Beim Auftritt der britischen Band "Heaven 17" im Gloria gab es zum 40. Bandgeburtstag eine dritte Zugabe.
Heaven 17Momente der Gänsehaut im Gloria
Wir sind die Besten! Weder in Saarbrücken, noch in Berlin oder Hamburg und auch nicht in Toronto, in New York oder London gab es auf ihrer Tour zum 40. Bandgeburtstag eine dritte Zugabe. Aber in Köln, im Gloria.
Puls in die Höhe gejagt
„Wir waren schon weg, aber ihr habt uns zurückgerufen“, sagt Sänger Glenn Gregory, sichtlich gerührt und dabei strahlend wie eine 1 000 Watt-Glühlampe. Um dann, nur begleitet von Florence Sabeva an den Tasten, noch Bowies „Life on Mars“ nachzulegen. So intensiv und atmosphärisch dicht, dass sich die Härchen an den Armen aufstellen würden. Wenn sie denn könnten. Aber dafür sind die Fans im ausverkauften Club an der Apostelnstraße nach gut 90 Minuten mit Heaven 17 viel zu durchgetanzt und durchgeschwitzt.
Wenn die Show um 20.13 Uhr losgeht, dann mutet das so an wie die Inbetriebnahme eines formidablen Fahrgeschäfts. Mit aufheulenden Sirenen, Rattern, Knattern und Fiepen, während blaue und rote Suchscheinwerfer über die Bühne flackern und dichter Nebel aufwallt, zu einem tackernden Rhythmus, der sich stetig steigert und den Puls in die Höhe jagt.
Sobald Glenn Gregory (64) und Martyn Ware (66) die Bühne betreten, bricht sich wilder Jubel Bahn. Die, die sich da so freuen, sind in einem ähnlichen Alter wie die beiden verbliebenen Erz-Mitglieder der Band. Und deshalb genau die Richtigen, um einen Abend bis zur Neige auszukosten, der mit Musik aus einer Zeit aufwartet, deren Helden aus Großbritannien stammten und sich Synthie-Pop und New Wave verschrieben hatten.
Gemeinschaftsgefühl
Zwei der drei Gründer (Ware und Ian Craig Marsh, der 2008 ausstieg) waren vorher bei The Human League. Mit dem Intro „(We don't need this) fascist groove thang“ zeigen sie, dass sie, thematisch, noch immer sehr aktuell sind. Das Stück von 1981 bezieht Stellung gegen Rechts – und wenn dabei alle mitsingen, dann eint das Band und Publikum vom ersten Moment an.
Dieses Gemeinschaftsgefühl wird sich Lauf des Abends noch vertiefen. Menschen, die sich vorher nicht kannten, stoßen miteinander an, sie lächeln sich zu oder liegen sich gar in den Armen. Letzteres lässt sich auch Gregory nicht nehmen, wenn er seinen alten Kumpel mit dem breitrandigen Hut – „Mr. Magic Synthesizer“ – kräftig knuddelt und dabei, den geringfügigen Altersunterschied auf die Schippe nehmend, frotzelt: „He's my dad!“ („Er ist mein Papa!“).
Auch die beiden zu erleben, wie sie den Kitsch-Dauerbrenner „You've lost that lovin' feelin“ im Duett covern und dabei lustvoll von allen Schmandschichten befreien, ist ganz großartig. Das Hauptaugenmerk liegt aber klar auf den eigenen Erfolgen, schließlich trägt die Tour den Untertitel „Greatest Hits“. Und die stammen alle aus der ersten Hälfte der 1980er-Jahre, von den ersten drei Alben „Penthouse & Pavement“ (1981) „The Luxury Gap“ (1983) und „How Men are“ (1984).
Stücke wie „Geisha Boys and Temple Girls“, „Come live with me“ oder „Let me go“ stellen trefflich unter Beweis, dass Gregory und Ware im Laufe der Jahrzehnte zwar Haare gelassen, aber nichts an Verve eingebüßt haben. Die Stimmen und die bühnenreif-expressiven Bewegungen der beiden Backgroundsängerinnen heizen die ohnehin schon siedende Stimmung noch zusätzlich an.
Vertraute Botschaften
Nicht erst beim wohl größten Hit „Temptation“ um 21.25 Uhr. Der vorwärtspreschende Synthieklang jagt vertraute Botschaften von Aufbruch, Sehnsucht und Verlockung direkt in die Blutbahn und in die Synapsen, wo sie sich zum Versprechen erneuern: „Auch jetzt kann noch viel kommen, wirst Du schon sehen“.
Und immer weiter tanzen, tanzen, tanzen. Im Gloria machen die Discokugeln an diesem Abend ihrem Namen alle Ehre. Passend dazu gibt es, als erste Zugabe, „Let's dance“ von David Bowie. Auch der war Brite, auch das ist ein Stück aus den 1980ern. Fehlt noch was? Ja. „Being boiled“ von The Human League. Thematisch und bandgeschichtlich schließt sich hier der Kreis: „Das war das erste Stück, das Martyn geschrieben hat.“
Für seinen Schulfreund Phil Oakey. Der damit zum Leadsänger aufstieg. Sind wir wirklich die Besten? Jein. Auch in Oldenburg und in Portland hat es noch eine dritte Zugabe gegeben. Aber damit gehört Köln, bislang, noch immer zu den Top 3 der Tour.