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Der Mann, der das Leben lebteAm Sonntag wäre der Schriftsteller Ernest Hemingway 125 Jahre alt geworden

Lesezeit 4 Minuten
Undatiertes Archivbild zeigt Ernest Hemingway auf einem Fischzug im Karibischen Meer in der Nähe seines ständigen Wohnsitzes Fincavigia bei Havanna.

Ernest Hemingway auf einem Fischzug im Karibischen Meer in der Nähe seines ständigen Wohnsitzes Fincavigia bei Havanna.

Hemingway hat das Leben als Reporter, Kriegsberichterstatter und Abenteurer in all seinen Facetten gesehen.

„Um über das Leben zu schreiben, muss man es zuerst leben.“ Mit diesem Ausspruch hat Ernest Miller Hemingway kurz und knapp den Nagel auf den Kopf getroffen — wie so oft.

Und Hemingway muss es wissen: Er hat das Leben als Reporter, Kriegsberichterstatter und Abenteurer in all seinen Facetten gesehen. Am 21. Juli wäre einer der größten amerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts 125 Jahre alt geworden.

Freiwillig in den Krieg

Hemingway wird 1899 in eine privilegierte Chicagoer Familie hineingeboren und arbeitet nach der Schule zunächst als Lokalreporter in Kansas. Als die USA in den Ersten Weltkrieg eintreten, meldet sich der 18-jährige Ernest freiwillig zur Armee und wird in Italien schwer verwundet.

Seine Kriegserlebnisse — und die unglückliche Liebe zu einer Krankenschwester — inspirieren ihn rund zehn Jahre später zu seinem Roman „In einem anderen Land“ („A Farewell to Arms“).

Erfahrungen im Spanischen Bürgerkrieg

Nach einer kurzen Rückkehr in die USA zieht es ihn trotz seiner traumatischen Erlebnisse dort erneut nach Europa. 1921 geht Hemingway als Auslandskorrespondent nach Paris, wo er mehrere Jahre verbringt und ausgewanderte Schriftsteller-Kollegen wie Gertrude Stein und Ezra Pound kennenlernt. Diese prägende Zeit verarbeitet er erneut in einem Roman, „Fiesta“ („The Sun Also Rises“).

1940 veröffentlicht Hemingway einen weiteres autobiografisch geprägtes Werk: „Wem die Stunde schlägt“ („For Whom the Bell Tolls“), diesmal über seine Erfahrungen im Spanischen Bürgerkrieg. Das Leben, so könnte man meinen, schreibt seine Geschichten für ihn.

Literarischer Weltenbummler

Hemingway bleibt ein Weltenbummler: Er bereist Europa und Afrika, kehrt immer wieder nach Amerika zurück, und lebt lange Zeit auf Kuba. Die wechselnden Einflüsse Europas und Amerikas spiegeln sich in seinen meisterhaften Kurzgeschichten, wie „A Day’s Wait“ (auf Deutsch etwa „Einen Tag Warten“).

Darin erkrankt der Sohn des Erzählers plötzlich an Fieber. Der behandelnde Arzt misst seine Körpertemperatur in Fahrenheit und nicht Celsius – angesichts der hohen Zahl glaubt der Junge einen ganzen Tag lang, an seinem Fieber sterben zu müssen. Seine Todesangst enthüllt er erst am Abend mit der nüchternen Frage an den Vater: „Wie lange wird es jetzt dauern, bis ich sterbe?“

Leben und Tod

Um Leben, Tod und Erwachsenwerden geht es auch in der Kurzgeschichtensammlung um den jungen Nick Adams. Besonders eindrücklich: „Indianerlager“. In dieser Story wird Nicks Vater, ein Arzt, zu einer schwangeren Ureinwohnerin gerufen, die bei einer komplizierten Geburt zu sterben droht.

Der Vater bringt das Kind ohne Betäubung per Kaiserschnitt zur Welt. Als er gerade seinen Erfolg feiern will, bemerken die Anwesenden, dass der Ehemann der jungen Mutter sich während der Prozedur still und heimlich die Kehle durchgeschnitten hat. Nick wird Zeuge der Geburt und des Sterbens.

Mindestanzahl an Worten

Hemingway ist Meister des literarischen Eisbergs: Unter der sichtbaren Spitze verbirgt er – mit einer Mindestanzahl an Worten – weitere, tiefgehende Emotionen. Dabei muss er nicht einmal explizit erwähnen, worin der Konflikt einer Geschichte überhaupt besteht.

Ein Paradebeispiel dafür ist „Hügel wie weiße Elefanten“: Ein junges Paar diskutiert an einem Bahnhof in Spanien. Obwohl der Elefant im Raum — eine Abtreibung, zu der der Mann seine Freundin überreden will — nie direkt angesprochen wird, lässt Hemingway die Anspannung zwischen den beiden immer weiter ansteigen, bis sie regelrecht knistert.

Auch sein eigenes Privat- und Familienleben ist oft schwierig: Ernest Hemingway heiratet viermal, aus den ersten beiden Ehen gehen drei Kinder hervor. Er verliert mehrere Familienmitglieder, unter anderem seinen Vater, durch deren Suizid.

Schwieriges Privatleben

Hemingway selbst hat spätestens ab den 50er Jahren zunehmend mit Depressionen und diversen Gebrechen zu kämpfen, doch als Schriftsteller ist er auf dem Höhepunkt seiner Karriere. 1953 erhält der Autor für „Der alte Mann und das Meer“ den Pulitzer-Preis, ein Jahr darauf folgt die wohl höchste Ehre, die ein Schriftsteller erlangen kann: der Literaturnobelpreis.

Er hat Kriege erlebt, die Welt bereist, und nebenbei auch noch mehrere Flugzeugabstürze überlebt. Doch seinen Kampf gegen die inneren Dämonen — Depressionen und Alkoholsucht — kann Ernest Hemingway nicht gewinnen. Nach mehreren erfolglosen Klinikaufenthalten nimmt er sich am 2. Juli 1961 das Leben.

Unverwechselbare Sprache

Was bleibt von diesem Jahrhundertschriftsteller, sind seine Geschichten: vom Leben, von Liebe und Leiden, Geschichten, die den Leser noch Jahre später begleiten, verfasst in seiner unverwechselbaren, nüchternen Sprache. Aber große Emotionen kommen nun mal nicht immer von großen Worten. Niemand hat das besser bewiesen als Ernest Hemingway.


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