Wohn(t)räume in KölnUngewöhnliche Miet-Wohnungen auf Zeit
Köln – Bleibe, kölsch: Bliev. Der Name ist Programm. Bliev nennt sich das erste Projekt in Köln-Braunsfeld, es folgen die Sauerlandbleibe, Monschaubleibe, Kirchenbleibe. . . In ihrer privaten Bleibe in Köln-Müngersdorf fängt ein ungewöhnlicher beruflicher Neustart für Anke Nuxoll-Oster (55) mit einem Zufall an.
Sie hätte es sich bis 2009 nie träumen lassen, wozu ihre Liebe zu historischen Gemäuern und individuellem Einrichten führen würde: „Mit Null Eigenkapital“ und umso mehr Leidenschaft für Architektur und „anders Wohnen“ begann sie, Altbauten in Wohlfühlorte zu verwandeln. Ihr gehören mittlerweile sieben Ferien-, Seminar- und Boardinghäuser, die sie als Zuhause auf Zeit vermietet. Wohn(t)räume mit offenen Deckenbalken, Fachwerk und Backsteinwänden, viel Weiß, Grau, Holz. Zuletzt kam 2018 als Krönung der Erfolgsgeschichte mit Mut zum Risiko eine säkularisierte Kirche in Bernkastel-Kues hinzu.
Beim Besuch der „Bleibe“-Geschäftsführerin im privaten Haus am Alten Militärring wird ihre Gestaltungs-Handschrift deutlich: Behutsam sanierte Altbauräume mit Holztreppen, Naturtöne, weiße Böden, ein Mix aus schlichten modernen und antiken Möbeln, High-Tech-Küche und Bäder. Den Sinn für klare Linien lernte die studierte Betriebswirtin in Japan schätzen. Zen-Atmosphäre strahlt nicht nur die Dachterrasse mit Teich und Blick auf den Garten mit möbliertem Gewächshaus aus.
Die Reihenvilla baute die Familie mit zwei Töchtern (19, 21) als Mehrgenerationenhaus für Mutter und Schwester aus. Nuxoll-Oster verwirklichte mit ihrem Mann als erstes Projekt den Traum vom gemeinsamen Wohnen. Aber: „Bei der Finanzierung haben wir uns total verhoben.“ Aber sie habe es nie bereut, betont die Kölnerin mit Mut zum Machen. Sie arbeitete lange als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache, spezialisiert auf Wirtschaftsdeutsch – bis sie 2007 den ersten Preis im Leserwettbewerb „Umbauen&Anbauen“ der Zeitschrift „Zuhause Wohnen“ gewann. Ein Fotograf und eine Stylistin kamen, um zu berichten. Die Stylistin bescheinigte Anke Nuxoll-Oster, „dass ich ein besonderes Gespür für Architektur und Styling habe, das sollte ich doch beruflich ausüben. Das hat mich sehr überrascht. Aber es passte gut, da ich mich beruflich gerade verändern wollte.“
Lange überlegte sie nicht, kaufte 2009 voll finanziert als erstes Vermiet-Objekt einen Altbau in der Christian-Gau- Straße in Braunsfeld. Sie gestaltete ihn zum Boardinghouse um, das seitdem stets vermietet ist. In das Ferienhaus-Geschäft stieg die kreative Kauffrau ein, weil sie bei Urlauben mit der Großfamilie geschmackvoll eingerichtete, einigermaßen bezahlbare Unterkünfte vermisste. „Ein eigenes Ferienhaus konnten wir uns gar nicht leisten“, so Nuxoll-Oster, deren Mann fest angestellt arbeitet. Sie fand 2012 ein Haus in Winterberg, baute es aus.
Es folgten die Monschau-Fachwerkbleibe, ein Sauerland-Haus mit Streuobstwiese, die historische Brückenvilla in Monschau, die Kirche von 1669. Sie verwandelte sich in ein Refugium für bis zu 26 Personen. Hausschwamm und Schimmel hatten dem verfallenen Bau zugesetzt. Das schreckte sie nicht ab. „Ich verliebe mich schnell in ein Objekt, und dann habe ich eine Vision, wie es mal aussehen wird. Das setzte ich auch um –wobei es finanziell leider immer teurer wird als gedacht.“
Die Locations werden von unterschiedlichsten Mietern genutzt – etwa für Seminare, Hochzeiten, Yoga-Workshops. An Wochenenden sind diese Objekte meist ein Jahr im Voraus ausgebucht. In Zeiten von Corona sind allerdings die meisten Bleiben wegen des Beherbergungsverbots verwaist.
Bis auf die Boardinghäuser in Köln und Essen mit meist komplett belegten, möblierten Wohnungen. Fürs Wohnen auf Zeit über Monate, samt Reinigung und Wäscheservice, entscheiden sich oft Geschäftsleute mit befristeten Jobs oder frisch Getrennte. Der Lockdown wirke sich allerdings „katastrophal“ aufs Vermietungsgeschäft aus, die Einnahmen brachen fast ganz weg. Aber Nuxoll-Oster lässt sich nicht unterkriegen. „Es wird schon wieder.“
Stil- und Preisfragen
Anke Nuxoll-Oster ist eine Pionierin des Zeitwohnens in Köln. Eine Sparte, die mittlerweile boomt. Sie behält alles in privater Hand, managt Vermietung und Ausstattung, baut behutsam im Bestand um, ohne Architekten und Investoren. Ihr hilft ein bewährtes Handwerker-Team. Freigelegte Mauern und Fachwerk zu hellen Wänden gehören auch in ihrer privaten Bleibe oft dazu, moderne Sitzlandschaften, einzelne antike Hingucker.
Die Preisspanne reicht für die Miete im Boardinghaus Christian-Gau-Straße 15 in Köln von 850 bis 1490 Euro im Monat für 40 bis 80 qm inklusive Nebenkosten. Das Monschauhaus kostet wochentags 98, am Wochenende 128 Euro die Nacht für Zwei, die Brückenvilla/Monschau 148 wochentags, 198 Euro am Wochenende.
Die Kirche ist mit pauschal 790 Euro/Nacht für bis zu 26 Leute zu nutzen, das Bauernhaus Bödefeld pauschal 590 Euro/Nacht (bis zu 26 Leute), die Winterbergbleibe am Wochenende 130 Euro (für alle sechs Personen). (MW)