Zehn Jahre Haft für Kölner Rizin-Bomber„Sie wollten Menschen töten“
Unmittelbar vor der Urteilsverkündung witzelte der Rizin-Bomber noch über die Corona-Krise und forderte den Verteidiger lachend auf, Abstand zu halte. Sekunden später nahm der 31-jährige Islamist auf der Anklagebank Platz und bekam sein Urteil. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach den Tunesier Sief Allah H. schuldig und verkündete eine Haftstrafe von zehn Jahren. Er habe einen Anschlag mit dem biologischen Kampfstoff Rizin verüben und Menschen töten wollen. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte es zahlreiche Todesopfer und Verletzte gegeben“, sagte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung. Dass der Angeklagte den Stoff als Medikament für seine Fußbeschwerden testen wollte und nur Kenntnisse über Rizin-Samen sammeln wollte, hielt der Senat für unglaubwürdig.
Die Bundesanwaltschaft hatte zehn Jahre Haft für den 31-Jährigen gefordert, die Verteidiger eine Strafe von maximal acht Jahren. In Tunesien hatte der Mann ohne Schulabschluss als Briefträger gearbeitet, bevor er 2016 nach Deutschland kam. „Zum ersten Mal standen Angeklagte in Deutschland vor Gericht, die einen Anschlag mit einem biologischen Kampfstoff vorbereitet haben“, so die Vertreterin der Bundesanwaltschaft. Der 31-Jährige habe im dicht besiedelten Chorweiler und in der Nähe seiner eigenen Kinder einen Anschlag mit einer biologischen Waffe vorbereitet. „Ein Anschlag war beabsichtigt, und die Vorbereitungen weit fortgeschritten“. Innerhalb von wenigen Stunden hätte die Bombe zusammengebaut werden können. Es sei das Ziel gewesen „möglichst großen Schaden anzurichten“. Monatelang habe sich das Paar zielstrebig bemüht, die Pläne und Anleitungen in die Tat umzusetzen. Der Anschlag sei an einem belebten Ort geplant gewesen, wo genau, blieb bis zuletzt unklar.
Schon im Dezember 2019 hatte der Senat deutlich gemacht, dass er den Rizin-Bomber Sief Allah H. und seine Ehefrau Yasmin H. für schuldig hält. In einer Stellungnahme machte der Vorsitzende deutlich, dass auch die mitangeklagte Yasmin H. mit einer Verurteilung und einer langen Haftstrafe rechnen muss. Ihr Prozess wurde abgetrennt.
Der Staatsschutzsenat ließ auch am Donnerstag keinen Zweifel daran, dass er davon überzeugt ist, dass Yasmin H. und ihr Ehemann einen Giftanschlag durchführen wollten. Gesicherte DNA-Spuren, Dateien mit Anleitungen für Anschläge, aber auch Aussagen der Angeklagten zu ihrem Sohn wie: „Wenn du mal groß bist, dann wirst du auch ein Attentäter und kannst dich in die Luft sprengen“ würden in der Gesamtschau keine Zweifel an der radikal-islamistischen Gesinnung des Paares lassen. In seiner Erklärung sprach der Richter von einem „gemeinsamen Tatplan, um Menschen zu töten“ und von einer „Entschlossenheit zu einem terroristischen Anschlag“. Der Vorsitzende nannte beispielsweise die Bestellung von Feuerwerkskörper aus Polen oder eine in der Wohnung gefundene Liste mit Giftstoffen. Hinsichtlich der Bestellung von „Rizin“-Samen sei es eine Schutzbehauptung, dass die Substanzen für die Herstellung von Medikamenten benötigt würden. In der Wohnung des Paares in einem Hochhaus in Chorweiler hatten die Ermittler nach der Festnahme im Sommer 2018 genau 3150 „Rizin“-Samen, eine elektrische Kaffeemühle und Utensilien für den Bau eines Sprengsatzes gefunden. Dazu 250 Metallkugeln, zwei Flaschen mit leicht entzündlichem Nagellackentferner, Drähte mit Glühbirnen und 950 Gramm Pulver, das zum Teil aus Feuerwerkskörpern stammt. Der Festnahme durch Spezialkräfte war ein Hinweis eines ausländischen Geheimdienstes vorausgegangen.