Interview mit Bastian PastewkaNach 15 Jahren heißt es nun „Schluss mit lustig“
- 15 Jahre, zehn Staffeln, 99 Folgen. Mit „Pastewka“ endet eine stilistisch einzigartige Sitcom, weil ihr Erfinder Bastian Pastewka es so will.
- Am 7. Februar geht es ins Finale
- Wir haben mit ihm vor dem Ende der Comedy-Serie gesprochen.
Als Bastian Pastewka mit seiner Comedy-Serie „Pastewka“ anfing, war er Anfang 30. Im April wird er 48 Jahre alt – und sieht dem Finale seines ambitionierten Herzensprojektes entgegen. Er wollte es so. Ab dem 7. Februar steht die zehnte und letzte Staffel bei Amazon Prime zum Streamen bereit. Nach insgesamt 99 Folgen, in denen Pastewka eine nicht durchgehend sympathische Version von sich selbst spielte, ist Schluss. Dabei war die Reihe, die immer wieder genial den Medienbetrieb auf die Schippe nahm, im Grunde zutiefst humanistisch gedacht, weil sie ihrem Personal noch die größten menschlichen Schwächen verzieh. Mit Pastewka, der in Bonn aufgewachsen ist und seine ersten Sketche einst an der Seite von Bernhard Hoëcker auf die Bühne brachte, sprach Eric Leimann.
Herr Pastewka, wann haben Sie entschieden, mit „Pastewka“ Schluss zu machen?
Bastian Pastewka: Eigentlich schon vor 15 Jahren, als wir anfingen. Wir ahnten, dass wir mit „Pastewka“ etwas Gutes zeigen konnten. Damals sagte ich prahlerisch in einem Interview, dass ich mit dieser speziellen Familienserie gern 100 Folgen schaffen möchte.
Das haben Sie nicht ganz erreicht, oder?
Pastewka: Dass es am Ende nur 99 geworden sind, passt perfekt zum Geist der Serie: Pastewka, der ewige Tölpel, der immer haarscharf am Ziel vorbei rauscht.
Und warum machen Sie Schluss?
Pastewka: Die Autoren und ich merkten, dass die Beziehungsgeschichte zwischen Bastian und Anne, die das Zentrum der Erzählung war, zu einem Ende gelangt sein könnte. In der achten Staffel passierte das Undenkbare: Die beiden trennten sich. In Staffel neun wollte Bastian sie zurückgewinnen. In der letzten Staffel sehen wir nun, wie das Ganze ausgeht.
Also ist „Pastewka“ im Kern eine Liebesgeschichte?
Pastewka: Zum Teil. Dazu kam stets der Blick hinter die Kulissen des Fernsehens, denn der Serien-Bastian ist wie ich eine Person des öffentlichen Lebens. Mal kämpfen Bastian und seine Agentin um eine mögliche Rolle bei Quentin Tarantino, in der nächsten Folge gibt‘s Probleme mit der Gegensprechanlage, weil Bruder Hagen was falsch montiert hat. Beide Spielformen haben sich immer munter abgewechselt.
Die witzigen Seitenhiebe auf den Medien- und Promibetrieb sehen viele Fans und Kritiker als herausragendes Merkmal von „Pastewka“. Wurden all Ihre Erzähl-Wünsche erfüllt?
Pastewka: Wir haben uns sämtliche Wünsche erfüllt. Wir waren hinter den Kulissen von „Tatort“ und „Lindenstraße“, beim Deutschen Filmpreis und dem Kölner Stadtsender Center TV. Wir haben viele bekannte Fernseh-Persönlichkeiten sich selbst spielen lassen.
Und das ging immer gut?
Pastewka: Wir hatten keinen einzigen Problemfall in zehn Staffeln. Einige Kollegen fragten mich plötzlich: „Warum darf ich nicht mitspielen?“
Wer fragte das?
Pastewka: Jürgen Vogel hat sich in einer Sendung von Luke Mockridge öffentlich beschwert, da haben wir gleich beide eingeladen. Auch Fernsehlegenden wie Frank Elstner oder Roger Willemsen waren zu Gast. Der einzige Prominente, der schlecht gelaunt zu uns kam, war Bernd das Brot.
