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250 JahreGanz Europa feiert Beethovens Geburtstag

Lesezeit 4 Minuten
Beethoven_Statue_Bonn

Lächelnde Beethoven-Statuen, ein Kunstwerk des Konzeptkünstlers und Bildhauers Ottmar Hörl.

  1. Beethovens 250. Geburtstag wird nicht nur in seiner Geburtsstadt Bonn gefeiert.
  2. Ganz Europa zelebriert den Komponisten und gibt dafür fast 40 Millionen Euro aus.
  3. Die Politik sieht Beethovens Sinfonien als Vermächtnis.

Berlin – Die Hornistin Sarah Willis kann in einem einzigen dialektischen Satz die Bedeutung dieses Mannes erklären. Und damit es auch wirklich alle verstehen, singt sie dazu sekundenkurz entscheidende Passagen aus „Ode an die Freude“, „Für Elise“ und der 5. Sinfonie. „Jeder kennt Beethoven – ob man es weiß oder nicht“, sagt die britische Musikerin der Berliner Philharmoniker und berichtet über einen Test in Bonn.

Sie habe sich mit ihrem Horn in die Innerstadt gestellt, die Stücke angespielt – zum Beispiel „Ta-Ta-Ta-Taaaa“ - und Passanten gefragt, wer der Komponist sei. Es habe nur zwei Arten der Reaktion gegeben: „Die einen wussten es sofort. Und wer nicht auf den Namen kam, konnte die Melodie weitersummen.“ Das stehe für Weltruhm, für den Einfluss Ludwig van Beethovens auch 250 Jahre nach seiner Geburt – in Bonn. Hier wurde er am 17. Dezember 1770 getauft.

Präsentation in Berliner Philharmonie

Willis ist am Freitag gemeinsam mit der Kultur- Staatsministerin der Bundesregierung, Monika Grütters, und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in die Berliner Philharmonie gekommen, um das Programm für das große Beethoven-Jahr 2020 vorzustellen. Der Bund gibt 27 Millionen Euro, Nordrhein-Westfalen 10 Millionen und der Rhein-Sieg-Kreis 1,5 Millionen Euro. Es soll im ganzen Land gefeiert werden.

Am 16. Dezember wird das Beethoven-Jahr unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit einem Festkonzert in Bonn eröffnet. Grütters erzählt, die Karten dafür seien innerhalb von drei Minuten ausverkauft gewesen. Allein in Bonn wird es mehr als 300 Projekte mit über 1000 Konzerten und Veranstaltungen geben. Aber es soll ein „Jubiläum für alle“ werden, in Deutschland, in Europa, der Geburtstag, eines der weltweit meist gehörten Komponisten. In Berlin wird es einen 24-Stunden-Beethoven-Marathon geben. Am 21. Juni werden seine neun Sinfonien live aus neun verschiedenen Städten in Europa – darunter aus Bonn die 1. Sinfonie gespielt. Das Abschlusskonzert des Beethoven-Jahres wird Daniel Barenboim am 17. Dezember 2020 dirigieren: Die 9. Sinfonie, die Europa-Hymne, die Ode an die Freude. Alle Menschen werden Brüder.

„Ohne Beethoven wäre die Welt viel, viel ärmer“

Willis liebt Beethovens Musik. Sie hat mit der Deutschen Welle einen Film darüber gemacht, wie die Welt ohne Beethoven wäre. Sehr, sehr viel ärmer. Die beiden Christdemokraten Grütters und Laschet erklären es politisch. Beethoven, der Europäer, der Naturliebhaber, der Visionär, der Revolutionär. Mit seiner Musik.

Grütters macht sonst eigentlich keine Werbung für Reiseführer. Aber am „Lonely Planet“ für 2020 kommt sie jetzt einfach nicht vorbei. Deutsche Namen finde man dort selten unter den Top Ten der Städte in der Welt. Aber in der Ausgabe für 2020 stehe auf Platz 5: Bonn. Und Bonn wird dort so beschrieben: „Einst Hauptstadt Westdeutschlands, ist 1990 etwas von der Bildfläche verschwunden, als Berlin die Zügel übernahm. 2020 rückt es aber mit einem Paukenschlag ins Rampenlicht, denn die Stadt bereitet sich auf Beethovens 250. Geburtstag vor.

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Was dich erwartet? Ein ganzjähriges Konzertprogramm mit weltberühmten Orchestern, Solisten und Dirigenten (darunter Sir Simon Rattle und Daniel Barenboim)! Das Theater Bonn inszeniert Fidelio, die einzige Oper des Komponisten. Darüber hinaus gibt es Einrichtungen und Wettbewerbe, die zu Beethovens musikalischem Genie passen, Picknick-Performances und "Hauskonzerte", bei denen lokale Musiker ihre Türen für die Öffentlichkeit öffnen.“ Besser können das selbst die Veranstalter des Beethoven-Jahres kaum beschreiben.

„Einer der größten Europäer“

Laschet sagt, mit der „Ode an die Freude“ sei Beethoven zu einem der größten Europäer überhaupt geworden. Bonn stehe für das, was Beethoven bewegt habe: Weltoffenheit, Humanismus, Visionäres. Bonn werde 2020 unüberhörbar sein. Grütters sagt, Beethovens Musik berühre, begeistere und verbinde Menschen überall auf der Welt. Mit unerhörter Radikalität habe er die Musik revolutioniert und die musikalischen Grenzen seiner Zeit gesprengt. „Wir brauchen auch heute wieder die visionäre Kraft, mit der Beethoven politisch und vor allem künstlerisch Position bezog. Sein Werk ist ein Zeichen für die demokratischen Errungenschaften eines geeinten Europas und gegen das Erstarken populistischer Rufe nach Abschottung und Ausgrenzung.“

Beethoven wuchs in Bonn auf, reiste als 16-Jähriger erstmals nach Wien, kam wieder zurück und verließ Bonn einige Jahre später. Sein Ziel war Wien. Laschet sagt, er sei sich nicht ganz sicher, ob jeder wisse, dass Beethoven aus Deutschland stamme. Und noch weniger Menschen falle wohl Bonn als Geburtsstadt ein. Das soll sich mit den Jubiläumsfeiern ändern. Einer der Zuhörer der Veranstaltung in der Philharmonie erzählt, in Österreich sage man gern, die Österreicher hätten es vermocht, den Österreicher Hitler den Deutschen zuzuführen, und den Deutschen Beethoven als Österreicher zu vereinnahmen.Mit 28 Jahren wurde Beethoven schwerhörig, schließlich fast taub. Trotz des Hörleidens gilt diese Zeit als die produktivste Phase in seiner Schaffensbiographie. Sechs der neun Sinfonien komponierte Beethoven zwischen 1802 und 1812. Auch die erste Fassung seiner einzigen Oper Fidelio komponierte Beethoven in dieser Zeit. 1827 starb er in Wien.

Grütters sagt, sie wolle keine „Beethoven-Industrie“ im nächsten Jahr. Keine Marketing-Kampagne mit dem „Giganten“ Beethoven. Es gehe vielmehr um visionäre Kraft und um nationale Aufgaben. Beethoven habe einen Arbeitsauftrag hinterlassen. Arbeitsauftrag? Ja, Arbeitsauftrag, sagt Grütters: „Alle Menschen werden Brüder.“