Als Interimsintendant wird Rafael Sanchez in der Spielzeit 2024/25 das neu sanierte Schauspielhaus am Offenbachplatz eröffnen.
Intendant im InterviewWas Rafael Sanchez in Kölns neuem Schauspielhaus plant
Sie haben mir in einem Interview gesagt, dass man als Regisseur zwar in einer Machtposition ist, Sie aber „nicht über Leichen gehen“. Nun werden Sie Intendant.
Ich bin jetzt seit drei Tagen im Interimsamt, Montag war mein erster Schultag. Da ändert sich natürlich alles – Schluss mit lustig! (lacht) Nein, das gilt natürlich immer noch. Aber als Regisseur, Regisseurin lässt sich das ein bisschen einfacher sagen. Jetzt hat man schon mehr, das auf einen einprasselt. Ich gehe aber davon aus, dass ich die Nerven behalte und nicht aus eigener Unfähigkeit auf die eigenen Leute losgehe.
Jetzt gilt es, die Spielzeit 2024/25 zu planen und einen Umzug zu organisieren. Wo fängt man da an?
Alles gleichzeitig. Aber alle Abteilungen haben für den Umzug Schlachtpläne in der Schublade. Wir müssen jetzt nur noch entscheiden, welchen wir nehmen, und dann geht es los. Doch jedem Regie-Team, mit dem ich rede, sage ich sofort, baut noch nicht fest die Hubpodien und die Drehbühne ein, die uns im sanierten Haus zur Verfügung stehen.
Warum?
Wir müssen trotz des Übergabetermins am 22. März 2024 einen Plan B haben.
Der wäre, hier im Depot weiterzumachen?
Ja. Ich fahre da lieber zweischienig. Ich glaube an den Termin zwar mittlerweile mehr und mehr, weil ich auch mehr hinter die Kulissen sehen kann. Aber ich behalte Plan B in der Tasche.
Wann waren Sie das letzte Mal auf der Baustelle?
Das ist sicher ein Jahr her. Kommende Woche gehe ich wieder hin.
Worauf basiert Ihre Spielplan-Planung? Auf den Ideen von Stefan Bachmann oder beginnen Sie noch einmal bei Null?
Wir fangen komplett bei Null an. Andererseits bin ich seit zehn Jahren hier, es wird also nicht alles neu sein. Es wird Überschneidungen geben: Teams, die schon hier gearbeitet haben und ganz neue Kunstschaffende. Stefan Bachmann hat alles so hinterlassen, dass ich noch ganz viel Gestaltungsraum habe. Die Dinge, die er schon in die Wege geleitet hatte, hat er auf Eis gelegt, um dazu auch meine Meinung einzuholen. Natürlich stehen jetzt viele Entscheidungen an – zu Umzug und Eröffnung. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass der Offenbachplatz wieder den Menschen der Stadt gehört.
Wann könnte die Eröffnung sein?
Ich schätze Ende September, Anfang Oktober.
Wie gehen Sie damit um, dass noch nicht klar ist, wer aus dem Ensemble bleibt und wer mit Stefan Bachmann nach Wien geht? Oder setzen Sie auf das bekanntermaßen große Angebot des Marktes?
Ich hoffe natürlich, dass möglichst viele bleiben. Damit man dort weitermachen kann, wo man jetzt steht. Natürlich ist es verlockend, nach Wien zu gehen. Und wenn jemand geht, freut man sich für die Person, hat aber dann auch Platz für Neues.
Haben Sie schon die Position der Chefdramaturgie besetzt?
Das mache ich im Moment – aber eine Reihe anderer wichtiger Posten habe ich schon besetzt. Ich hoffe nun, dass Stefan Bachmann jetzt vor Beginn der Sommerpause den Sack zumacht. Dann sind wir gut in der Zeit und können noch viel bewegen, bevor alle im Urlaub sind.
Für uns in Köln ist die Wiedereröffnung am Offenbachplatz eine große Sache. Wie ist bisher Ihr Eindruck: Reizt es auswärtige Teams, da mit von der Partie zu sein?
Das ist eine gute Frage. Als ich nach Köln gekommen bin, gefiel mir die Vorstellung, dort irgendwann wieder zu inszenieren. Immer wenn ich davon spreche, höre ich „toll“ oder „genial“ – Die Teams freuen sich auch auf einen neuen Ort.
Machen Sie die Eröffnungsinszenierung?
Nein.
Warum nicht?
Jetzt ist man der Chef und macht die Eröffnung? Das ist doch ein bisschen Gorilla-mäßig. Nur, wenn es sein muss. Etwa wenn die Eröffnung verschoben würde und das geplante Team könnte dann nicht... Ich werde eine Inszenierung in petto haben (lacht).
Wie fühlen Sie sich mit der Tatsache, dass Sie als Interimsintendant jetzt die „Kohlen aus dem Feuer“ holen und es aber keine Option auf eine Verlängerung gibt?
Ich empfinde das nicht als Kohlen aus dem Feuer holen, sondern als unheimlich toll, dass ich das machen darf. Aber natürlich hätte ich gerne auch zwei Jahre gemacht.
Zur Person
Eigentlich wollte der 1975 in Basel geborene Rafael Sanchez Schauspieler werden, stellte aber fest, dass ihm das Regieführen mehr Spaß macht. Mit Stefan Bachmann kam er 2013 nach Köln und ist jetzt der letzte der ursprünglich drei Hausregisseure (neben Angela Richter und Moritz Sostmann). Im Depot inszenierte Sanchez zuletzt „König Lear“, „Früchte des Zorns“, oder „Der große Diktator“. Er ist mit Ensemblemitglied Yvon Jansen verheiratet, die beiden haben zwei Kinder.