AboAbonnieren

Täterprofil hat sich verändertDie Zahl der Straftaten im Kreis Euskirchen ist gestiegen

Lesezeit 5 Minuten
Die Fußgängerunterführung im Bahnhof Euskirchen mit zwei Personenaufzügen und der Treppe, die zum Bahnhofsvorplatz führt.

Der Bahnhof in Euskirchen ist aus Sicht der Polizei kein Angstraum. Dennoch ist das subjektive Angstgefühl, beispielsweise in der Unterführung, nicht gut.

11.733 Straftaten gab es 2023 im Kreis Euskirchen. Vor allem die Zahl der Ladendiebstähle und Körperverletzungen ist gestiegen.

Die Zahl der Straftaten im Kreis Euskirchen ist im vergangenen Jahr gestiegen: um 8,5 Prozent auf insgesamt 11.733 Fälle. „Das macht einen Zuwachs von 923 Straftaten“, berichtete Ulrich Linden, Leiter der Direktion Kriminalität, bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik.

Die Entwicklung sei nicht zufriedenstellend, auch wenn der Kreis Euskirchen im Landesvergleich keine Ausnahme darstelle. Laut Polizeipressesprecher Franz Küpper ereigneten sich im Kreis Euskirchen im vergangenen Jahr 0,79 Prozent aller landesweiten Straftaten. In NRW habe es mehr als 1,4 Millionen Delikte gegeben.

Kreis Euskirchen: Deutlich mehr Ladendiebstähle und Körperverletzungen

Im Kreis fallen laut Linden gleich mehrere Deliktbereiche negativ auf. Vor allem bei Ladendiebstählen und Körperverletzungen sind der Statistik zufolge die Zahlen in die Höhe geschnellt. So hat es im vergangenen Jahr 249 Ladendiebstähle und 272 Körperverletzungen mehr gegeben als 2022. Insgesamt gab es laut Polizei im vergangenen Jahr 1568 Körperverletzungsdelikte und 2310 Diebstähle.

„Die Entwicklungen stimmen mich nachdenklich“, sagte Landrat Markus Ramers, der auch Leiter der Kreispolizeibehörde ist: „Die Zunahme der Fallzahlen wollen und können wir nicht schönreden.“

Kriminalitätsstatistik: Anteil der nicht-deutschen Straftäter ist gestiegen

Beim Blick auf die unterschiedlichen Statistiken wird auch deutlich: Die Zahl der nicht-deutschen Tatverdächtigen ist im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr teilweise deutlich gestiegen. So beträgt der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen bei Ladendiebstählen laut Linden etwa 47,5 Prozent. Bei den Raubdelikten betrug der Anteil der nicht-deutschen Tatverdächtigen ebenfalls mehr als 40 Prozent – im Jahr 2022 waren es 24,1 Prozent.

Was ist der Grund für die Entwicklung? Laut Linden sind die Gründe vielschichtig. „Im Kreis Euskirchen leben mehr geflüchtete Menschen als noch vor ein paar Jahren. Das hat zwangsläufig Einfluss auf die Statistik“, sagte der Kripo-Chef, der zudem versuchte, den allgemeinen Anstieg der Kriminalität im Kreis Euskirchen zu erklären: „Die Gesellschaft befindet sich seit einigen Jahren im Dauerkrisenmodus. Die diffusen Ängste der Menschen, beispielsweise existenzielle Nöte, spielen ebenfalls eine Rolle.“

Und beim Thema Integration sind wir alle noch nicht da, wo wir hinwollen.
Ulrich Linden, Leiter der Direktion Kriminalität im Kreis Euskirchen

Viele der Geflüchteten seien junge Männer. „Jung und männlich ist auch bei einem Deutschen kriminalitätsbelasteter als 45 und weiblich“, so Linden: „Und beim Thema Integration sind wir alle noch nicht da, wo wir hinwollen. Oft reisen auch andere Wertvorstellungen und kulturelle Hintergründe, beispielsweise bei der Konfliktlösung, mit ein. Auch das spielt eine Rolle.“

Ein Großteil der Straftaten im Bereich der Körperverletzung finde im Bereich von Geflüchteteneinrichtungen statt. „In Marmagen hat es noch keine körperliche Auseinandersetzung zwischen einem Marmagener und einem Bewohner der Flüchtlingsunterkunft gegeben. Aber in der Unterkunft gibt es Konflikte, die mitunter auch körperlich ausgetragen werden“, so Linden in der Pressekonferenz.