Bei Sat.1 soll man Sie nicht mehr so gut behandelt haben, für die letzten drei Staffeln kamen Sie beim Streaming-Dienst Amazon unter. Fühlten Sie sich immer wertgeschätzt?
Pastewka: Da möchte ich widersprechen: Sat.1 hat uns über sieben Jahre am Freitagabend laufen lassen. Als 2014 unsere letzte Staffel bei Sat.1 lief, hatte sich die Zeit deutlich gewandelt. Wir waren die letzten Comedy-Mohikaner. Alle anderen Freitagsformate um uns herum gab es nicht mehr: Anke Engelkes „Ladykracher“, Kaya Yanars „Was guckst du?“, Hugo Egon Balders „Genial daneben“. Ich habe eingesehen, dass man irgendwann keine Verwendung mehr für uns hatte.
Bei Amazon war „Pastewka“ kein Auslaufmodell. Streaming-Dienste veröffentlichen zwar üblicherweise keine Zahlen, dennoch hieß es, die Serie würde dort sehr gut laufen. Wissen Sie Genaueres?
Pastewka: Ich weiß gar nichts.
Das kann man sich kaum vorstellen.
Pastewka: Es stimmt aber. Ich habe von Amazon nie Zahlen bekommen. Sie interessieren mich nicht, weil ich mir sicher bin, dass Sendungen, die viel geschaut werden, deshalb nicht unbedingt besser oder schlechter sind. Und ich habe mit der Einschaltquoten-Deuterei immer auf Kriegsfuß gestanden.
Wie ist es mit dem Humor? Ist jener Witz, der nicht die breite Masse bedient, meist der bessere?
Pastewka: Nein. Viele Leute, die sich über den schlechten Zustand des deutschen Humors beklagen, lachen am lautesten über den ersten Pimmelwitz, der um die Ecke kommt. Ich denke auch nicht, dass „Pastewka“ weit weg vom Mainstream war.
Woran machen Sie das fest?
Pastewka: Geschichten über das Fernseh-Business, über Liebe und Familie sind ja nicht besonders ungewöhnlich. Außerdem konnten unsere Zuschauer immer sehen, dass wir es grundsätzlich gut mit unseren Figuren meinen. Auch das ist etwas, das den Mainstream kennzeichnet. Wir sind keine Zyniker.
Kann man beim Humor heutzutage anspruchsvoller arbeiten?
Pastewka: Das Publikum ist anspruchsvoller als vor 15 Jahren, weil es sich zwischen viel mehr Angeboten entscheiden kann. Das betrifft nicht nur lustige Formate, aber eben auch die. Meine Beobachtung ist, dass man mit sehr schlicht konzipierten Geschichten nicht mehr beim Publikum durchkommt.
Wo liegt der Grund?
Pastewka: Es gibt – auch bei Streaming-Diensten – Filme und Serien mit großen Namen. Auch ungewöhnliche Stoffe werden vom Publikum heute oft viel häufiger gefunden und positiv bewertet.
Wie kommt das?
Pastewka: Streaming-Dienste und Mediatheken legen alle Angebote gleichberechtigt offen. Es ist nicht mehr wie früher, als drei Programme eine Auswahl für die Zuschauer trafen – für Menschen, die um 20.15 Uhr sehen mussten, was gezeigt wurde. Durch diese Entwicklungen sind die Zuschauer offener und anspruchsvoller geworden.
Zur Person
Geboren am 4. April 1972 in Bochum. Er wächst in Bonn auf, macht Abitur am Clara-Schumann-Gymnasium und gründet 1992 mit Bernhard Hoëcker das Ensemble Comedy Crocodiles.
Von 1996 bis 2001 gehört Pastewka zum Team der „Wochenshow“. 2004 und 2007 spielt er den Inspektor Very Long in „Der Wixxer“ und „Neues vom Wixxer“. Mit Anke Engelke tritt er bei verschiedenen Gelegenheiten als „Wolfgang & Anneliese“ auf. 2016 startet er im ZDF die Serie „Morgen hör ich auf“. Weitere Tätigkeitsfelder: Synchronisation, Hörbücher und Hörspiele. Bastian Pastewka lebt in Köln und Berlin.
