Drei Experten erklären, wie der Markt funktioniert – und was Künstler auf keinen Fall tun sollten.
Experten geben AuskunftWie entsteht der Preis für ein Kunstwerk?
Schwindelerregend hoch sind die Preise, die manche Kunstwerke bei Auktionen erzielen, manchmal fällt erst bei zweistelligen Millionenbeträgen der Hammer. Und man hat das Gefühl, dass es nach oben kaum Grenzen gibt. Aber wie entstehen eigentlich die Preise für ein Kunstwerk?
Am Anfang steht eine Formel, die fast simpel daher kommt. „Höhe plus Breite mal Multiplikator“, erklärt Thomas Weber, Inhaber der Kölner Galerie Boisserée. Dieser Multiplikator resultiere aus verschiedenen „Erfolgsparametern“ – also wo und wie wurde der Künstler bislang ausgestellt (in einer Galerie, einem Kunstverein, einem Museum, auf einer Biennale – in einer Einzel- oder in Gruppenausstellungen).
Ratschlag: „Nicht übertreiben!“
Hinzukämen Preise, Lehraufträge und auch Ankäufe von einflussreichen Sammlern. „Und wenn der Künstler ein Repertoire an Bonuspunkten zusammenträgt, kann er den Multiplikator erhöhen.“
Der Ratschlag des Galeristen: „Nicht übertreiben“, denn „man sollte nicht wieder von einem hohen Preis zurückmüssen, wenn man merkt, dass die Werke sich nicht verkaufen“.
Schaffensphase entscheidend
Bei etablierten Künstlern, so Markus Eisenbeis, Geschäftsführer des Auktionshauses Van Ham, komme es auch auf die Schaffensphase an. „Bei Günther Uecker werden Werke aus der Frühphase, also der Zero-Zeit um 1960 deutlich höher bewertet, als alles, was später kam.“ Uecker ist berühmt für seine Nagelbilder. „Frühwerke können da 200 000 bis 300 000 Euro kosten, Arbeiten ganz ohne Nägel vielleicht nur ein Zehntel.“
Eisenbeis hat aber auch festgestellt, dass etwa „ein weißes Nagelfeld beliebter ist als ein schwarzes“. Weiterer Preis-Faktor: die Provenienz. „Wenn bei verfolgungsbedingtem Entzug nichts mit den Erben geklärt ist, ist etwas unverkäuflich. Wenn es aber geklärt ist und vielleicht einem berühmten jüdischen Sammler gehörte, kann es im Wert noch höher sein. Da sitzen wir dann zwischen null und 120 Prozent. Manche Faktoren können Kleinigkeiten ausmachen, andere über Hopp oder Top entscheiden.“
„Eine Frage von Angebot und Nachfrage“
„Letztlich ist es wie immer eine Frage von Angebot und Nachfrage“, bringt es Elke Buhr, Chefredakteurin des Kunstmagazins „Monopol“ auf den Punkt. Doch anders als andere Kunstwerke wie Bücher oder Filme haben Arbeiten der Bildenden Kunst „eine Doppelfunktion“, da sie „für manche auch ein Anlageobjekt, ein Wertobjekt, vielleicht sogar ein Spekulationsobjekt“ seien.
„Konzentrierter als in einem Gemälde im Hochpreissegment kann man ja Geld kaum speichern“. Es gebe dort einen „hohen Wert pro Quadratzentimeter“, so Buhrs mit einem Augenzwinkern versehenes Resümee.
Bestimmte Künstler als sichere Bank
Sie weist aber auch darauf hin, dass die Preise nur im Bereich der Auktionen transparent sind. „Es gibt die Privatverkäufe, etwa durch die Galerien, die genauso hohe Summen umsetzen, wie wir das bei den Auktionen sehen. Aber das ist halt nicht öffentlich – und macht das Ganze noch mal ein bisschen geheimnisvoller.“
Die hohen Preise bei Auktionen entstehen für Elke Buhr, weil es „immer mehr Millionäre und Milliardäre auf der Welt gibt und die sich aus einer Art Einfallslosigkeit auf die gleichen, die sogenannten Blue Chip Künstler konzentrieren“. Darunter fallen Warhol, Basquiat, Christopher Wool, Jeff Koons oder auch Gerhard Richter – allesamt bei Kauf eine sichere Bank.
Der Globale Süden wächst
Doch da ebenfalls die Zahl die Reichen im Globalen Süden wächst, wird die von dort stammende Kunst verstärkt gekauft. „Auch der asiatische Markt ist sehr stark, da gibt es sehr teure Künstler, die kennen wir gar nicht.“ Ähnliches beobachtet sie in Indien oder „in der ganzen arabischen Welt. Die Emirate gehören mittlerweile zu den größten Kunstkäufern überhaupt.“
Derzeitiges „Nachfragetief“
Derzeit registriert Elke Buhr ein „totales Nachfragetief“, das aber als „eine Marktkorrektur“ zu betrachten sei – nach dem „Boom“ während der Pandemie, „weil den Leuten wahrscheinlich langweilig war“.
Dieses Tief sei „ein selbstverstärkendes Phänomen: Wenn der Sammler mitbekomme, „dass gerade nicht gut verkauft wird, wird er auch nicht seine wertvollsten Sachen in die Auktion geben“. Entsprechend sei das Angebot der Auktionshäuser nicht so attraktiv und der Umsatz geringer. Aber der Markt werde sich genauso wieder in die andere Richtung entwickeln.