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Wohnungsbauinitiative KölnKölns Baubranche benötigt Innovation und weniger Regulierung

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann geht über ein Baugerüst im Stadtteil Ehrenfeld, wo Wohnungen auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs entstehen.

Im Stadtteil Ehrenfeld entstehen Wohnungen auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs.

Zum zehnjährigen Jubiläum der Wohnungsbau Initiative Köln sprach die Rundschau mit dem Vorstand um Jens Bruckner, Stefan Rappen und Carsten Rutz.

Glückwunsch zum Jubiläum. Allerdings ist die Zeit für den Wohnungsbau derzeit alles andere als rosig. Erlebt der Wohnungsbau gerade seinen Tiefpunkt der vergangenen zehn Jahre?

Danke für die Glückwünsche. Wir durchleben in der Tat eine sehr ernste Phase, aber wir dürfen nicht vergessen, dass gerade aus solchen Tiefpunkten die stärksten Impulse für Wandel und Erneuerung erwachsen können. Wir stehen am Rande einer tiefgreifenden Veränderung, die sehr herausfordernd, aber auch notwendig ist.

Wie sehen denn die nächsten zehn Jahre aus?

Die nächsten zehn Jahre werden von Entschlossenheit und Innovation geprägt sein. Ein Beispiel dafür ist das ambitionierte Ziel des bisherigen Wohnbündnisses, die Zahl der Baugenehmigungen auf bis zu 6000 Wohneinheiten jährlich zu erhöhen. Dies wird nur möglich sein, wenn wir die überbordenden Regulierungen durchschneiden, die den Wohnungsneubau in Fesseln legen. Wenn die politischen Entscheidungsträger die Weichen richtig stellen, können wir nicht nur die finanziellen Herausforderungen bewältigen, sondern auch die Zielvorgaben für Wohnraum effizienter und kostengünstiger erfüllen.

Der Vorstand der Wohnungsbauinitiative Köln (v.l.) Carsten Rutz, Jens Bruckner, Stefan Rappen.

Der Vorstand der Wohnungsbauinitiative Köln (v.l.) Carsten Rutz, Jens Bruckner, Stefan Rappen.

Herr Rappen, Sie sind der Experte für Genehmigungs- und Planverfahren. Eine Beschleunigung dieser Verfahren wird laut gefordert, um den Wohnungsneubau zu reaktivieren. Wie ist es möglich, diese kommunalen Verfahren schneller zu machen?

Verwaltung und Politik müssen sich deutlich dazu bekennen, die extrem hohen Planungs- und Regelungsdichten in den Verfahren zurückzunehmen sowie das Projekt- und Schnittstellenmanagement zu verbessern. Wir brauchen zügig Schwerpunktlösungen und keine langatmigen Detaildiskussionen.

Ist es realistisch, dass sich diese Dinge kurzfristig verändern lassen? Oder sollte sich die Wohnungswirtschaft bei stagnierenden Verwaltungsreformen nicht eher nach anderen Lösungen umsehen?

Spürbar ändern lässt sich unter den derzeitigen Rahmenbedingungen wirklich nur dann etwas, wenn es hierfür in Verwaltung und Politik einen kommunalen Konsens gibt. Neben einer deutlich effizienteren Entscheidungskultur braucht es den intensiven Austausch mit externen Experten, die ihre langjährige Erfahrung in Planungs- und Genehmigungsprozessen einbringen.

Krise rückt Problem in den Fokus

Herr Rutz, Sie sind studierter Architekt. Ist der Modulbau ein Weg aus der Krise und muss er eine höhere Priorität erhalten?

Auch wenn wir in weiten Teilen immer noch so bauen wie vor 200 Jahren, wird es keinen Weg aus der Krise geben, der mit einem einzigen Produkt zu tun hat. Natürlich braucht es sehr viel mehr Innovationen im Baubereich, das ist aber ein grundsätzliches Problem, das durch die Krise stärker in den Fokus gerückt ist. Kurzfristig können im Neubau aus meiner Sicht nur ausgeprägte Förderkulissen für Endkunden und Unternehmen helfen. Weitere Lösungen zur Schaffung neuen Wohnraums können nur im Zusammenspiel von Kommune, Land und Bund erzielt werden.

Was muss die Wohnungswirtschaft selbst tun, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln?

Auch die Wohnungswirtschaft muss sich stärker digitalisieren und ihre Strukturen und Prozesse überprüfen, um effizienter zu werden. Ansonsten sind uns an den wesentlichen Stellen die Hände gebunden, da wir weder auf die Zinsen noch auf die von erheblichen Auflagen und Vorschriften getriebenen Baukosten Einfluss haben.

30.000 Euro für einen Tiefgaragen-Stellplatz

Herr Bruckner, in der aktuellen Diskussion wird hauptsächlich über den geförderten Wohnungsbau gesprochen. Wird der reguläre Wohnungsbau für den Normalverdiener dabei nicht vergessen?

Wir müssen das gesamte Spektrum des Wohnungsneubaus im Blick behalten. Die Schaffung von Wohnraum, der für Normalverdiener zugänglich ist, bleibt ein zentrales Anliegen. Wir können es uns nicht leisten, einen Teil der Gesellschaft auszugrenzen, indem wir uns ausschließlich auf geförderten Wohnraum konzentrieren. Grundsätzlich gilt: Jede neue Wohnung ist eine gute Wohnung und hilft bei der Stabilisierung der Miet- und Kaufpreise.

Bauen nach unten gilt als sehr teuer. Wie sieht eine noch realisierbare Entwicklung eines Grundstücks derzeit aus?

Wir müssen innovativer werden, um auch in der Tiefe effizienter zu bauen, während wir in die Höhe expandieren, um den bestmöglichen Nutzen aus jedem Quadratmeter Grundstücksfläche zu ziehen. Tiefgaragen sind ein integraler Bestandteil der urbanen Mobilität. Indem wir sie beispielsweise für die Unterbringung von Fahrrädern nutzen, fördern wir eine nachhaltige Verkehrswende. Doch um dies kosteneffizient zu realisieren, ist es entscheidend, dass rechtliche Anforderungen nicht zu Kostentreibern werden. Wenn wir bedenken, dass die Erstellung eines einzigen Stellplatzes in der Tiefgarage über 30.000 Euro kostet, wird klar, dass wir durch eine Reduzierung der rechtlichen Anforderungen nicht nur Kosten für zweite Tiefgeschosse und die unbeliebten Doppelparker sparen, sondern gleichzeitig den Wohnungsneubau beleben können.


10 Jahre lang gibt es die Wohnungsbauinitiative Köln (WIK) bereits. Die WIK ist ein Zusammenschluss von 36 Bauträgern, Projektentwicklern und bauträgernahen Dienstleistern. 2013 war das erste kooperative Baulandmodell der Verwaltung mit Regelungen für den Wohnungsbau in Planung. Damals gründete sich die Initiative, um eine starke Stimme der Wohnungswirtschaft zu formen und die Erfahrung in den Dialog mit Politik und Verwaltung einzubringen.