Die Rollen und ihre Darsteller in „Pastewka“ sind mit der Serie gealtert. Lacht man auch deshalb heute über andere Dinge als früher?
Pastewka: Ja. Aber es gibt auch Dinge, die gleich bleiben. Humor ist immer eine Generationen-Verabredung. Wenn ich mich mit Leuten treffe, mit denen ich auf der Schule war, reißen wir immer noch dieselben Witze wie damals, als wir Abi machten.
Welche, wenn man fragen darf?
Pastewka: Meistens zitieren wir Sprüche aus „Ritter der Kokosnuss“ oder hauen uns einfach beim Wiedersehen mit einem Handtuch. Wie damals im Sportunterricht. Absoluter Pennäler-Humor! Jede Generation sucht sich ihre Helden aus. Helden, über die sie lacht, mit denen sie leidet, weswegen sie ins Kino geht. Humor ist ein gutes Stück weit Prägung.
Aber Humor ist nicht statisch, oder? Sonst könnten neue Formate mit einer neuen Art Witz niemals Erfolg haben.
Pastewka: Natürlich können wir uns in Sachen Humor weiterentwickeln. Humor ist allerdings auch nicht erlernbar. Es gibt Leute, die heute und auch in 50 Jahren noch keine Ironie verstehen werden. Da kann man nichts machen.
Gibt es neue Humor-Trends am Horizont?
Pastewka: Die Polit-Satire feiert seit Jahren völlig zu Recht ein Comeback, um die verrückte Zeit, in der wir leben, zu verarbeiten. Humor ist gesellschaftlichen Schwankungen unterworfen. Er ändert sich mit dem Geschmack und dem Stilempfinden des Publikums. Er ändert sich auch mit seinem Wissen und Erfahrungen. Und dann kommt eben noch das Alter hinzu, das seine eigenen Erkenntnisse und Witze mit sich bringt.
Wie steht es um den Humor der Komiker?
Pastewka: Es gibt zum Beispiel die Meinung, dass ältere Comedians viel mehr Saufwitze erzählen als junge. Warum? Weil sie zu Beginn ihrer Karriere durch Kneipen getingelt sind und ihr Publikum zu diesen Auftritten trank. Etwas, das heute weitgehend verschwunden ist. Manchmal sind es banale Dinge, warum der eine auf diese Art Witz steht und der andere auf jene.
Lachen über Alkoholwitze also nur noch ältere Leute?
Pastewka: Ältere Theaterschauspieler erzählten mir, dass es bei manchen Bühnenstücken üblich war, in jenen Szenen, in denen man nicht dabei war, schnell über extra dafür angelegte Gänge hinter der Bühne in die Kantine zu gelangen, um dort gepflegt einen zu heben. Und dann zu gucken, wer den zweiten Akt durchhält. Heute sind die allermeisten meiner Komiker-Kollegen entschiedene Anti-Alkoholiker.
Gibt es ein Erfolgsrezept für erfolgreiche Comedians?
Pastewka: Man sollte Witze über Dinge machen, die man selbst witzig findet. Ein Komödiant, der sich verstellt, liefert meistens eine Kopie ab. Ein Humorist muss generell etwas von sich preisgeben. Wer das nicht will, wird in der Disziplin möglicherweise keinen Erfolg haben.
Haben Sie einen Plan, wie es nach „Pastewka“ weitergeht?
Pastewka: Nein. Ich weiß nur: Wenn es ein nächstes Projekt geben wird, das mich auf ähnliche Weise beschäftigen und elektrisieren soll, muss es sich sehr anstrengen, um zu toppen, was ich mit meinen Freunden aus der „Pastewka“-Familie in den letzten 15 Jahren erleben durfte.
KinotourPastewka ist im Februar mit „Pastewka“ auf Kinotour. Die meisten Termine (auch am 4.2., 20 Uhr, Cinedom Köln) sind ausverkauft.