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Wird das jemals fertig?So sieht es auf der Baustelle der Kölner Oper aus

Lesezeit 4 Minuten
Baustelle Oper

Köln – Über die Kölner Bühnen-Sanierung heißt es seit Jahren, die Aufgabe sei vergleichbar mit dem Einbau der heutigen Technik einer Mercedes S-Klasse in einen VW Käfer von 1960. Es ist ein Vergleich, der signalisieren soll: Das Großbauprojekt ist kompliziert.

Und es ist ein Vergleich, der irgendwie auch für Laien greifbar machen soll, warum sich das Vorhaben am Offenbachplatz seit 2012 zum Dauerdrama entwickelt hat, das summa summarum mehr als eine Milliarde Euro kosten wird. Und warum sich die Stadt derart mit dieser Sanierung abplackt.

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Für Bauleiter André Werner (56) braucht es keinen Auto-Vergleich, Werner weiß auch so, was diesen Bau so kompliziert macht – trotzdem geht er pragmatisch an die Sache heran. Beim Rundgang über die Baustelle steht er im Bauch des Opernhauses, als es gerade um die vielen Probleme bei der Sanierung in dem alten Haus von 1957 geht und darum, wie die Experten sie lösen. Werner sagt: „Es gibt für jede Situation eine Lösung, sie muss eben nur gefunden werden.“

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Jahrelang hat die Stadt aber keine Lösung gefunden für diese vermaledeite Sanierung, für all die Probleme, für all die Verzögerungen. Und jetzt? Lohnt sich all das Geld? Kann Köln diese Sanierung wirklich beenden? Seit dem Frühjahr liegen die neuen Pläne für die Haustechnik vor, Sanierungschef Bernd Streitberger hatte sie als „exzellent“ bezeichnet. Seither arbeiten am Offenbachplatz wieder mehr Bauarbeiter, es soll jetzt vorwärts gehen Richtung Fertigstellung zwischen Januar und März 2024. Im Sommer will Streitberger den genauen Monat verkünden.

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Beim Rundgang hängen Kabel aus der Wand, Wände werden aufgebrochen, Kanäle verlegt, es staubt, es lärmt. Werner ist zuständig für die Haustechnik, also unter anderem Lüftung oder Heizung.

Chronik der Bühnen-Sanierung

2012 hat die Sanierung am Offenbachplatz begonnen. Es geht dabei um das Opernhaus von 1957 mit 1300 Plätzen und das Schauspielhaus von 1962 mit 650 Plätzen. Zudem baut die Stadt eine Kinderoper und ein Kleines Haus mit je 300 Plätzen.

2015 sollte die Sanierung vorbei sein, 253 Millionen Euro kosten. Eine Illusion. Im Juli 2015 sagte die Stadt die Eröffnung im November ab, begründete es mit Problemen mit der Haustechnik. Später kündigte sie der Firma Deerns, zog vor Gericht.

2016 begann die Stadt, die Sanierung neu aufzusetzen, sie plante fast komplett neu. Über die Jahre steigerte sich die Bausumme, auch die Eröffnung rückte immer weiter nach hinten. Je nachdem, wie viele Risiken eintreten, kostet die Sanierung zwischen 619 und 648 Millionen Euro. Dazu kommen 239 Millionen Euro für die Finanzierung sowie die bisherigen 113,5 Millionen Euro für die Interimsspielstätten in Staatenhaus und Depot. Das macht 1,05 Milliarden Euro. Zwischen Januar und März 2024 soll die Sanierung beendet sein.

Es ist jener Fachbereich, der seit Jahren den größten Kummer bereitet und für die abgesagte Eröffnung 2015 sorgte. Und es ist jener Bereich, für den der Käfer-Vergleich quasi erfunden wurde. Jeder Tag kostet nicht nur zehntausende Euro, sondern lässt die Zweifel an der Sanierung wachsen. Werner ist trotzdem ganz entspannt. Auf die Frage, ob die neuen Pläne auch in der Realität taugen, sagt er: „Wir sind bislang nicht überrascht worden bei der Umsetzung der neuen Pläne, sie sind ja mehrfach gründlich geprüft.“

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An manchen Stellen lässt sich ganz gut beobachten, was neu ist. In einem Gang beispielsweise liefen die Kanäle und Leitungen an der Decke entlang, doch das sorgte für Konflikte. Jetzt sind sie an der Seitenwand montiert und von einer neuen Wand verdeckt. Diese Lösung funktioniert aber nicht überall, weil die Häuser von Raum zu Raum unterschiedlich sind, abseits der Bühnen sind sie ein Labyrinth aus Gängen, aus Ecken, aus Winkeln, aus Stufen. Florian Lange (29), Bauleiter für den Hochbau, sagt: „Bis auf die WC-Räume ist mehr oder weniger jeder der 312 Bereiche ein Einzelfall und muss in seinen Bauabläufen separat geplant werden.“

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Die Planer haben deshalb die Baustelle in eben jene 312 Bereiche aufgeteilt. In jedem davon hängt ein Taktsteuerungsplan für die nächsten sechs Wochen. Darauf sind alle beteiligten Handwerker jeder Fachrichtung eingetragen, also wann sie welche Arbeit absolvieren. Eine übergeordnete Farbe markiert dabei den jeweiligen Bereich, sie steht für das wichtigste Gewerk, an ihm orientieren sich alle anderen Firmen. Laut Lange sprechen alle Beteiligten wöchentlich miteinander, das soll frühzeitig Probleme offenbaren – anders als in der Vergangenheit.

Die Pläne wirken zunächst strukturiert, doch die Baustelle vermittelt auch: Hier ist noch sehr viel zu tun, selbst wenn es bis 2024 noch lange hin ist. Unter anderem ist das im Besuchersaal zu sehen. Wo sonst die Sitze sind, steht raumhoch ein Baugerüst. Die Sprinkler waren murks, einmal neu, heißt es an der Stelle. Das Paradoxe im Opernhaus offenbart sich hinter der Bühne: Die riesige Bühnentechnik ist bereit und wartet auf das Sanierungsende. Wie so viele.

In einer vorherigen Version des Artikels hatten wir von der Eröffnung zwischen Januar und März 2024 geschrieben. Es handelt sich aber zunächst um das geplante Bauende. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.