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Auftritt im PalladiumZara Larsson und die Venus von Botticelli

Lesezeit 3 Minuten
Ausdrucksstarke Performance, zeitlich allerdings deutlich gestrafft: Zara Larsson im Palladium.

Ausdrucksstarke Performance, zeitlich allerdings deutlich gestrafft: Zara Larsson im Palladium.

Der Auftritt von Zara Larsson sorgte für viel Gesprächsstoff und dauerte nur 72 Minuten

Die Venus ist der hellste Stern am Himmel und die römische Göttin der Liebe. Seit Anfang Februar gibt es eine neue Variante: die schwedische Popsängerin Zara Larsson. Ihr viertes Studioalbum heißt nicht nur „Venus“, sondern auf dem Cover sieht die 26-jährige Blondine auch fast so aus. Ähnlich, wie sich Sandro Botticelli das 1485 vorstellte. Mit Muschel, wehenden Locken und wenig an.

Wenig an hat Larsson auch Freitagabend im Palladium. Auch ihre Locken wehen wild. Bloß die Muschel fehlt. Bei einem von nur zwei Konzerten, die sie auf ihrer „Venus“-Tour in Deutschland gibt. Kein Wunder, dass die Tickets im Nu ausverkauft waren und die Fans, beziehungsweise deren Eltern, Anfahrten von weit, weit her in Kauf nahmen. Während die Venus, als Planet, 38 Millionen Kilometer entfernt ist, kommt man ihr, dem Popstar, dann doch etwas näher. Aber die Zeiten von Julius Cäsar, wo sie, als Göttin, mit elftägigen Spielen geehrt wurde, sind definitiv vorbei.

Anbetungszeitraum ist knapp bemessen

Der Anbetungszeitraum in Mülheim ist knapp bemessen. Mit 72 Minuten (inklusive Zugaben) äußerst knapp, schon an der Grenze zur Frechheit. 90 Minuten sollten wenigstens drin sein. Zumal bei einer Künstlerin, die in ihrem Heimatland seit 2013 spitze ist und zwei Jahre später auch anderswo durch die Decke ging. An Material dürfte da kaum Mangel herrschen. Um aber nicht nur zu motzen: Larsson sieht nicht nur toll aus, sie kann sich auch toll bewegen. Zusammen mit ihren Tänzerinnen legt sie eine absolut professionelle Show hin.

Und sie hat auch — der Göttin sei Dank — keine von diesen Stimmen, die ihren Minimal-Umfang mit viel Hall und Hauch, Gejuchze und Gebebe tarnen müssen. Schon als sie in Schweden als Zehnjährige an der Kinder-Talentshow „Talang“ teilnahm, hatte sie keine Probleme damit, Whitney Houston und Céline Dion zu covern — und trug mit „My Heart Will Go On“ den Sieg davon. Muss ihr erstmal eine nachmachen.

Vom Agnetha-Verschnitt zur Sexgöttin

Optisch hat sie sich vom anfangs noch recht artigen Agnetha-Verschnitt zur veritablen Sexgöttin gemausert. Wobei das zweite von insgesamt vier Bühnen-Outfits ziemlich gewöhnungsbedürftig ist. Das, was sie da um die Hüften trägt, erinnert mit seinen herunter baumelnden roten Bändern an eine Kreuzung aus Hula-Hoop-Reifen, Maibaum und schwedischem Midsommar-Blütenkranz. Zumindest aus hinteren Reihen heraus betrachtet.

Wie allgemein üblich bewirbt Larsson (was man, schwedisch korrekt, übrigens Lar-schonn ausspricht) vor allem das neue Album. Und weil das ja, siehe oben, „Venus“ heißt, werden auf der Leinwand nackichte Marmorstatuen mit „appen Armen“ eingeblendet oder Planeten inmitten von Sternengefunkel. Ab und zu gibt's auch was streng Grafisches, irres Pflanzengeblühe im Zeitraffer oder, als Retro-Effekt, ein Farbbalkensignal, so wie früher im Fernsehen.

Echte Band statt Musik vom Band

Zwei Showtreppen und eine Galerie bieten reichlich Gelegenheit für sexy Go-Go-Girl-Posen, einmal wird eine Art Ballettstange auf die Bühne getragen, die dann allerdings nur als Halterung für erotisches Rumgeräkele dient. In den Stücken geht es viel um Jungs und Mädchen und Liebe, meistenteils wummert das recht gleichförmig vor sich hin.

Eine Ballade wie „The Healing“ fällt da wohltuend aus dem Rahmen. Immerhin wird, anders als neulich bei Kim Petras, die Musik von einer echten Band dargeboten. Die allerdings die meiste Zeit hinterm Gazevorhang bleiben muss. Und die ebenso wenig vorgestellt wird wie die Tänzerinnen. Göttinnen sind halt so. Ihnen dienen zu dürfen, ist Ehre genug.