Depeche Mode beenden in Köln ihre „Memento Mori“-Welttournee mit drei ausverkauften Konzerten.
Konzert in Lanxess-ArenaDepeche Mode beenden in Köln ihre Tournee – mit kleinem Wermutstropfen
Sein weißes Sakko fliegt bereits nach dem zweiten Song in die Ecke. Beim dritten singt dann der ganze Saal. Dave Gahan, Frontmann der Kultband Depeche Mode, stimmt den Hit „Walking In My Shoes“ an. Die Nummer vom Erfolgsalbum „Songs Of Faith And Devotion“ (1993) zündet sofort. Fast alle der knapp 20 000 Fans sind da bereits von ihren Sitzen in der Lanxess Arena aufgesprungen – und tanzen.
Ist es Zufall oder nicht, dass die Briten ausgerechnet in Köln ihre im März letzten Jahres in Sacramento gestartete Welttournee zum aktuellen 15. Album „Memento Mori“ beenden? Drei Shows finden hier statt, alle ausverkauft. Bereits ins erste Konzert strömen die Fans in Scharen, manche sogar im Karnevalskostüm. Viele von ihnen erlebten ihre Lieblingsband sicher schon letzten Sommer in Düsseldorf. Da wich die Setlist geringfügig ab. Wer Depeche Mode liebt, reist gerne hinterher. Gerade in Deutschland ist die Fanbase riesig.
Sexy Hüftschwünge
Das ist gut zu verstehen. Sänger Gahan und Keyboarder und Gitarrist Martin Gore, die beiden letzten Mitglieder der anfangs vierköpfigen Synthie-Pop-Band der 80er, zelebrieren sich und ihre Musik.
So tänzelt sich der 61-jährige Gahan mit sexy Hüftschwüngen und hochgeworfenen Armen durch die gut zweistündige Show. Immer wieder geht er in die Hocke und wippt locker wie bei einer Dehnübung. Dann streicht er sich durch die nach hinten gekämmten Haare, dreht Pirouetten, liebkost den Mikrofonständer oder stolziert zum Bühnenrand, um sich dann abrupt wegzudrehen.
Der 62-jährige Gore hingegen torkelt mit Gitarre auch mal im Zombieschritt über die Bühne. Sein Gesicht fast immer schmerzverzerrt, seine Soli minimalistisch.
Zeitlose Qualität der Hymnen
Erstaunlich gut sitzt Gahans Bariton. Über die zeitlose Qualität der mollgetönten Depeche-Mode-Hymnen muss nicht diskutiert werden. Sie sind eingängig, aber immer auch schön wabernd elektronisch. Im siebten Stück „Everything Counts“ eilt Gahan endlich über den Bühnensteg in die Menge, die im Takt mitklatscht.
Der Mittelteil des Konzerts startet mit der jüngsten Singleauskopplung „Before We Drown“, einem atmosphärisch mit Streicherflächen unterlegten Stück. Das Schwarzweiß-Video von Anton Corbijn läuft dazu im Hintergrund.
Nun singt auch Gore zwei Songs, nur mit Pianobegleitung von Peter Gordeno. Dem 1987er Hit „Strangelove“ folgt das ruhige „Home“ vom Album „Ultra“ (1997). Gores Stimme ist zwar etwas heiser bei diesem 110. Auftritt der Welttournee, doch auch er bewegt die Massen und dirigiert die mitsingenden Fans bis hin zum leisen Ausklang. Ein ergreifender Moment, denn der Song entstand in der düstersten Zeit der Band. Damals starb Gahan fast an seinen Drogenproblemen. Gut zu verstehen, dass Gore ihn am Ende des Songs in die Arme nimmt.
Ein Song für Andy Fletcher
Danach geht es rockiger weiter, auch da Keyboarder Gordeno in „A Pain That I’m Used To“ zur zweiten Gitarre greift. Powerdrummer Christian Eigner gibt noch mal Gas, wenn das überhaupt geht. Beide Musiker gehören seit den späten 90ern zur Band auf Alben und in Liveacts. Sie formten den Sound von Depeche Mode mit, und Giordano kitzelt in „Enjoy The Silence“ aus seinem Moog-Synthesizer das abgefahrenste Solo des Abends.
Mit „Behind The Wheel“ erinnern Gahan und Gore an den vor zwei Jahren verstorbenen Keyboarder Andrew Fletcher. Mit dem 1995 freiwillig ausgeschiedenen Keyboarder Alan Wilder prägte er seit den frühen 80ern die legendärste und innovativste Bandphase. Mit dabei aus jener Ära ist der Titeltrack des düsteren fünften Albums „Black Celebration“ (1986).
Ein Wermutstropfen
Merkwürdig nur die kurzen Pausen nach gefühlt jedem Song des Sets. Dann wischt sich der bald nur noch mit Weste über nacktem Oberkörper singende Gahan den Schweiß aus dem Gesicht – zwei der Handtücher landen später im Publikum. Diese Stops nehmen der an sich grandiosen Show etwas die Spannung. Und gerade Depeche Mode sind doch die Meister der fließenden Übergänge. Das jedoch ist der einzige Wermutstropfen ihres mit Welthits wie „Just Can’t Get Enough“ und „Personal Jesus“ endenden Auftritts.
Zwei weitere Konzerte am Freitag (5. April) und Montag (8. April), jeweils 20 Uhr.