Beseelte BildwerkeKöln zeigt das Werk des Meister Arnt
- Das Museum Schnütgen kann endlich seine brillante Ausstellung „Arnt der Bilderschneider“ eröffnen
- Die Ausstellung gastiert dort vom 25. Juni bis 20. September 2020
- Gezeigt werden etwa 60 Werke des zwischen circa 1460 und 1491 tätigen Meister Arnt von Kalkar und Zwolle.
Köln – Die goldene Wanne, unter der die roten Flammen lodern, ist kunstvoll mit Reliefs versehen, man glaubt für einen Moment das Metall im Licht aufblitzen zu sehen. Erdacht wurde das edle Gefäß, um in ihm den Heiligen Georg zu kochen. Der Körper des edlen Ritters lässt sich aber auch auf vielfältige andere Weise malträtieren. So werden ihm wahlweise die einzelnen Gliedmaßen mit einem Beil abgehackt oder Pflöcke in Brust und Lenden getrieben. Der Folterknecht holt gerade aus, um im nächsten Augenblick mit einem überdimensionalen Hammer gleich wieder zuzuschlagen. Für einen Moment wurde das Geschehen angehalten, jenem Moment, in dem der Meister Arnt von Kalkar und Zwolle die Szene in Eichenholz schnitzen konnte.
60 Meisterwerke ausgestellt
Von 1460 bis 1491 schuf dieser geniale Bildschnitzer nicht alleine den Georgsaltar in der Kalkarer Nicolaikirche, sondern auch die Altartafeln der Anbetung der Heiligen Drei Könige, die sich seit letztem Jahr komplett in Köln im Museum Schnütgen befinden. Jetzt zeigt das Museum mit 60 Werken die erste monographische Ausstellung, in der „Arnt der Bilderschneider“ als „Meister der beseelten Skulpturen“ gefeiert werden kann.
Fast drei Monate nach ihrem offiziellen Termin konnte die Ausstellung nun von Direktor Moritz Woelk eröffnet werden. Lange stand das Projekt aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie auf der Kippe. Aber schwierige Situationen eröffnen auch die Möglichkeit, Solidarität zu zeigen. Das Rijksmuseum in Amsterdam, das Musée Art & Histoire in Brüssel oder das Musée de Cluny in Paris ließen nichts unversucht, um ihre Leihgabe nach Köln zu transportieren. „Dabei konnten die Kollegen in Amsterdam und Paris zum Teil nicht einmal in ihre eigenen Büros aufgrund des strengen Lockdowns“, erklärt Moritz Woelk. Offenbar fühlten sich alle dazu aufgerufen, einem Künstler von europäischer Bedeutung endlich die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die ihm lange versagt blieb.
Verbildlichen, was sich im Inneren der Menschen abspielt
Man kennt den etwas jüngeren, in Würzburg ansässigen Tilmann Riemenschneider, aber mit Meister Arnt, der Werkstätten am Rhein und in den heutigen Niederlanden unterhielt, gab es im 15. Jahrhundert einen Bildschnitzer von gleichwertigem Kaliber. Dass uns sein Name nicht geläufig ist, mag an den fehlenden Forschungen von Historikern und Museen gelegen haben, denn erst in den 1960er Jahren begann man die Arbeiten von Arnt systematisch zu erfassen.
Erkennbar wird sein Talent und sein Auge für emotionale Nuancen im Realismus seiner Darstellungen. In ihnen erzählt der Körper von dem, was sich im Inneren der Menschen abspielt – wie für den Georgsaltar, der jetzt erstmals in Köln außerhalb seines Standorts in der Nicolaikirche zu sehen ist.
Arnt fertigte sozusagen als Empfehlungsskizze eine Szene für die Bürger von Kalkar an, in der Christus dem Petrus die Füße wäscht. Dessen Erstaunen und Scham über die unterwürfige Geste seines Herrn drücken sich in einer Verunsicherung aus, die seinen Körper leicht angespannt nach hinten verlagert.
Gleich im Eingangsbereich der Ausstellung, deren Räume wechselnde Schwerpunkte setzen, so dass sich die Aufmerksamkeit immer wieder neu zu sammeln hat, steht die Büste eines Bischofs. Ohne dass darin ein spezielles Porträt angelegt wäre, begegnet man hier auf universelle Weise dem Antlitz eines allmählich alternden Mannes.
Mehrfach greift Arnt die Beweinung Christi auf, zu sehen sind dann scheinbar unendliche Varianten der Trauer und sogar der Tränen in den Gesichtern der Umstehenden. Eine suggestive Wirkung erhalten die Bilder zudem durch die Raumtiefe, die Arnt so anlegt, dass man in der Ferne eine Antwort auf die Fragen vermutet, die im Vordergrund gestellt werden. Auch das Argumentieren kann ihm zum Gegenstand werden, betrachtet man die Skulpturen der predigenden Dominikaner, „dann scheint man denen doch jedes Wort zu glauben“, wie Moritz Woelk treffend bemerkt.
Ein imposantes Projekt hat das Museum Schnütgen hier geschnürt, zu dessen Gelingen öffentliche und private Stiftungen dankbar Unterstützung leisten mochten. Sie alle haben erkannt, dass, wenn man eine Ausstellung in diesem Sommer gesehen haben muss, dann ist es diese.
Führungen analog und digital
Am kommenden Sonntag ist der Eintritt in die“Meister Anrt“-Ausstellung frei. Generell ist das Museum Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, donnerstags 10 bis 20 Uhr geöffnet. Die Sonderausstellung ist bis einschließlich 20. September zu sehen.
Führungen mit bis zu sechs Personen sind möglich, Anmeldung unter www-museum-schnuetgen.de/im-dialog. Auch am nächsten Sonntag werden halbstündige Führungen angeboten, für die man sich aber nur vor Ort anmelden kann.
Auch das Mittelalter „kann digital“: Die Homepage www.meister-arnt.de und über eine App zum Download bieten weitere Infos und Videos. (TL)