Zum zweiten Mal spielt der Wahl-Kölner Chilly Gonzales auf dem Roncalliplatz - und legt sich einmal mehr mit den Wagner-Fans an.
Chilly Gonzales in KölnKampf gegen Antisemitismus auf dem Roncalliplatz
Paukenschläge knallen über den Roncalliplatz. „Fuck Wagner“, skandiert Chilly Gonzales und teilt noch mehr Beschimpfungen aus. Dass exakt zur selben Zeit in Bayreuth die Festspiele eröffnet werden – Zufall. Hier läuft nun ein zweistündiges Chilly-Gonzales-Festspiel.
Der Song geht nicht gegen die Musik des Komponisten, sondern gegen dessen Person, gegen die Kölner Richard-Wagner-Straße und vor allem gegen Antisemitismus. Gonzales wäre nicht „Gonzo“ (wie ihn seine Freunde nennen), wenn er den Ball intellektuell flach halten würde.
Sensationelle Version von "Private Dancer"
Der Text endet damit, dass wir alle von etwas getriggert würden und auch alle irgendwie Trolle seien, „we are all Richard“, und Kanye West sei der neue Wagner. Song und Aufruf zur Umbenennung in Tina-Turner-Straße, derzeit ganz hoch auf der Gonzo-Agenda, bekommen angemessenen Applaus.
Zu Ehren Turners, die Köln eine Zeit lang genau wie Gonzales zur Wahlheimat gemacht hat, singt Peaches als Überraschungsgast eine spektakuläre Interpretation von „Private Dancer“.
Ofenfrische Songs
Überraschungen, Bekanntes, Neues und Improvisiertes – damit liegt Gonzales bei den 3000 Fans genau richtig. Stücke aus dem neuem Rap-Album „Gonzo“ (erscheint im September) sind noch ganz „ofenfrisch“, wie er sagt.
Der Titelsong ist eine künstlerische Positionsbestimmung, ein hier sitze ich und kann nicht anders, „I.C.E.“ eine Smalltalk-Collage aus einem verspäteten Zug und die Essenz dessen, wie der gebürtige Kanadier Deutschland wahrnimmt. Das hat musikalische Power und viel Wortwitz.
Überraschend guter Sound
Instrumentaltitel spielt Gonzo selbstverständlich auch, verträumt und verjazzt, verspielt und lyrisch. Das Die Tontechnik bringt auch kleine Töne und Nuancen effektvoll in den großen öffentlichen Raum. Das Rauschen der Brunnen und der Ruf des Falken geben ein Weiteres dazu, dass der weite Platz gefühlt zur coolen Strandbar zusammenschnurrt, wo ein erstklassiger Pianist aufspielt. Die Band unterstützt mit Schlagzeug, Cello, akustischem Bass und Geige beziehungsweise Synthesizer.
Draußen bei den Leuten spielen anstatt im Elfenbeinturm der Philharmonie will Gonzales, und mischt sich bei der Zugabe „Surfing the Crowd“ ausgelassen mitten unter die feiernden Leute vor der Traumkulisse des Doms.