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Interview mit Kunstsammler Gil Bronner„Keine Berater. Meine Sammlung. Mein Ding.“

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Gil Bronner, Kunstmäzen Sammlung Philara; Düsseldorf

  1. Gil Bronner sammelt seit 1997 zeitgenössische Kunst zum privaten Vergnügen.
  2. Vor zwölf Jahren hat der Sammler zudem mit der Kunststiftung NRW ein Stipendienprogramm ins Leben gerufen.
  3. Mit dem wohlhabenden Bürgertum in Düsseldorf ist der Sammler aus einem Grund nicht einverstanden.

DüsseldorfHerr Bronner, Sie machen Ihre Sammlung Philara der Öffentlichkeit zugänglich. Sehen Sie sich deswegen als Mäzen?

Nein, das ist mein privates Vergnügen, Kunst zu sammeln und diese mit Interessierten zu teilen. Unter Mäzenatentum verstehe ich ein vollkommen altruistisches Handeln – ohne jede Gegenleistung. Wir, also unsere Bronner-Stiftung gemeinsam mit der Kunststiftung NRW, haben vor zwölf Jahren ein Stipendienprogramm ins Leben gerufen, da handeln wir mäzenatisch. Oder wenn wir Künstler-Ateliers fördern und Gelder an ein öffentliches Museum geben.

Wie sieht das Stipendienprogramm aus?

Es ist ein Austauschprogramm mit Israel, das seither je vier Künstlern pro Jahr einen Aufenthalt in Düsseldorf und Tel Aviv ermöglicht. Die Künstler bekommen 1200 Euro monatlich, Flüge, Wohnraum und Atelier gestellt. Nach Ablauf fühlen wir uns auch noch ein bisschen verantwortlich, beobachten den weiteren Weg, bringen die Künstler gelegentlich mit Galeristen und Sammlern zusammen, wenn es erwünscht ist.

Ihr Museum haben Sie ohne jeden Zuschuss gebaut, verlangen nur einen geringen Eintritt, beschäftigen zwölf Leute und zeigen in vier Wechselausstellungen pro Jahr Arbeiten arrivierter zeitgenössischer Künstler und des Nachwuchses. Ist das nicht Förderung ohne Gegenleistung?

Nein, das ist Leidenschaft. Klar, wenn wir sehr junge Künstler in unseren Räumen ausstellen, dann hilft das sicher, sie bekannt zu machen. Aber ich bin sehr zögerlich mit dem Begriff. Ich finde einfach, man muss etwas machen. Es gibt hier in Düsseldorf zu viele Menschen die könnten, aber nichts tun.

Kritik am wohlhabenden Düsseldorfer Bürgertum?

Ich meine, die öffentlichen Häuser brauchen viel mehr Förderung. Es gibt hier Familien, die gehören zu Deutschlands wohlhabendsten, und die rühren keinen Finger. Ich glaube auch gar nicht, dass sie nichts tun, weil sie die Öffentlichkeit scheuen – man muss nämlich gar nicht öffentlich in Erscheinung treten und bei jeder Vernissage und Spende in die Kamera lächeln – ich glaube, die tun nichts, weil sie zu geizig sind. In anderen Städten wie München oder Frankfurt gehört es zum guten Ton, hier muss ich regelmäßig die Moralkeule herausholen.

Sie sammeln ernsthaft zeitgenössische Kunst seit 1997. Ihre Sammlung umfasst mittlerweile 1700 Werke. Verkaufen Sie auch wieder, wenn Sie merken, dass sich plötzlich viele für den Künstler interessieren und der Preis steigt?

Gerade tausche ich eine Arbeit, die ich nicht so gerne mag, gegen eine andere. Aber ich verkaufe so gut wie nichts.

Also sind Sie am explodierenden Kunstmarkt unbeteiligt?

Es gibt die Spitze der Spitze des Eisberges, 0,05 Prozent, in dem die Preise explodieren. In dem bewege ich mich aber nicht. Das ist ein ganz schmales Segment, das von bestimmten Galerien befeuert wird. Es gibt einfach Sammler, die eigentlich gar keine Sammler sind, sondern Spekulanten und bei jüngeren Künstlern gezielt einen Hype kreieren, – regelmäßig zu lesen auf den ersten Seiten der Auktionskataloge für zeitgenössische Kunst. Und es gibt Galerien, die ein paar ältere Künstler wiederentdecken und die Preise damit in die Höhe treiben. Es wird ja gekauft. Ich nenne das immer das Hermès-Phänomen. Ich meine damit Leute, die eigentlich wenig Geschmack haben, aber sicher sein wollen, dass sie nicht unangenehm auffallen und sich so einen Gürtel mit dickem „H“ an die Hose heften. Die gehen dann auch nur zu den Galerien, bei denen sie wissen, dass sie im Bluechip-Bereich handeln.

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Und um sicher zu sein, dass sie etwas Gutes gekauft haben, bezahlen sie jeden Preis über Gebühr. Man muss ja gediegen wirken. Und dann gibt es noch diejenigen mit sehr viel Geld, die, wenn sie noch frisch am Markt sind, selbst Galerien besuchen, aber dann irgendwann einen Kunstberater haben. Der kauft bei Auktionen, egal zu welchem Preis.

Sie kommen also ohne Berater aus?

Keine Berater. Meine Sammlung. Mein Ding.

Aber wertvolle Tipps bekommen Sie schon?

Gelegentlich werde ich auf Sachen hingewiesen, insbesondere von Galeristen. Meine Kuratorin macht mich auch aufmerksam. Aber 95 Prozent der Arbeiten entdecke ich.

Haben Sie schon unbekannte Künstler entdeckt, die durch Ihre Aufmerksamkeit bekannt wurden?

Es gibt schon verschiedene Künstler, die ich von Anfang an verfolge, aber die im Zweifelsfall eher durch ihre eigenen Meriten bekannt wurden. Künstler wie Leunora Salihu, Jan Paul Evers oder Andreas Schmitten. Vielleicht schadet es nicht, dass wir sie zeigen, und vielleicht assoziiert man später ihren Werdegang mit einem Teil von uns.

Wo kaufen Sie ein?

Die Art Basel ist die einzige Messe, die ich absolut hervorheben kann. Als lokale Messen sind natürlich die Art Cologne und die Art Düsseldorf für mich wichtig, weil sie mein unmittelbares Umfeld sind. Dann gibt es noch die Messe in Brüssel, Frieze in London, das Gallery Weekend in Berlin. Nach Madrid und Mailand möchte ich auch unbedingt gehen. Ich muss viel sehen. Außerdem reise ich einfach so gern.

Macht Sie Kunst glücklich?

Ohne Kunst würde ein großer Inhalt meines Lebens fehlen, wie wenn es keine Musik geben würde. Aber es fällt mir schwer, so eine Sinneswahrnehmung in Worte zu übersetzen. Glück ist eher so Momentgeschichte, wenn Fortuna ein Tor schießt. Kunst hat mehr mit Zufriedenheit zu tun, sie macht wie ein Film, ein Buch das Leben lebenswert.