Zwischen Leid und ElendKölnerin engagierte sich auf Hospitalschiff in Westafrika
- Die ausgebildete Physiotherapeutin Sina Ganser wollte anderen Menschen helfen.
- Sie engagierte sich auf einem Hospitalschiff in Westafrika.
- Was die Kölnerin in Guinea erlebt hat und welche Erfahrungen sie mit nach Hause nimmt.
Guinea/ Köln – Wohin fährt man mit 25 Jahren, wenn es ins Ausland gehen soll? Vielleicht als Au Pair nach Paris, oder auf Partyurlaub nach Ibiza? Sina Ganser aus Köln hat sich für eine ganz andere Auslandserfahrung entschieden: Sie hat sich zehn Monate lang in Guinea ehrenamtlich engagiert – als Rezeptionsmitarbeiterin auf einem Hospitalschiff.
Dadurch ermöglichte sie Patienten kostenlose Operationen und vielen Kindern die Behandlung ihrer Leiden. Was sie darüber hinaus mitnehmen konnte: unbezahlbare Erfahrungen und Begegnungen, die sie ihr Leben lang begleiten werden.
Größtes privates Hospitalschiff
Was die ausgebildete Physiotherapeutin alles während ihres Aufenthaltes erlebt und erreicht hat, ist atemberaubend und vorbildlich für jemanden, der erst vor fünf Jahren sein Abitur gemacht hat. Der jungen Frau war jedoch schon früh klar, dass sie nicht einfach nur ins Ausland gehen wollte. Sie wollte anderen Menschen helfen . „Nach dem Abitur 2014 war ich für Mercy Ships im Kongo und habe auf einem Hospitalschiff als Küchenhilfe gearbeitet.“
Im September 2018 sollte es für sie diesmal nach Guinea gehen, um auf dem größten privaten Hospitalschiff der Welt, der Africa Mercy, einen ehrenamtlichen Einsatz anzutreten. „Während meines dualen Studiums der Physiotherapie habe ich viel Zeit in Krankenhäusern verbracht. Ich wollte mit meinem Einsatz einfach etwas zurückgeben.“
Ein Hospitalschiff ist eine Art fahrende Klinik, und an Deck ist ständig Betrieb. „Dort arbeiten Einheimische zusammen mit einem riesigen Team von Freiwilligen aus aller Welt. Auf der Africa Mercy werden spezialchirurgische Operationen angeboten, an einer angeschlossenen Zahnklinik an Land zudem kostenlose Zahnbehandlungen.“
Zunächst war Sina an der Rezeption des Schiffes tätig, und koordinierte die Einsätze. „Meine Kabine habe ich mit neun jungen Frauen aus den USA, Mexiko und Europa geteilt.“ Jedoch wollte sie mehr, als nur einen Job ausfüllen. „Ich möchte gerne Medizin studieren, das ist mein großes Ziel. Dementsprechend wollte ich auch vor Ort helfen und Erfahrungen sammeln.
Freizeit in Guinea
Meine freie Zeit habe ich daher gerne in der Ponseti-Klinik verbracht. Irgendwie habe ich da mein Herz verloren,“ gesteht die junge Physiotherapeutin. In dieser besonderen Abteilung der Hilfsorganisation werden Klumpfüße mit Hilfe der anerkannten Ponseti-Methode geheilt. „Zu sehen, wie tapfer die Kinder hier sind, hat mich sehr berührt.“
Trotz 40-Stunden-Woche ergaben sich für Sina auch Gelegenheiten, die Region kennenzulernen. „Guinea ist wunderschön, ich habe Wochenend-Trips in die Natur unternommen und war auf Rucksackreise in Sierra Leone. Allerdings sollte man nie alleine verreisen oder abends alleine rausgehen.“ Wichtig sei, dass man sich auf die Gegebenheiten einlasse. Dazu gehört auch, dass man die Sitten des streng muslimischen Landes respektiert, sowie neugierige Blicke und Nähe angesichts von Sommersprossen oder blonden Haaren ertragen muss.
Leid und Elend
„Auch muss man alle europäischen Regeln und Zeitvorstellungen über Bord werfen, sowie im Straßenverkehr akzeptieren, dass es keine Regeln gibt.“ Das Leid und Elend, das Sina Ganser in der Hauptstadt Conakry erleben musste, setzte ihr dennoch zu. „Gerade Frauen sind in Guinea sehr benachteiligt. Wir haben es sehr gut in Deutschland, das ist vielen Menschen nicht klar.“
Am Ende bleiben der Kölnerin von ihrer Zeit in Afrika tiefe Freundschaften zu Einheimischen und Helfern, sowie das Gefühl, etwas wirklich Positives bewirkt zu haben. „Die Dankbarkeit der Menschen ist so groß, das haben wir vor allem beim Abschied im April bemerkt. Alle Patienten waren eingeladen, die Kids haben ein neues Paar Schuhe und einen Teddy bekommen.
Bei der Tanzparty haben dann alle ausgelassen getanzt, inklusive der zahlreichen Kinder, die vorher nicht laufen konnten. Bei vielen sind Tränen geflossen, auch bei mir.“Seit Sina wieder zuhause in Köln ist, vermisst sie Afrika und fordert vor allem ihre Generation auf, etwas zu unternehmen: „Jeder kann spenden, oder sich ehrenamtlich engagieren.“ Ihre eigene Arbeit sieht sie als Entwicklungshilfe und Ausbildung vor Ort: „Man lässt durch den Job Wissen im Land. In Guinea werden weiterhin Klumpfüße behandelt, die lokalen Helfer wissen nun durch uns, was sie tun können.“
Für sie persönlich soll es nicht der letzte Besuch in Afrika gewesen sein: „Ich möchte definitiv ein drittes Mal für Mercy Ships an Bord gehen. Die Arbeit gibt mir so viel zurück. Möglichst jeder sollte sich einmal ein Bild von den Zuständen in Westafrika machen, und am besten aktiv etwas dagegen tun.“
Mercy ShipsMercy Ships ist eine internationale, spendenfinanzierte Hilfsorganisation, die seit 1978 Hospitalschiffe in Entwicklungsländern betreibt und so kostenlose medizinische Hilfe in viele ärmere Länder bringt. Mitarbeiter aus über 40 Ländern setzen sich auf den Hospitalschiffen ehrenamtlich ein und kommen selbst für Unterkunft und Verpflegung auf.