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Interview

Kevin Costner mit neuem Film
„Ich denke, andere Regisseure sind besser als ich“

Lesezeit 6 Minuten
Kevin Costner am Set von Horizon

Kevin Costner am Set von Horizon

Ein Gespräch mit Kevin Costner über sein neues Film-Epos „Horizon“, das in der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs spielt

Als Regisseur der Western „Der mit dem Wolf tanzt“ und „Open Range – Weites Land“ flößte Kevin Costner dem totgesagten Genre frisches Blut ein. Nun hat er sich einen Traum erfüllt: In der mehrteiligen Kino-Saga „Horizon“ (Kinostart: 22. August) erzählt der Hollywood-Star episch von der Besiedlung des nordamerikanischen Westens.

Es ist 21 Jahre her, dass Sie bei Ihrem letzten Film Regie geführt haben. Warum hat es so lange gedauert?

Ich denke immer, dass andere Regisseure besser sind als ich. Ich habe nur bei drei Filmen Regie geführt. Dies ist der vierte. Aber ich wusste, dass ich hier Regie führen musste, weil ich wusste, wie schwierig es werden und ich bei nichts nachgeben würde. Das Letzte, was ich tun wollte, war, mit den Regisseuren zu streiten und zu sagen: „Nein, lass die Szene drin, in der sie ein Bad nimmt.“ Auch wenn ich nicht glaube, dass ich so talentiert bin wie einige dieser Leute, werde ich dafür sorgen, dass man alles sieht, was ich dort eingebaut habe. Das ist mein einziges Versprechen. Deshalb führe ich bei allen vier Filmen Regie, denn sonst würden Sie nicht sehen, was meiner Meinung nach ein wenig Magie in sich trägt.

Kevin Costner als Hayes Ellison in einer Szene des Kinofilms „Horizon“ (undatierte Filmszene).

Kevin Costner als Hayes Ellison in einer Szene des Kinofilms „Horizon“ (undatierte Filmszene).

Der erste Teil von „Horizon“ kommt jetzt ins Kino, der zweite ist bereits abgedreht. Warum haben Sie sich zu diesem ungewöhnlichen Vorgehen entschieden?

Ich gehöre nicht zu den Leuten, die abwarten, ob der erste Teil gut ankommt und dann sagen: „Oh Gott, lasst uns einen neuen Film machen!“ Diese Filme sind bereits geschrieben und bilden eine Einheit. Das mag nicht gut fürs Geschäft sein, aber das ist nicht meine Art von Geschäft: das zu machen, wovon ich glaube, dass das Publikum es zu schätzen weiß. Und das Schreiben ist der einzige Weg, den ich kenne, um das zu erreichen: Die Idee des menschlichen Verhaltens zu ehren, authentische Charaktere und authentische Schauplätze mit authentischer Kleidung und all den Dingen, die dazu gehören, zu schaffen. Man muss sicherstellen, dass das Drehbuch die Hauptrolle spielt.

Wie gelingt das?

Ich versuche, einen Roman für die Zuschauer zu schreiben. Sie können alle Marvel-Filme sehen, die sie wollen, das ist völlig okay. Ich mache Filme auf meine eigene Art und Weise. Vielleicht ist das nicht so populär, aber das Wichtigste für mich ist, dass es das Filmerlebnis wert ist. Die Menschen nehmen sich Zeit, um ins Kino zu gehen. Hat es sich für sie gelohnt? Hat es sie zurückversetzt? Waren sie gerührt? Haben Sie eine Träne verdrückt? Ich hatte bei der Berlin-Premiere selbst Tränen in den Augen. Ich habe meinen Sohn (Hayes Costner spielt Nathaniel, Anm. d. Red.) angeschaut und weiß, dass diese Szene zwischen Vater und Sohn nicht nur im Film passiert ist, sondern eine Million Mal da draußen. Im Westen gab es eine Million Mal Menschen, die in einer Hütte eingesperrt waren und um ihr Leben kämpften. Mein Ziel war es, das Ganze authentisch wirken zu lassen. Für mich ist das genauso wichtig wie eine Schießerei.

Berlin: Schauspieler Kevin Costner bei der Deutschlandpremiere seines Films „Horizon“ im UCI Kinowelt Zoo Palast. Kevin Costner ist Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor des Films.

Berlin: Schauspieler Kevin Costner bei der Deutschlandpremiere seines Films „Horizon“ im UCI Kinowelt Zoo Palast. Kevin Costner ist Hauptdarsteller, Regisseur und Drehbuchautor des Films.

Was macht für Sie den Reiz aus, Projekte von solchem Ausmaß in Angriff zu nehmen?

