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Ausstellung in Düsseldorf„Tod und Teufel“ widmet sich dem Bösen und dem Grusel

Lesezeit 4 Minuten
Das Werk „Rotes Gestell der Geschändeten und Unwilligen, 2018“ von King Cobra (Doreen Garner)

Das Werk „Rotes Gestell der Geschändeten und Unwilligen, 2018“ von King Cobra (Doreen Garner)

Besucher der Düsseldorfer Schau sollten starke Nerven und keinen empfindlichen Magen haben. Denn die Darstellungen hier sind teilweise drastisch.

Sie erinnert an die eigene Vergänglichkeit, diese Herbstausstellung im Kunstpalast Düsseldorf. Ein schwarzer Sarg, ein Trauergewand oder eine halb im Müllsack versteckte Puppe in der Mitte des Ausstellungsraumes, bei der man erwartet, dass sie gleich aufspringt und „Buh!“ ruft, sorgen für makabres Flair. Die Schau mit dem Titel „Tod und Teufel“ erkundet das Horrorgenre, seine Wurzeln und wie sich das Böse und Schaurige durch alle Gattungen der Kunst zieht.

Die Puppen „Draculaura“ (l) und „Frankie Stein“ (r) aus der „Monster-High-Serie“ von Mattel

Die Puppen „Draculaura“ (l) und „Frankie Stein“ (r) aus der „Monster-High-Serie“ von Mattel

Zugegeben: Einen empfindlichen Magen sollte man als Besucher nicht haben. Die Motive und Darstellungsformen sind drastisch und spielen mit den Grenzen des Ekelerregenden: So zeigt eine um 1600 entstandene Skulptur den Heiligen Bartholomäus, der seinerzeit lebendig gehäutet worden sein soll und seine abgezogene Haut nun wie ein Gewand mit sich herumträgt.

Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

In der Fotoserie „The Morgue“ des US-amerikanischen Künstlers Andres Serrano werden die — durch Masken unkenntlich gemachten — Leichen von Gewaltopfern auf dem Seziertisch des Gerichtsmediziners in Szene gesetzt. Viele Exponate überschreiten Grenzen, stoßen ab, provozieren. Doch die Schau will nicht nur um des Schockierens willen schocken.

Objekte von Mary-Audrey Ramirez

Objekte von Mary-Audrey Ramirez

Beginnend im Mittelalter erstreckt es sich über Barock und Romantik bis ins 20. und 21. Jahrhundert. Und in jedem Abschnitt wird deutlich: Der Horror hat immer eine Aufgabe, transportiert Botschaften und ist ein Spiegel der Ängste seiner Entstehungszeit.

Das Werk „Bona Fide Erstechen, 1999“ von Via Lewandowsky

Das Werk „Bona Fide Erstechen, 1999“ von Via Lewandowsky

Im Mittelalter waren beispielsweise die Darstellungen des Teufels und der Hölle religiös konnotiert und sollten die Menschen vor den Konsequenzen eines sündhaften Lebens warnen. Im Gemälde „Hölle“ von Friedrich Wilhelm von Schadow und Schüler lässt der dem Betrachter starr ins Gesicht blickende Luzifer, der über den leidenden Sündern thront, das eindeutig werden.

Kritische Bezüge zur aktuellen Politik

Die barocke Statue des gehäuteten Bartholomäus ist derweil nicht nur eine Erinnerung an den Märtyrer, sondern gibt der Nachwelt auch Aufschluss über das große Interesse, das die Menschen zu dieser Zeit an der Erforschung der Anatomie hatten. Und Filme wie „Nosferatu“ (1922) oder „Das Kabinett des Dr. Caligari“ (1920), aus denen einige Sequenzen gezeigt werden, waren durch ihre Technik und ihren Stil nicht nur wegweisend für das Genre, sondern für das gesamte, damals noch junge, Medium des Films. „Tod und Teufel“ veranschaulicht auch, wie Horror in der heutigen Zeit auf der Leinwand, in Mode und Musik seine system- und sozialkritische Funktion erfüllt und politische Kommentare enthält. So nimmt etwa die siebte Staffel der US-Serie „American Horror Story“, deren Trailer gezeigt wird, direkten, kritischen Bezug zu Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten.

Mary Sibande bedient sich in ihrer Fotografie „To Everything There is a Season“ religiöser Symbolik wie Kirchenfenster und Heiligenstatuen, um den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika zu verarbeiten. Die vampirhaft gestalteten Puppen aus der „Monster High“-Reihe des Spielzeugherstellers Mattel sollen derweil als Symbol für Individualität und Akzeptanz dienen, auch wenn sie nicht der „Barbie“-Norm entsprechen.

Angetrennte Körperteile an Fleischerhaken

Besonders explizit ist die Botschaft in Werken wie der Installation „Red Rack of Those Ravaged and Unconsenting“ (Rotes Regal der Verwüsteten und Unwilligen) der Künstlerin Doreen Garner alias King Cobra: Sie zeigt abgetrennte Körperteile afroamerikanischer Frauen, die wie beim Metzger in grellrotem Licht an Fleischerhaken aufgehängt sind. Garniert mit Perlen, Edelsteinen und spitzen Nadeln wirken sie abstoßend und auf makabre Weise ästhetisch zugleich. Die so inszenierten Arme, Brüste und Torsos dienen als Mahnmal und Erinnerung an Sklavinnen, die gegen ihren Willen für grausame gynäkologische Experimente missbraucht wurden, an denen sie nicht selten starben.

„Tod und Teufel“ zeigt: Horror kann mehr als „Buh!“- Rufe und billige Schreckmomente, sondern erzählt von Menschen und ihren Ängsten, Wertvorstellungen und Geschichten. All das ist nur eben gut unter einer Menge Fleisch und Blut versteckt.


Die Schau

Die Ausstellung „Tod und Teufel. Faszination des Horrors“ ist bis zum 21. Januar 2024 im Kunstpalast Düsseldorf, Ehrenhof 4-5, zu sehen. Geöffnet ist die Schau dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 21 Uhr. Besucher unter 18 Jahren haben freien Eintritt. (crb)