Die letzte RundeInterview mit „Lindenstraße“-Produzentin vor dem Staffelstart
- Die „Lindenstraße“ kommt an diesem Sonntag mit neuen Folgen aus der Sommerpause zurück.
- Im März 2020 ist dann endgültig Schluss mit der Kultserie.
- Ein Gespräch mit der Produzentin Hana Geißendörfer.
Ring frei für die letzte Runde: An diesem Sonntag, dem 11. August, kommt die „Lindenstraße“ ein letztes Mal aus der Sommerpause zurück, die Episode 1727 läuft um 19.30 Uhr im Ersten. Nächstes Jahr im März wird die Kultserie mit Mutter Beimer und Co. nach 35 Jahren Laufzeit dann endgültig eingestellt. Erfunden wurde die „Lindenstraße“ in den achtziger Jahren vom Autorenfilmer Hans W. Geißendörfer, seit vier Jahren ist auch seine Tochter Hana Geißendörfer als Produzentin für die in Köln gedrehte Serie zuständig. Mit ihr sprach GA-Autor Martin Weber.
Frau Geißendörfer, die „Lindenstraße“ wird bald eingestellt. Wie ist die Stimmung im Team?
Hana Geißendörfer: Die ist gemischt, würde ich sagen, da gehen viele Gefühle und Stimmungen durcheinander.Wie äußerst sich das?
Für viele altgediente Darsteller und Teammitglieder ist die „Lindenstraße“ ein sehr langer Lebensabschnitt. Wir sind alle sehr traurig, dass es nun zu Ende geht. Aber: Wir produzieren zum Schluss noch ein paar richtig gute Folgen zusammen!
Hat es Sie überrascht, als die ARD das Aus verkündete?
Ja.
Stand die Serie nicht schon seit Jahren auf der Kippe?
Üblich war, der unser Produktionsvertrag alle zwei bis drei Jahre mit dem Sender verlängert werden musste. Die letzten Vertragsverlängerungen waren keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Das Aus hätte mich aber 2016 weniger überrascht als diesmal, weil wir meiner Einschätzung nach auf einem guten Weg sind, die Serie zu modernisieren. Vor einigen Jahren hatten wir mehr Baustellen.
Was sagen die Zuschauer zum Aus des Dauerbrenners?
Viele sind bestürzt, wir bekommen jede Menge Zuschriften. Es gab sogar Demonstrationen für den Erhalt der „Lindenstraße“. Da herrscht viel Aufregung unter den Fans. Das ist ein Zuspruch, der uns natürlich sehr freut und viel Energie gibt.
Gedreht wird noch bis Dezember. Wie geht es bis zum Finale mit der Serie weiter?
Ich kann versprechen, dass noch einiges geboten wird, außerdem dürfen sich die Zuschauer auf ein Wiedersehen mit ein paar alten Figuren aus der langen Geschichte der „Lindenstraße“ freuen.
Wen meinen Sie?
Man wird zum Beispiel Benny Beimer und Momo Sperling noch mal zu sehen bekommen.
Sind Sie denn sauer, dass die „Lindenstraße“ eingestellt wird?
Eher enttäuscht.
Die Einschaltquoten sind seit Jahren rückläufig, oder?
Ja, da haben Sie recht. Aber man muss berücksichtigen, dass das auch dem Wandel der Zeit geschuldet ist. Zudem ist die „Lindenstraße“ in den vergangenen Jahren öfter im Ersten ausgefallen und lief nur in One. Oder die Sendezeit wurde verschoben, was natürlich nicht gerade die Zuschauerbindung fördert. Trotzdem möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass von 2017 auf 2018 die Quote im Durchschnitt leicht gestiegen ist.
Hatten Sie also Hoffnung?
Aus meiner Sicht stellt sich in dem Zusammenhang die Frage, ob ein öffentlich-rechtlicher Sender nur auf die Quote gucken sollte. Ich bin sehr gespannt, welches Format zukünftig auf unseren Sendeplatz regelmäßig um die zwei Millionen Zuschauer erreicht.
