Mal Bürgerrechtler, mal Bruchpilot: Zum 70. Geburtstag des afroamerikanischen Hollywoodstars Denzel Washington.
Denzel Washington wird 70Brillant als Schauspieler im Guten wie im Bösen
Um 1960 herum hat Sidney Poitier Hollywoods Tore für schwarze Schauspieler weit aufgestoßen. Vom überdrehten Eddie Murphy bis zum nachdenklichen Morgan Freeman sind ihm viele gefolgt, doch niemand hat sich je eine so schillernde Rollenpalette erspielt wie Denzel Washington.
Der vor 70 Jahren am 28. Dezember 1954 in Mount Vernon/ New York geborene Predigersohn ist als Freiheitskämpfer so glaubhaft wie als Gangster, als Boxer so präsent wie als betrunkener Bruchpilot.
Am Anfang seiner Karriere setzt er politische Zeichen gegen Rassendiskriminierung: Für seinen südafrikanischen Aktivisten Steve Biko im Anti-Apartheidsdrama „Schrei nach Freiheit“ bekommt er 1987 die erste Oscar-Nominierung. Und drei Jahre später nimmt er für „Glory“ als Soldat einer schwarzen Nordstaateneinheit im Bürgerkrieg die Trophäe als bester Nebendarsteller in Empfang.
Denzel Washington ist als Freiheitskämpfer so glaubhaft wie als Gangster
Den ersten mimischen Meilenstein setzt er 1992 als Black-Muslim-Führer in Spike Lees Biopic „Malcolm X“. Er gibt der provokanten Figur alles: den tänzelnden Übermut des Jungganoven in Harlem, den heiligen Ernst des im Gefängnis bekehrten Moslems, die Gefallsucht des Aufsteigers in Elijah Muhammads „Nation of Islam“, den Fanatismus des Einpeitschers gegen die „weißen Teufel“. Und schließlich die Tragik eines Mannes, der just dann von den heimtückischen Glaubensbrüdern erschossen wird, als er seinen eigenen Rassismus gegen Toleranz eingetauscht hat.
Den eigentlich fälligen Oscar bekommt stattdessen Al Pacino für „Der Duft der Frauen“, doch der Unterlegene kann auch anders. In Antoine Fuquas Cop-Thriller „Training Day“ verkörpert er den korrupten Polizisten mit einer lässig-diabolischen Verve, die der Jury 2002 keine andere Wahl lässt: Als erst zweiter afroamerikanischer Hauptdarsteller nach Sidney Poitier bekommt Denzel Washington den Academy Award.
Seine schauspielerische Brillanz im Guten wie im Bösen beweist er fortan immer wieder. Mag Norman Jewisons „Hurricane“ den Fall des fälschlich als Mörder verurteilten Mittelgewichtsboxers Rubin Carter auch arg moralisierend nacherzählen, so überbrückt das Charisma des Stars manche Durststrecke. Als „American Gangster“ Frank Lucas darf der dann wieder die Schattenseiten seines Leinwandcharakters funkeln lassen. An Thanksgiving wirft er für die Armen in Harlem Truthähne von der LKW-Rampe, ansonsten flutet er das Viertel mit Heroin…
Washington gewann als zweiter afroamerikanischer Hauptdarsteller einen Oscar
Privat ist Denzel Washington übrigens gläubiger Christ, seit 41 Jahren mit seiner Frau Pauletta verheiratet und vierfacher Vater. Die große Familie, so gestand er kürzlich, sei nicht ganz schuldlos an seiner manchmal nicht ganz so kritischen Rollenwahl gewesen. Allerdings adelt seine unangestrengte Präsenz auch schwächere Werke wie den Serienmörderkrimi „Der Knochenjäger“.
In romantischen Rollen sieht man den attraktiven Darsteller erstaunlich selten, „Rendezvous mit einem Engel“ neben Whitney Houston bleibt eine der seltenen Ausnahmen.
In der reinen Männerwelt des amerikanischen Atom-U-Boots in „Crimson Tide“ liefert sich Washington als Offizier am Rand des Dritten Weltkriegs ein nervenzerrendes Duell mit dem aggressiven Kommandeur Gene Hackman. Und trotzdem sieht man es, jenes blendende Lächeln als kurz aufzuckendes Überlegenheitssignal.
Seine besten Leistungen bringt er in moralischen Grauzonen
Seine besten Leistungen bringt der Vielbeschäftigte in moralischen Grauzonen oder als angeknackste Figur. Etwa in Tony Scotts „Mann unter Feuer“, wo er als schuldbeladener Alkoholiker einen Leibwächter-Job in Mexiko übernimmt, seine Schutzperson (Dakota Fanning) an Kidnapper verliert und alles daran setzt, den Fehler wieder gutzumachen. Ein Wrack mit Prinzipien.
So sieht man ihn auch in „Flight“ als drogensüchtigen Piloten, dem zwar eine kühne Notlandung gelingt, aber gleichwohl der Prozess gemacht wird.
Washington arbeitet oft mit vertrauten Regisseuren, allein fünfmal mit Tony Scott bis zu dessen Selbstmord im Jahr 2012. Ebenso oft agierte er vor der Kamera von Spike Lee (unter anderem „Inside Man“), wobei das letzte gemeinsame Werk „Highest 2 Lowest“ erst demnächst in die Kinos kommt. Die magische Fünf steht auch bei Antoine Fuqua – wobei dieser seinen Star gleich dreimal als „The Equalizer“ inszenierte: einen ebenso gerechten wie gnadenlosen Rächer.
Nach all diesen Kassenerfolgen, den zwei Oscars, drei Golden Globes und eigenen Regie-Arbeiten („Fences“) muss Denzel Washington längst nichts mehr beweisen – und doch rettete er zuletzt auch noch den ansonsten enttäuschenden „Gladiator II“.