Crime CologneKlaus-Peter Wolf stellt seinen neuen Ostfriesenkrimi vor
Köln – Alle Züge, die ans äußerste Ende des ostfriesischen Festlands führen, enden hier. In der Stadt, in der der in Gelsenkirchen geborene Klaus-Peter Wolf 2003 seine Wahlheimat fand. Vier Jahre später ließ er dort erstmals Hauptkommissarin Ann Kathrin Klaasen ermitteln.
Die Reihe um die unkonventionelle Ermittlerin, die sich auch schon mal nackt an einen Tatort legt, um den Geist des Geschehens auf sich wirken zu lassen, entwickelte sich zum Bestseller, wurde verfilmt, ist unter Ostfriesen-Fans Kult. Inzwischen gibt es in Norden-Norddeich Krimi-Stadtführungen und -Bustouren für Touristen.
In „Ostfriesennacht“ lässt der 65-Jährige die Heldin mit dem Seehund-Handyton und ihr Team jetzt zum 13. Mal ermitteln. Ende Juni ist, im gleichen Verlag, mit „Todesspiel am Hafen“ der letzte Band der Sommerfeldt-Trilogie erschienen. Als Ich-Erzähler fungiert da ein feingeistiger Mörder mit traumatischer Vita, der sich unter falschem Namen als Hausarzt in Norddeich niedergelassen hat. Im Crossover beider Reihen führt ihn Wolf mit Kommissarin Klaasen zusammen.
Bei einer „Warm Up-Lesung“ zum Festival „Crime Cologne“ (23. bis 29.9.) stellt er beide Bücher am 5. September in der Mayerschen Buchhandlung vor. Die musikalische Begleitung übernimmt Wolfs Lebensgefährtin, die Sängerin und Liedermacherin Bettina Göschl, mit der er ja auch schon Kinderkrimis und -CDs produzierte.
Man darf selbst mitraten, wer der Täter ist
Für Fans der Polizeibeamtin mit dem fast schon übersinnlichen Draht zu Taten und Tätern ist „Ostfriesennacht“ wie nach Hause kommen. Bekannte Personen, bekanntes Ambiente, bekannte Requisiten, bis hin zu den Marzipanseehunden aus dem Café ten Cate. Trotzdem gelingt es auch Erstlesern, rasch Zugang zu finden. Dafür ist der Fall als solcher – ein Serientäter hat schöne Touristinnen mit Tier-Tattoos im Visier, die allein in Ferienwohnungen leben – packend genug.
Die Details stellen sich zwar als grauslich heraus, aber Wolf ist nicht der Typ, der genießerisch-voyeuristisch das Morden aus Lust schildert. Er schreibt Krimis. Keine Thriller. Ganz und gar oldschool darf man bei ihm mitraten, wer der Täter ist, nimmt Anteil am Privatleben der Protagonisten und ertappt sich zwischendurch dabei, dass man freie Ziomme in Norddeich googelt.
Der dritte Teil der Sommerfeldt-Serie
Weitaus sperriger: „Todesspiel im Hafen“. Wer das Pech hat, die ersten Bände der Sommerfeldt-Serie nicht zu kennen, muss anfangs rätseln, wer wer ist. Etwa Cordula, die Ex-Sprechstundenhilfe des mörderischen Doktors, die mit ihm eine Bonnie-and-Clyde-Allianz einging. Auch die Sommerfeldtsche Vorgeschichte wird nicht noch einmal rekapituliert. Ehe man ihm in Band 3 als Insassen der JVA Meppen begegnet, erfährt man als Neu-Leser zumindest, dass ihn Ann Kathrin Klaasen am Ende von Band 2 verhaftet hat. Schlecht geht es ihm aber nicht: der Serienkiller ist zum Medienstar mutiert, Verlage wetteifern um seine Memoiren, Frauen machen ihm reihenweise brieflich Avancen.
Da Sommerfeldts todbringender Spielraum hinter Gittern naturgemäß begrenzt ist, steht fest: er muss raus. Und das gelingt ihm dann auch. Leider hat sich bis dahin etwas eingestellt, was sich in Krimis niemals einstellen sollte: Langeweile. Zu episch walzt Wolf die literarischen Ambitionen eines Protagonisten aus, der zuvor, in seinen besten Momenten, so wirkte wie ein ostfriesisch angehauchter Mix aus Graf von Monte Christo, Robin Hood für entrechtete Frauen und Hannibal Lecter ohne Vorliebe für humane Delikatessen. Hier kommt er, trotz des hübsch schnoddrigen Tons in den ersten rund 100 Seiten allzu selbstgefällig rüber.
Wer trotzdem weiter liest, gerät aber erneut in Sommerfeldts Sog und wird mit einem bis zuletzt äußerst spannenden „Roadmovie“ belohnt, das vom Emsland nach Friesland und Franken führt. Der Antiheld mit den drei Persönlichkeiten, der zwar Männer eiskalt töten kann, aber Frauen gegenüber wehrlos ist, gewinnt eingangs verlorene Sympathien kiloweise zurück. Nicht nur dadurch, dass er nun Freundschaften schließen kann, sondern auch dadurch, dass er endlich die Konfrontation mit seiner größten Angst wagt: Er besucht seine Mutter.
Bücher und die Kölner Lesung
Bücher: Ostfriesennacht. Der dreizehnte Fall für Ann Kathrin Klaasen. Fischer Taschenbuch, 474 S., 10,99 Euro. Todesspiel im Hafen. Sommerfeldt räumt auf. Fischer Taschenbuch, 381 S., 10,99 Euro.
Lesung: Samstag, 5. September, 20.15 Uhr, Mayersche Buchhandlung, Neumarkt 2 (Neumarkt-Passage). Infos & Tickets finden Sie hier.