Ein anderes Argument für das Aus sind die Kosten. Ist die „Lindenstraße“ zu teuer?
Unsere Kosten sind in den vergangenen Jahren nicht gestiegen. Wenn man sich das Format nicht mehr leisten will, ist das natürlich was anderes.
Sie sind erst seit vier Jahren die hauptverantwortliche Produzentin. Hätten Sie gedacht, dass es doch nur so kurz wird?
Nein.
Als die „Lindenstraße“ 1985 startete, waren Sie ein Jahr alt. Die Serie hat Ihr Vater erfunden und lange Zeit produziert. War die „Lindenstraße“ immer ein Teil Ihres Lebens?
Schon, aber ich bin in London aufgewachsen und habe das alles als Kind gar nicht so genau mitgekriegt. Ich hatte nicht viele Berührungspunkte mit der „Lindenstraße“ und wusste ehrlich gesagt anfangs auch nicht, was es damit auf sich hat. Natürlich hat mich mein Vater irgendwann mal mit ins Studio in Köln genommen, um mir seinen Arbeitsplatz zu zeigen.
Wie haben Sie das erlebt?
Damals durfte noch überall geraucht werden, es roch in den Produktionsbüros nach Qualm in alten Teppichen. Das war furchtbar, weil ich es als Kind gehasst habe, wenn Erwachsene rauchten. Diesen Geruch habe ich immer noch in der Nase, wenn ich daran denke (lacht).
Waren Sie nicht fasziniert von den Fernsehkulissen?
Eigentlich nicht, ich war sechs Jahre alt. Als ich älter wurde, hat mich das zunehmend interessiert. Ich bin nach meinem Filmstudium bei der Serie eingestiegen, erst als Praktikantin, dann als Regieassistentin und Drehbuchautorin. Als Kind hat mich die „Lindenstraße“ nicht angesprochen, das war halt die Arbeit meines Vaters.
Was sagt Ihr Vater zum Ende der Serie?
Das geht ihm schon nahe, die „Lindenstraße“ ist schließlich sein Lebenswerk. Aber er sieht es auch sportlich. Wir wollen noch ein besonderes halbes Jahr abliefern, damit die Serie in bester Erinnerung bleibt.
Und wie geht es in der letzten Folge im März 2020 zu Ende?
Das verrate ich nicht. Ich kann nur sagen, dass noch einiges passiert.
Was könnte das sein?
Zwei Todesfälle, eine Hochzeit und eine Geburt. Mein Vater und ich spielen auch noch einmal mit.
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Zur Person
Geboren 1984 in London. Sie wächst in der britischen Hauptstadt und auf der griechischen Insel Rhodos auf.
Ihr Vater ist der Regisseur und Produzent Hans W. Geißendörfer, der die Serie „Lindenstraße“ seit 1985 produziert.
Hana Geißendörfer studiert Volkswirtschaftslehre in Bristol und absolviert ein Masterstudium in Regie an der Filmschule in Paris. Sie führt Regie bei mehreren Kurzfilmen, arbeitet als Regieassistentin und Produktionsleiterin.
Seit 2008 lebt Hana Geißendörfer in Deutschland. Ab 2013 schreibt sie zunächst Drehbücher für die „Lindenstraße“, seit 2015 ist sie hauptverantwortliche Produzentin der Serie.
Lindenstraße
Erstausstrahlung: 8. Dezember 1985, 18.40 Uhr in der ARD. Am 30. Januar 2005 strahlt der Sender die 1000. Folge aus.
Die Handlung spielt in München, gedreht wird allerdings auf einem Studiogelände des WDR in Köln-Bocklemünd. Im Mittelpunkt stehen Familiengeschichten aus der Straße, die Serie greift jedoch auch regelmäßig gesellschaftspolitische Themen auf.
Im November 2018 gibt die ARD bekannt, dass sie den Produktionsvertrag mit der Geißendörfer Film- und Fernsehproduktion nicht verlängern wird.
TV-Tipp
Lindenstraße, Folge „Der Hof“, So 11. August, 19.30 Uhr.