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Bundeskunsthalle BonnBei dieser Ausstellung kann man sich sportlich austoben

Lesezeit 3 Minuten
Die bunte Variante der Torwand kann beschossen werden.

Vom „Aktuellen Sportstudio“ zur Bundeskunsthalle: Die bunte Variante der Torwand kann beschossen werden.

Zeitgenössische Arbeiten von 15 Künstlern laden in der aktuellen Schau „Interactions“ ein zum Ausprobieren, Mitmachen und Mitdenken.

„Bitte bringen Sie Ihren eigenen Schläger und Bälle mit!“ Eine Aufforderung, die man nicht in einem Museum erwartet. Auch bei Basketballkörben, Fußballtorwänden und einer Rutschbahn denkt man eher an Sport und Freizeit. Mit dem Sommerprogramm „Interactions“ wird die Bonner Bundeskunsthalle ab Sonntag zum Riesenspielplatz. Zeitgenössische Arbeiten von 15 Künstlern und Künstlerinnen laden ein zum Ausprobieren, Mitmachen und Mitdenken.

Ausstellung in Bonn: Spaß auf dem Dach

„Das Ganze ist Teil einer großen Strategie: Wir wollen das Haus nach Corona wieder beleben“, sagt Intendantin Eva Kraus. „Gleichzeitig wollen wir an die Tradition der großen, schönen Ausstellung auf dem Dach anknüpfen.“ Solche wie „Ärger im Paradies“ (2015) oder das „Playground Project“ (2018).

Derzeit durchziehen blaue Teppichbahnen das mehr als 1000 Quadratmeter große Areal in luftiger Höhe. Es könnten Flüsse sein oder Wege, denen man mit Augen und Füßen folgt. Umhäkelte Spielbälle laden dazu ein, sie die Pfade entlang zu rollen. Mit Sisal ummantelte, handgefertigte Basketbälle warten darauf, einen der Körbe anzuvisieren. Die Platten, an denen die Körbe hängen, ziert jeweils ein Stück Teppichstoff, gerahmt wie ein Bild.

Es geht um mehr als das reine Spiel

„Es geht nicht nur ums reine Spiel“, betont Kuratorin Susanne Kleine, „die Künstlerinnen und Künstler haben auch ganz neue Ebenen mit hineingebaut, um Gedankenräume zu öffnen.“

„Verflechtungen“ (2023) nennt Nevin Aladağ ihre Symbiose aus traditioneller orientalischer Knüpfkunst und Basketball. Der Anblick der normalerweise Innenräumen vorbehaltenen Teppiche unter freiem Himmel wirkt irreal. Nur zu real dagegen: die Herstellung der kleinen Bälle und der Häkel-Ummantelungen ihrer großen Geschwister. Sie wurden von geflüchteten Frauen gefertigt.

Dazu, das Haus als „willkommensaffinen Ort“ neu zu gestalten, „der ganz viele Menschen zum Verweilen einlädt“ (Eva Kraus) trägt auf dem Dach nicht nur der neue „Roof Top Kiosk“ mit Gastronomie bei.

In ihrer Farbgebung, leuchtend blau mit weißer Schrift lackiert, lassen die Bänke der USKünstlerin Finnegan Shannon an ägäische Inseln denken. Und wirken hier auf dem Dach, in Licht und Luft und Sonne, ähnlich erholsam.

Draufhalten und Nachdenken

Sie sind Teile der Serie „Do you want us here or not“ (2023), bei der Bänke, Stühle und Liegen diejenigen, die sie erblicken, mit Slogans direkt ansprechen. Erstmalig für die Bundeskunsthalle in Edelstahl auch für draußen konzipiert. „Ich möchte Zeit mit dem Himmel und der Brise verbringen“, lautet etwa (übersetzt) einer der Sätze, die man da lesen kann. „Ich mag es, hier zu verweilen“ ein anderer. Und der dritte fasst ironisch in Worte, was sicher viele denken, die auf den Aufzug verzichtet und stattdessen die steile Treppe nach oben erklommen haben: „Es war hart, hierhin zu kommen.“

Gespielt wird auch in den Innenräumen. Speziell für „Interactions“ hat der bekennende Fußballfan Olaf Nicolai eine Outdoor-Variante seines Croy, Kleff und Maier gewidmeten Camouflage-Torwand-Dreiteilers herstellen lassen. Man kann einfach nur draufhalten, ja, aber man kann auch über Sportgeschichte nachdenken, über modische Designs oder darüber, welche Rolle Camouflagekleidung beim Militär spielt.

Ryan Gardeners animatronische Maus im Treppenhaus, die, putzig wie Stuart Little, in Bodennähe aus einem Loch in der Wand herauslugt und versucht, eifrig und schüchtern und sich verhaspelnd, eine Geschichte zu erzählen. „I…I…I!“ Was will sie uns bloß sagen? Nicht nur Kinder schmelzen dahin.

Im Foyer steht Klara Hobzas „Animaloculomat“ (2017), der futuristisch-nostalgische Fotoautomat, der Aufnahmen mit den Augen von Tieren macht. Wie sieht mich ein Tintenfisch? Oder ein Pferd? Oder eine Fledermaus? Während mich andere Menschen von außen im Spiegel sehen und kommentieren: „Ein bisschen höher setzen!“, „Ein bisschen mehr lächeln!“, „Den Kopf ein Stück mehr nach links!“.

Kunst, im wahrsten Sinne des Wortes, spielerisch zu präsentieren, als etwas, an dem man aktiv und gemeinsam teilhaben kann, nimmt ihr den Ruch des Elitären und Singulären. Es weckt Neugier, löst Grenzen auf, forciert Offenheit. Und erhöht dabei den Spaßfaktor ganz immens.