Die Kölnerin Julia Melchior begleitet die Krönung von Prinz Charles als Adelsexpertin. Trotz aller Erfahrung ist die Aufregung bei diesem Ereignis besonders groß.
„Historisches Ereignis“Wie die Kölner Adelsexpertin Julia Melchior die Krönung von König Charles erlebt

Die Kölner Journalistin und Königshaus-Expertin Julia Melchior.
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So gut wie alles, was das royale Herz begehrt, hat Julia Melchior schon mitgemacht. Hochzeiten, den Thronwechsel vor zehn Jahren in den Niederlanden, den vor neun Jahren in Spanien, und zuletzt das Staatsbegräbnis der Queen. Mit Blick auf das kommende Wochenende verspürt die Kölner Journalistin und arrivierte Adelsexpertin aller Erfahrung zum Trotz eine ganz besondere Aufregung. „Die Krönung von König Charles ist etwas ganz Besonderes“, sagt Melchior. „Das finde ich nicht nur, weil es mein Job ist, über die Royals zu berichten. Sondern weil das ein historisch so außergewöhnliches Ereignis ist, dass man kein Royal-Fan sein muss, um sich dafür zu interessieren.“
Man kein Royal-Fan sein muss, um sich dafür zu interessieren.
Erinnern dürften sich die wenigsten aktuell lebenden Menschen an den Tag, als dieses Ereignis zum bisher letzten Mal stattfand. 1953, also vor 70 Jahren, wurde Queen Elisabeth gekrönt. „Es wird ein einmaliges Fernseherlebnis, weil die Zeremonie so viele mittelalterliche und tief religiöse Momente enthält“, ist sich Melchior sicher. Besonders spannend für die Expertin: Die Salbung mit geheiligtem Öl. „Der Moment ist so heilig, dass der König abgeschirmt wird von allen Blicken, um ganz bei sich zu sein, wenn er von Gott berufen wird.“
Anders als beim Begräbnis der Queen wird Melchior dieses Mal nicht aus London berichten. Weil ARD und ZDF im September über Stunden weitestgehend identisch, aber mit eigenem Personal, über die royale Trauerfeier berichteten, hagelte es Kritik für die öffentlich-rechtlichen Anstalten. Über die Krönung berichtet nun nur die ARD live. Das ZDF zeigt die Highlights am Samstagabend in der Sondersendung „ZDF Royal“ (ab 19.25 Uhr). Julia Melchior wird die Ereignisse des Tages kommentieren und analysieren.
Krönung von König Charles: Ein Volksfest für die Briten
Auch wenn sie die Stimmung vor Ort dieses Mal nicht selbst aufsaugen kann, hat sie einen Eindruck davon, wie die Menschen in Großbritannien auf das historische Ereignis blicken. „Man fragt sich in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen Großbritannien sich befindet, ob dieses pompöse Ereignis zeitgemäß ist. Von der Mehrheit der Briten wird es regelrecht eingefordert.“ Während der Fokus für die Royal-Expertin vor allem auf der in fünf Akte durchgetakteten Krönungs-Zeremonie liegt, habe das Wochenende für die Briten Volksfestcharakter.
Charles Sohn Harry wird an diesem Tag wohl nur wenig Aufmerksamkeit auf sich ziehen. „Er ist Profi genug, um zu wissen, dass es an diesem Tag um die Institution und seinen Vater geht“, sagt Melchior. „Er spielt keine Rolle an diesem Tag und ist einfach nur Familienmitglied und Zuschauer.“

Historischer Moment: 70 Jahre ist die bisher letzte Krönung im britischen Königshaus her.
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Und Charles? Ist er in seiner neuen Rolle bereits angekommen? „Vom ersten Moment an“, findet Melchior, die sich intensiv mit seiner Person beschäftigt hat. In der vergangenen Woche erschien der ZDF-Film „Charles III. – Britannien neuer König“, für den Melchior mit vielen Weggefährten von Charles sprach. „Der größte Unterschied zu Queen Elisabeth ist die Volksnähe“, sagt Melchior. Charles habe das Talent, die Menschen anzusprechen.
Er sei nicht so glamourös wie die Queen oder William und Kate. „Dafür ist er sehr verbindlich und hält gute Reden, auch spontan. Und obwohl er ein sehr ernsthafter Mensch ist, kann er dabei auch sehr witzig sein.“ Gemeinsam mit seiner Frau Camilla habe er sich sein Ansehen erarbeitet. „Noch vor zehn Jahren haben sich viele Briten gewünscht, die Queen würde ihren Sohn überleben, damit William direkt König werden kann.“ Zu politisch sei er lange Zeit gewesen. Weil er aber wusste, dass er irgendwann seine Mutter beerben würde, habe er sich in den vergangenen Jahren zurückgenommen.“
König Charles: „Ein Mann unserer Zeit“
Für die Adelsexpertin steht dem neuen König in den kommenden Jahren eine wesentliche Aufgaben bevor. „Er muss die Menschen vom Nutzen der Monarchie überzeugen. Die Monarchie muss sichtbar sein. Dafür muss Charles sich zeigen und deutlich machen, wofür er steht.“ Eine Aufgabe, die Melchior dem neuen Regenten zutraut. „Er ist ein Mann unserer Zeit. Er hat ein Gespür für Strömungen und die relevanten Themen unserer Zeit.“
Persönlich getroffen hat Melchior Charles übrigens nie. „Es ist aber auch spannender, mit den Leuten zu reden, die nah an ihm dran sind“, sagt Melchior. „Als König darf er nun ohnehin nicht mehr viel über sich preisgeben.“