Künstliche Intelligenz wird bei Verbrechen künftig eine Rolle spielen

Landrat Markus Ramers wagte bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik auch einen Blick in die Zukunft. „Die Künstliche Intelligenz wird bei Verbrechen künftig eine große Rolle spielen“, prognostizierte er: „Allein die Möglichkeiten beim Generieren von Fotos oder Stimmen werden Betrugsmaschen noch authentischer wirken – beispielsweise bei Schockanrufen.“ Täter seien der Polizei oft noch einen Schritt voraus. Gerade deshalb sei es wichtig, dass die Polizei bei der Aufklärung von Straftaten, insbesondere bei Cyberkriminalität, ebenfalls Künstliche Intelligenz einsetze.

Im Jahr 2023 betrug die Aufklärungsquote bei allen Verbrechen im Kreis Euskirchen mehr als 57 Prozent. Damit stieg die Aufklärungsquote um knapp drei Prozent. „Wir werden alles daran setzen, Straftaten zu verhindern. Das wird aber nie vollends möglich sein“, so Linden.

Das Bild zeigt Einsatzkräfte des Technischen Hilfswerks in Kuchenheim. Sie stehen hinter einer Absperrung.

Unbekannte sprengten im Dezember den Geldautomaten der Kuchenheimer Filiale der Kreissparkasse. Auch das findet sich in der Kriminalitätsstatistik wieder.

Ein Programm, mit dem vor allem Kinder und Jugendliche davor bewahrt werden sollen, auf die schiefe Bahn zu geraten, heißt „Kurve kriegen“. Dabei arbeitet die Polizei unter anderem mit Fachkräften und Sozialarbeitern zusammen, die den jungen Tätern eine Alternative zum Leben in der Kriminalität zeigen. So werden beispielsweise Sport- und Kunstprojekte angeboten. „Wichtig ist, ihnen auf eine andere Art zu zeigen, was in ihnen steckt. Wie cool sie wirklich sind, wenn sie keine Straftaten begehen“, sagte Linden.

Laut Ramers befinden sich aktuell 14 auffällige Kinder- und Jugendliche in dem Programm, das im Kreis Euskirchen vor zwei Jahren gestartet wurde. „Das ist ein positives Projekt für die Prävention. Wir hoffen, dass die jungen Menschen erst gar nicht zu Intensivtätern werden“, so der Landrat.

Davon gibt es laut Behördenleiter aktuell 24, die in einem Intensivtäterprogramm genau beobachtet werden. „In zehn Fällen ist es gelungen, sie zu inhaftieren, damit sie keine weiteren Straftaten mehr begehen“, so Ramers. Apropos Straftaten: Laut Polizei ereignen sich 65 Prozent der Straftaten im Kreis Euskirchen im Nordkreis, die restlichen 35 Prozent im Südkreis.

Bei den Wohnungseinbrüchen zählte die Polizei im vergangenen Jahr 242 Fälle. „Das sind 39 mehr als 2022. Wir bewegen uns wieder auf dem Vor-Corona-Niveau“, so Linden. Die Aufklärungsquote betrage 16,4 Prozent und sei damit leicht höher als im Landesschnitt. 51,5 Prozent der ermittelten Tatverdächtigen bei allen Straftaten seien zuvor bereits polizeilich in Erscheinung getreten. „Viele unserer Pappenheimer kennen wir“, sagte Linden.


Kreis Euskirchen: Gewalt gegen Einsatzkräfte reißt nicht ab

Nach Angaben der Euskirchener Polizei ereigneten sich im vergangenen Jahr 64 Fälle von Übergriffen auf Einsatzkräfte. Zwar habe es einen ganz leichten Rückgang bei den absoluten Fallzahlen gegeben, sagte Landrat Markus Ramers. Dennoch bewegen sich dem Polizeichef zufolge die Zahlen auf konstant hohem Niveau. „Das ist mehr als ein Fall pro Woche. Das stimmt mich sehr nachdenklich“, so Ramers.

Kripo-Chef Ulrich Linden berichtete von einer Aufklärungsquote in Höhe von 96,4 Prozent. „Dennoch sind das viel zu viele Taten. Es ist erschreckend, wie viele Kollegen und Einsatzkräfte geschlagen, getreten oder bespuckt werden. Nicht selten hinterlässt das auch seelische Spuren“, so Linden. Er könne nicht verstehen, wie man Menschen, die helfen wollen, angreifen könne, sagte der Leiter der Direktion Kriminalität.