Ich habe auch einen kleinen Film über Rassismus namens „Black or White“ produziert, den niemand realisieren wollte. Wenn ich eine Geschichte gefunden habe, die ich liebe, dann mache ich sie. Es ist, als ob jemand möchte, dass du dich in das Supermodel verliebst, während du denkst: Aber die Kellnerin ist wirklich süß, weißt du? Ich kann nichts dafür, in was ich mich verliebe, und ich will es nicht ignorieren.

Zwischen den Premieren der einzelnen Teile liegen mehrere Monate. Die Zuschauer müssen alle Charaktere und Handlungsstränge im Kopf behalten. Sehen Sie hier ein Risiko?

Ursprünglich lagen nur sechs Wochen zwischen den einzelnen Teilen, was nicht möglich war. Ich weiß nicht, warum man das versucht hat. Schließlich konnte man diese Pläne nicht umsetzen. Das hat mich verletzt, und ich glaube, dass es auch dem Film geschadet hat. Ich hatte geplant, alle vier bis sechs Monate einen Film herauszubringen, damit ich in der Zwischenzeit weiterarbeiten und den Film promoten kann. Aber es ist, wie es ist. So wird es nicht mehr ablaufen. Der zweite Film wird bei den Filmfestspielen in Venedig gezeigt.

Die Produktionsgesellschaft New Line Cinema war nicht glücklich über die Resonanz auf den Film. Wie gehen Sie jetzt mit dem Druck um?

Ich kann mir keine Gedanken über sie machen, aber die Frage ist berechtigt. Ich kann mich nur um das kümmern, was ich in Bezug auf den Film für wahr halte. Ich sollte mir nicht so viele Gedanken über Kritiken machen. Aber ich bin ein menschliches Wesen und kann nicht anders. Doch gerade ist eine Kritik im New York Magazine erschienen, die sich von der Masse abgesetzt hat, was mich irgendwie schockiert hat. Es ging um die 20 besten Filme des Jahres und „Horizon“ war die Nummer eins unter allen Filmen, die bisher herausgekommen sind. Es fühlte sich gut an, dass sich jemand einmischte und sagte: „Dieser war der beste Film.“ Natürlich sind sie nur eine Stimme.

Wie wichtig war es Ihnen, dass die Seite der Ureinwohner in Ihrem Film akkurat abgebildet wird?

Ich mag die meisten Western nicht. Es gibt fünf oder zehn Filme, die ich für sehr stark und sehr gut halte und die mir ein Gefühl dafür geben, wie schwierig das Leben damals wirklich war. Das war kein Park in Disneyland. Die Kostüme stimmen nicht, die Städte sind nicht richtig, die Geschichten sind schwach, Frauen sind überhaupt nicht vertreten, und die Ureinwohner werden nicht richtig dargestellt. Wenn ich also wenigstens den Versuch sehe, diese Aspekte einzubinden, weiß ich es zu schätzen. Ich bin nicht in Western verliebt, sondern in das, was der Westen war: ein harter Ort. Er war unberechenbar, gewalttätig, beängstigend. Inmitten all dieser Dinge gab es immer noch gute Menschen, die versuchten, ihre Kinder in einer feindlichen Umgebung aufzuziehen und ihnen Anstand zu lehren. Jetzt ist es einfach, weil wir zivilisiert sind. Wir haben Recht und Ordnung, auch wenn wir alle denken, dass das momentan zum Teufel geht.

In den Kritiken zum Film wurden Sie als einer der letzten großen Hollywood-Stars bezeichnet. Ist das etwas, das Sie gerne hören?

Das fühlt sich für mich wie ein Kompliment an, also akzeptiere ich es als solches. Ich glaube an Hollywood und daran, was wir sein könnten – nicht was wir tatsächlich sind. Ich bin nicht so etwas wie eine Stimme von Hollywood. Aber wenn ich zur Oscar-Verleihung gehe, versuche ich, mit einem gewissen Maß an Würde zu gehen und mit einem Blick auf das, was vor mir da war. Ich habe Sidney Poitier, Gregory Peck und Sean Connery die Hand geschüttelt. Manchmal ist es ein Spiel, berühmt zu sein, aber es ist auch eine Verantwortung.


Der Film

In seinem neuen Film erzählt Kevin Costner eine Geschichte aus dem Vorfeld des Amerikanischen Bürgerkrieges, in der sich Apachen und Siedler bekriegen, aber sich auch die Weißen untereinander bekämpfen.

Der 69-jährige Costner begann seine Filmkarriere in den 1980ern, zu seiner langen Liste von Filmen gehören „Die Unbestechlichen“ (1987), „JFK“ (1991), „Robin Hood“ (1991) oder „Bodyguard“ (1992) Zuletzt spielte er in der Western-Serie „Yellowstone“ (2018). (EB)