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1. bis 8. Oktober in KölnWas das Filmfestival Cologne in Corona-Zeiten bietet

Lesezeit 3 Minuten
ANOTHER ROUND_©Henrik Ohsten

Vinterbergs Sozialsatire „Another Round“ 

  1. Mit einem coronabedingt engeren Radius und weniger Blockbuster- und Mainstream-Filmen geht das Filmfestival in diesem Jahr an den Start.
  2. Wir geben einen Überblick über die Perlen aus dem Programm in Köln.

Köln – „Wir haben gehofft, dass die Kinos wieder öffnen“, erklärt Martina Richter als Direktorin des Filmfestivals Cologne. Dies geschah Anfang Juli, und so kann auch das 30-jährige Festivaljubiläum (25 Ausgaben unter dem Titel Cologne Conference) vom 1. bis 8. Oktober live stattfinden.

Da man sich von Preisträgern aus Übersee nur Absagen eingehandelt hätte, zog man den Radius nun enger. Den Filmpreis Köln (25 000Euro), den Film- und Fernsehstiftung NRW und Stadt Köln gemeinsam ausloben, bekommt im feierliche Finale als erster deutscher Sieger Dominik Graf, der in Kino (Die Katze“, „Die Sieger“) wie Fernsehen (exzellente Folgen der „Tatort“-, „Polizeiruf 110-“ oder „Zielfahnder“-Serien) für höchstes Niveau steht.

Für den besten Spielfilm der Festivalreihen wird der dänische Regisseur Thomas Vinterberg mit dem Hollywood Reporter Award geehrt. Er bringt gleich den Star seiner Sozialsatire „Another Round“ mit: Mads Mikkelsen, der einen von vier Lehrern spielt, die sich nur noch mit Alkohol in Unterrichtsstimmung bringen können. Lohn der Trinkfestigkeit: der International Actors Award.

Im weiblichen Pendant dieser Sparte siegte Sandra Hüller („Toni Erdmann“), die in Alice Winocours Eröffnungsfilm „Proxima“ neben Eva Green und Matt Dillon mitwirkt. Der Astronautenfilm läuft übrigens in der Rubrik „Made in NRW“, was die zunehmende Bedeutung des Bundeslands für internationale Koproduktionen unterstreicht.

VERGIFTETE WAHRHEIT_©Tobis

Bill Camp (links) als "Wilbur Tennant" und Mark Ruffalo als "Robert Bilott" in Dark Waters

Als weiterer Gewinner steht der rumänische Investigativ-Journalist Radu Ciorniciuc mit seinem Debüt „Acasa, my Home“ fest, der den phoenix-Preis für den besten Dokumentarfilm bekommt. Insgesamt hat das Programmteam um Johannes Hensen 900 Werke recherchiert, wobei das Programm wegen Festivalausfällen und abgesagter Filmmessen um ein Drittel gegenüber dem Vorjahr reduziert wurde. Die 70 ausgewählten Beiträge aus 25 Ländern laufen hauptsächlich im Filmpalast.

Kaum Mainstreamfilme und Blockbuster

Da Mainstream- und Blockbuster-Kino weitgehend flach fielen, „ist diesmal mehr Exzentrik, Gesellschaftskritik und visuelle Klasse“ zu sehen, sagt Hensen. Aus dem Corona-bedingen Start-Stau hat man sich einige Perlen herausgepickt, die hierzulande gewiss nicht alle das Licht der Leinwand erblicken werden.

Vollständiges Programm und Corona-Hygieneregeln unter filmfestival.cologne

Zu den großen Namen zählt Pablo Larraín, der mit „Ema“ über den Dächern von Valparaiso ein enorm bildstarkes Beziehungsdrama erzählt. Todd Haynes inszenierte den Öko-Thriller „Vergiftete Wahrheit“, in dem Mark Ruffalo als Anwalt brilliert, der sich mit dem Chemiegiganten DuPont anlegt. Elizabeth Moss ist die nervig-brillante Autorin in Josephine Deckers‘ „Shirley“, und aus Südkorea kommt stilvoll-raffiniertes Gangsterkino vom jungen Regisseur Kim-Yong-hoon.

Ein Ereignis dürfte Frederick Wisemans viereinhalbstündige Dokumentation „City Hall“ sein, die Bostons Stadtverwaltung von der Beschwerdestelle bis ins Bürgermeisterbüro durchleuchtet. Als einen TV-Trend macht Hensen „starke Crime-Serien“ aus, gern auch nach wahren Verbrechen. So wie Lewis Arnolds Dreiteiler „Des“, in dem sich David Tennant in den Londoner Serienmörder Dennis „Des“ Nilsen versetzt. Als entspannendes Kontrastprogramm dürfte da das Comeback des menschenfreundlichen Zauberers „Pan Tau“ wirken.

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Bewährte Reihen wie „Look“ und „Benelux meets NRW“ werden fortgesetzt, letztere unter anderem mit dem intensiven Thriller „Instinct“. Und pünktlich am 3. Oktober laufen als „Special Screening“ zwei Folgen der achtteiligen Amazon Prime-Serie „Deutschland 89“.