Popstar Robbie Williams kommt zur Deutschlandpremiere des Films „Better Man“ nach Köln.
„Better Man“Robbie Williams erzählt sein Leben aus Sicht eines Affen – zu Gast in Köln
Charme und Schlagfertigkeit, das würde Popstar Robbie Williams (50) auch für den Job als Moderator prädestinieren. Er ließ sich die Show im Hilton-Hotel jedenfalls nicht stehlen, als er dort noch kurz vor der Deutschlandpremiere des Films „Better Man — Die Robbie Williams Story“ im Cinedom mit Hauptdarsteller Jonno Davies und Regisseur Michael Gracey sprach.
Frappierend echt wirkende Mimik
Erst einmal warf er die Sitzordnung bei Moderatorin Claudia Lehmann über den Haufen. Auf die Frage, warum für die Deutschlandpremiere die Wahl auf Köln fiel, erklärte Williams: „Ich war schon in Zeiten von Take That und später in meiner Solokarriere immer wieder in der Stadt.“
Ein Ort, an dem man teile, wenn etwas schlecht laufe. In „Better Man“ läuft tatsächlich nicht alles rund. Robbies Biografie ist zwar ganz großes Spektakel, ein Leben voller musikalischer Intensität und Rekorde. Unübertroffen die 375 000 Fans, die 2003 an drei Abenden seine Konzerte auf dem Festival im britischen Knebworth besuchten. Popstar Robbie Williams hat den Pop-Olymp gleich mehrfach erklommen. Aber was macht das mit einem Menschen? Schwer zu sagen.
In der Film-Biografie, die am 2. Januar in die Kinos kommt, erzählt Regisseur Michael Gracey („The Greatest Showman“) die Erfolgsgeschichte vom Jungen aus einfachen Verhältnissen einmal wohltuend anders – aus der Sicht eines Affen. Aber was für einem Affen. Nun gut, es ist ein Schimpanse, der sich für Klamauk und Flegelhaftes womöglich besser eignet, als ein Gorilla oder Orang Utan. Aber hier kommt kein alberner Affe zum Tragen.
Er schafft Gänsehautmomente. Mit der großen Show, aber vor allem mit den leisen Momenten. Nichts wirkt künstlich, wenn der Schimpanse von Schauspieler Jonno Davies mit computergenerierter tierischer Haut und einer frappierend echten Mimik von Robbie Williams auf die Bühne tritt. Schonungslos erzählt er von gigantischen Höhen und tiefen Krisen.
Schlechtes Gewissen
„Ich bin heute glücklich, ausgeglichen, habe vier Kinder und eine wunderbare Frau. Die Traurigkeit hat es nicht geschafft, die Hoffnung blieb“, sagt Williams vor der Presse. Und warum wird alles aus der Perspektive des Affen erzählt? „Es gibt mehr Empathie für Tiere als für die Menschen“, sagt Williams. Tatsächlich ist die Hauptrolle als einzige mit einem Schimpansen besetzt.
Alle anderen sind in Menschengestalt, was sie aber nicht menschlicher macht. Williams erklärte gegenüber der BBC, dass viele Personen, die ihm im Film begegnen, „auf irgendeine Art in seinem Leben böse“ gewesen seien. Ein schlechtes Gewissen bekam er, als er seine damalige Freundin Nicole Appleton (Sängerin der Gruppe All-Saints) auf der Leinwand wiedersah. „Sie ist die einzige Person, die mir keinen Schaden zugefügt hat“. Wie er sie behandelt habe, habe sie nicht verdient.
Der Blick auf die eigene Biografie aus der Erzählperspektive eines Affen funktioniert so gut, dass „Better Man“ nicht allein als cineastischer Kunstkniff überzeugt, sondern als geradezu parabelhafte Verbindung: Einer der sich zum Affen macht, den Selbstzweifel plagen, Exzesse, Drogen, Alkohol. Einer, der im ganzen Show-Schlamassel sämtliche Gefühlslagen durchlebt. „Konflikte und Traumata sind besser für die Klickzahlen“, frotzelte der Popstar.
Geschichtenerzähler
„Ich liebe es, wie Robbie seine Geschichten erzählt“, fügte Michael Gracey hinzu und für Jonno Davies, war er „ein Gott, zu dem ich als junger Mensch aufgeschaut habe.“ Er lebte sich in die Rolle ein, nahm alles, was er lesen und sehen konnte. Vor allem der Tanz war für den Schauspieler eine Herausforderung. Gelitten hat Robert Williams bereits als Kind: „Penner, Hackfresse, blasierter Arsch“, das sind Namen, die er Anfang der 1980er Jahre beim Fußball eingepeitscht bekommt. Im hinterwäldlerischen Stoke-on-Trent, Staffordshire „Wo ich aufwuchs, machte man sich klein“, sagt der junge Robert. Seine Idole sind Dean Martin, Frank Sinatra oder Sammy Davis Junior, deren Posen wiederum der Vater Peter (Steve Pemberton) perfekt vor dem Fernseher einstudiert. In einem engen Wohnzimmer mit schweren Vorhängen und Polstermöbeln, das etwas von einem Käfig hat.
Düsternis überwiegt in der Lebenswelt der Familie Williams, wäre da nicht Großmutter Betty (Alison Steadman), die dem von Selbstzweifeln geplagten Robert immer wieder Geschichten erzählt, in denen komische Helden wie er vorkommen. Aus Robert wird Robbie, als er mit 15 zur Boygroup Take That stößt. Bandmanager Nigel Martin-Smith, nimmt ihn zuerst nur als Ersatz unter Vertrag. Die Kamera schwenkt rasant zwischen Menschenmassen in Schwulen-Clubs oder kreischenden Mädchen in Konzert-Arenen. Williams tanzt aus der Reihe, hat seit Beginn seiner Karriere mit Alkohol-, Drogen und Medikamentenabhängigkeit zu kämpfen. Man trennt sich. Und bald löst sich die ganze Popband auf. Für die Fans werden daraufhin Seelsorge-Telefone eingerichtet.
Neusortierung im Stuhlkreis
Und was passiert mit Williams selbst? Er versucht es im Alleingang. „Mein Leben war immer ein Drahtseilakt ohne Sicherheitsgurt“, sagt Williams. Der Film spart nichts aus. Früh kommt es zur Krise, als der Vater der Familie den Rücken zukehrt, um als Varietékünstler in britischen Feriencamps zu tingeln. Da ist Robert drei Jahre alt. Die Zurückweisung, das Kämpfen um Anerkennung und Liebe beschäftigen ihn sein Leben lang. Erst als er im Zenit seiner Popkarriere steht, ist der Vater wieder bei ihm.
„Better Man“ erzählt vom Trigger, dem der Popstar immer wieder ausgeliefert ist, dem Gefühl, nicht gut genug zu sein und der fatalen Flucht in Drogen und Alkohol. Auf die Frage, ob der Film auch Zuschauer erreiche, die keine Fans seien, gab Williams ein beherztes Plädoyer ab: „Wir leben im Jahr 2024 und die psychische Gesundheit ist heute kein Tabuthema mehr. Als erstes muss man sein Problem erkennen, es dann artikulieren und sich Hilfe suchen.“ Oder man mache das für andere. Wer ihn wirklich hasse, der können sich den Film anschauen, um festzustellen: „Ich habe es gleich gesagt. Das ist wirklich ein Affe.“