AboAbonnieren

Neue AusstellungFrankfurter Schirn gibt Einblick in das Lebenswerk von Niki de Saint Phalle

Lesezeit 3 Minuten
Skulpturen Niki de Saint Phalles in der Frankfurter Schirn.

Skulpturen Niki de Saint Phalles in der Frankfurter Schirn.

Die Künstlerin Niki de Saint Phalle wurde in Deutschland vor allem durch ihre Nanas berühmt. Die Frankfurter Schirn gibt den ganzen Einblick in ihr Lebenswerk.

In der Frankfurter Schirnhalle gibt es eine Feministin zu bewundern. Die 1930 in Frankreich geborene Niki de Saint Phalle wurde durch ihre großen farbigen Nanas weltbekannt. Mit ihrer lebensbejahenden, vital sinnlichen Ausdruckskraft ist die Pop-Art-Künstlerin in den großen Museen auf allen Kontinenten eingezogen.

Kaiserlicher Preis

In Japan erhielt sie sogar einen kaiserlichen Preis. 1992 schmückte sich die Bonner Bundeskunsthalle zur Eröffnung mit den Nanas und deren späterer Leiter Pontus Hulten war von Anfang an ihr großer Förderer. Überblick über das Lebenswerk In der Schirn wird nun ein Überblick über ihr Werk gegeben, soweit das außerhalb der standortbezogenen Großplastiken und Brunnen, der Filme, Theaterstücke und Happenings möglich ist. Von ihrem „Lebenswerk“, wie die 2002 verstorbene Künstlerin ihren raffiniert angelegten Tarotgarten in der Toskana (1979 – 1998) bezeichnet hat, sind nur Zeichnungen und Modelle zu sehen.

Und doch bricht diese gewaltige Dynamik einer Berserkerin allenthalben durch in der langen Halle. Da sind die berühmten Schießbilder aus Paris, als sie mit Daniel Spoerri mit dem Gewehr auf ihre eigenen Gipsbilder ballerte. Unter der Gipsschicht war Farbe, und so konnte sie ihre Bilder zum Bluten bringen, zugleich eine „konkrete“ Fortsetzung der Drippingbilder von Jackson Pollock und den amerikanischen abstrakten Expressionisten.

Begehbare Plastik

Ihr Stil ändert sich, als sie mit dem französischen Künstler Jean Tinguely zusammen lebt, dem Vertreter der kinetischen Kunst des Nouveau Réalisme. Sie findet zu sich selbst und sagt: „Ich war wütend auf die patriarchalische Gesellschaft, auf die Rollen, die mir auferlegt wurden. Ich wollte ich selbst sein.“ So entstanden ab 1965 ihre „Nanas“, Frauenfiguren mit üppigen Formen, die durchaus auch auf dem Kopf stehen können oder zu kugeligen Schwergewichten werden. In blitzenden Grundfarben leuchten die bemalten Konstrukte schon von weitem, die aus Pappmaché über Maschendraht gezogen wurden.

Bald wurden sie auch mit Mosaiksteinen, Spiegel- oder Keramikscherben bestückt, wie es der große Spanier Gaudí praktiziert hatte. All ihre Figuren haben autobiografische Bezüge. Eine weiß verhüllte Braut sitzt auf einem Pferd, das unter nichtssagendem „goldigem“ Plastikspielzeug fast verschwindet. Ambivalent ist auch die begehbare Plastik HON, die 1966 für das Stockholmer Museum entstand.

Doch auch Niki wird älter und 1971 geraten die prallen Körperformen ihrer Polyesterdamen beim Kaffeeklatsch ganz schön aus den Fugen und die Farben sind in sanftem Altrosa oder Lindgrün gebrochen, wie diese Leihgabe der Wiener Stiftung Ludwig in schönem Gegensatz zeigt.

Giftige Dämpfe

In Neuilly-sur-Seine kam Niki de Saint Phalle (Foto) als Catherine Marie-Agnès Fal de Saint Phalle 1930 zur Welt. Sie starb 2002 in San Diego. Die Ärzte hatten den Aufenthalt aus gesundheitlichen Gründen empfohlen. Sie selbst war der Meinung, dass sie nach jahrzehntelanger Arbeit mit den giftigen Dämpfen, die bei der Verarbeitung des Kunststoffes entstehen, schwere Gesundheitsschäden der Atemwege davongetragen hatte. Ihre Grunderkrankung war aber selektiver Immunglobulin-A-Mangel. Später verstärkten die giftigen Kunststoffdämpfe das Einatmen von Pigmenten und das Passivrauchen wahrscheinlich das Lungenleiden. (EB)

Bis 21. Mai, Di, Fr, Sa und So 10 –19 Uhr, Mi und Do 10 – 22 Uhr. Tickets im Online-Shop.