausstellung

Denn Sisis Sammelwut verdankt sich dem Aufkommen der Carte-de-Visite-Fotografie ab 1860, die standardisierte Porträts zu heftig zirkulierender Massenware machte. In den Alben der Kaiserin sind diese meist nur sechs mal neun Zentimeter großen Bilder oft hintersinnig oder gar sarkastisch gruppiert: Tiere neben Potentaten, Artisten neben Adeligen, Unbekannte neben Prominenz.

Da findet sich etwa eine Karikatur des französischen Kaiserpaars Eugénie und Napoleon III. von einer eleganten Dame und einem Hund umzingelt. Dies könnte Sisis Pudel Plato sein und somit ein böser Kommentar zur Dressur des Herrschers durch seine selbstbewusste Frau.

„Schönheiten-Alben“ als echter Hingucker

Ein besonderer Blickfang sind schon rein äußerlich die drei mit Edelsteinen geschmückten „Schönheiten-Alben“. Innen posieren nur weibliche Modelle, die Sisis Schwager Ludwig Viktor sowie die kaiserlichen Botschafter in St. Petersburg, Konstantinopel oder Paris besorgen sollten. Zu dieser Zeit war Elisabeth schon aus Wien geflohen, lebte in Venedig, auf Madeira oder Korfu und nutzte die zugeschickten Fotos orientalischer und europäischer Modelle offenbar auch für ihre Selbststilisierung und -profilierung.

Emanzipiert

1865 erreichte Sisi gegenüber Franz Joseph ihre „Unabhängigkeitserklärung“. Die umfasste „unumschränkte Vollmacht in allem, was die Kinder betrifft“, sowie Alleinverfügung über persönliche Angelegenheiten wie „die Wahl meiner Umgebung, den Ort meines Aufenthalts“. (EB)

Das „Geschirr“ höfischer Kleidung verabscheute sie da schon lange und sammelte bevorzugt Porträts emanzipierter, auch erotisch offensiver Frauen. Letztere bilden an der Stirnwand des Fotoraums eine frivole Reihe: Da sieht man die eher unkeuschen Tänzerinnen Henriette Zou-Zou oder Eugénie Malakoff, daneben die lasziv hingegossene Marie Garnier als Venus in der Uraufführung von Jacques‘ Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“. Und „Vier intime Frauenporträts“ ergänzen mit kaum noch verhüllten Reizen diese damals durchaus riskante Galerie.

„Ihr lieben Völker im weiten Reich“

Offenbar sah Sisi in diesen Geschlechtsgenossinnen jenes Freidenkertum verkörpert, das sie selbst in ihrer adelskritischen Lyrik bewies: „Ihr lieben Völker im weiten Reich,/ ganz im Geheimen bewund’re ich euch:/ Da nährt ihr mit eurem Schweisse und Blut/ gutmütig diese verkommene Brut!“

Mit ungefähr dreißig Jahren beschloss Elisabeth übrigens, sich nicht mehr fotografieren zu lassen, selbst Röntgenbilder lehnte sie ab. Dass sie das Tattoo eines Ankers auf der Schulter trug, offenbarte deshalb erst der Obduktionsbericht nach ihrer Ermordung durch einen Anarchisten.

Bis 21. 2. 2021. Di-So 10-18, jeden 1. Do 10-22 Uhr. Heinrich-Böll-Platz. www.museum-ludwig.de