Ihren Durchbruch hatte die Norwegerin Maja Lunde 2015 mit „Die Geschichte der Bienen“. Jetzt es gibt es mit „Der Traum von einem Baum“ den vierten und letzten Teil ihres „Klima-Quartetts“.
Bestseller-Autorin Maja LundeWarum es für die Natur noch Hoffnung gibt
Die Ankunft von Maja Lunde in Köln verschiebt sich um zwei Stunden. Der Grund: Der Abflug der Autorin in Oslo verzögert sich – Schneechaos. Und das Ende April. Als sie schließlich zum Gespräch mit der Rundschau im Hopper Hotel eingetroffen ist, liegt die Frage nahe, ob das eine Folge der Klimakrise ist. Nein, antwortet sie, mit so etwas habe man in Norwegen immer schon rechnen müssen. Daran, dass in Interviews mit ihr sehr schnell der Bogen zu den Themen Umwelt und Klima geschlagen wird, ist Lunde allerdings gewohnt – und darf dies durchaus als Kompliment für ihre Arbeit verstehen.
Die 47-jährige Norwegerin schaffte es, mit einer Buchreihe zu genau jenen Themen, vor denen immer noch viel zu viele Menschen die Augen verschließen, die Bestsellerlisten zu erobern. Die vier Romane, die man auch unabhängig voneinander lesen kann, werden auch zusammengefasst als „Klima-Quartett“. Wobei für Lunde selber, wie sie sagt, das Klima beim Schreiben gar nicht der eigentliche Aspekt war. „Ich würde eher sagen, dass ich über die Natur schreibe. Ich bin ein absoluter Naturmensch.“
Auslöser, erzählt sie, sei eine Fernsehdokumentation vor etwa zehn Jahren gewesen, in der es um das Bienensterben ging. „Da wurde mir erst richtig klar, wie wichtig Bienen und andere Insekten eigentlich sind.“ Die Idee für den ersten Roman „Die Geschichte der Bienen“ war geboren. An einen Publikumserfolg dachte sie dabei zunächst nicht. Im Gegenteil: „Anfangs glaubte ich, ich sei die einzige Person, die sich für so etwas interessiert.“
Viele Angebote von Verlagen
Eine Sichtweise, die sie recht schnell korrigieren musste. Als sie den Plot nämlich versuchsweise drei Verlagen vorstellte, lagen ihr kurz darauf auch drei Angebote vor. Die Idee lag nahe, es nicht bei einem Buch zu belassen. „Die Geschichte des Wassers“ und „Die letzten ihrer Art“ folgten.
Alle wurden Bestseller – trotz der Tatsache, dass die wenigsten Menschen sich in ihrem Alltag mit Themen wie Artensterben, Wasserknappheit oder Polkappenschmelze befassen wollen. Da können Experten noch so eindringlich warnen, dass es nicht mehr fünf vor-, sondern längst nach Zwölf ist.
Dass Lunde zu so vielen Menschen durchdringt, liegt sicher auch daran, dass sie in ihren Büchern die drängenden Themen mit menschlichen Schicksalen verknüpft und somit für die Leser greifbar macht. Das ist auch in „Der Traum von einem Baum“, dem vierten und letzten Band des „Klima-Quartetts“ der Fall.
Dieser ist seit einer Woche auf Deutsch erhältlich – nach Schweden erst die zweite Übersetzung, die auf den Markt kommt. Die englischsprachige Fassung wird wohl erst nächstes Jahr veröffentlicht. „Das englische Verlagswesen ist sehr langsam und umständlich. Aber davon abgesehen ist ohnehin Deutschland für mich einer der wichtigsten Märkte.“
Keine Bäume auf Spitzbergen
„Der Traum von einem Baum“ spielt auf Spitzbergen. Der Titel erschließt sich, wenn man weiß, dass auf der nordatlantischen Inselgruppe – die zwar zu Norwegen gehört, aber rund 600 Kilometer vor dessen Küste liegt – weder Bäume noch Sträucher wachsen. Menschen, die die Inseln nie verlassen haben und insbesondere Kinder können also tatsächlich nur davon träumen, einmal einen echten, lebenden Baum zu sehen.
Fast noch ein Kind ist auch der 18-jährige Tommy, aus dessen Sicht Lunde einen Großteil der im Jahr 2110 spielenden Handlung erzählt. Eine zweite Perspektive steuert die Chinesin Tao bei, die man bereits aus „Die Geschichte der Bienen“ kennt.
Eine zentrale Rolle spielt aber auch der „Svalbard Global Seed Vault“. Ausgerechnet im unwirtlichen Spitzbergen befindet sich nämlich ein weltweiter Saatgut-Tresor mit Samen sämtlicher Nutzpflanzen. In der nahen Zukunft, in der die Geschichte spielt, ein unschätzbares Gut …
Obwohl der Roman einerseits eine schonungslose Dystopie ist, vermeint man am Ende („Bloß nicht spoilern!“, bittet die Autorin) so etwas wie Hoffnung zwischen den Zeilen zu spüren. Ist das beabsichtigt? „Ich bin generell ein positiver und hoffnungsvoller Mensch“, sagt Lunde. „Jeder Leser und jede Leserin muss aber das Ende für sich selber interpretieren und entscheiden, ob es noch Hoffnung gibt.“
Maja Lunde: Der Traum von einem Baum. Roman, aus dem Norwegischen von Ursel Allenstein, btb Verlag, 560 S., 24 Euro