Die Ausstellung präsentiert nicht nur exquisite Schätze aus der rund 10.000 Bände umfassenden Wallraf-Sammlung, sondern auch viel Interessantes über seine Persönlichkeit.
Serie: Wallraf 200 JahreAusstellung im Historischen Archiv zeigt Schätze aus der Wallraf-Bibliothek
Er war Priester, Universalgelehrter, Professor und leidenschaftlicher Sammler. Vielen ist Ferdinand Franz Wallraf (1748-1824) vor allem wegen seiner berühmten Gemäldesammlung, die sich heute im Wallraf-Richartz-Museum befindet, ein Begriff. Doch „das Herzstück, die Basis, der Nukleus seiner Sammlung ist seine Bibliothek“, stellt Christiane Hoffrath klar. Die Dezernatsleiterin der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln hat zu Wallrafs 200. Todestag gemeinsam mit Christine Feld vom Historischen Archiv eine Ausstellung konzipiert, die nicht nur exquisite Schätze aus der rund 10.000 Bände umfassenden Wallraf-Sammlung präsentiert, sondern auch viel Interessantes über seine Persönlichkeit zu berichten weiß.
Zum Beispiel, dass er als junger Mann, Trauerreden für Verstorbene schrieb und später – als eine Art „Ghostwriter“, so Hoffrath – Traktate zur politischen Lage in der Stadt verfasste. Dass er es war, der 1804 die französische Kaiserin Joséphine durch den Dom führte und bewirkte, dass Frankreich den Dreikönigsschrein an Köln zurückgab und Geld für die Restaurierung bereitstellte.
In Köln halte sich der Mythos „Wir wissen nichts von diesem Mann“, doch das sei falsch, meint Hoffrath. Tatsächlich gebe es reichlich Material und in den Quellen noch viel zu entdecken für die Forschung. Die Direktorin des Historischen Archivs, Bettina Schmidt-Czaia, betont, Wallraf sei Zeitzeuge dreier großer Epochen der Kölner Geschichte: der freien Reichsstadt, der Franzosenzeit und der Preußenzeit. „Sein Nachlass ist folglich mehr als das private Vermächtnis einer großen Persönlichkeit, sondern dient der Rekonstruktion und Erinnerung der Kölner Stadt- und Mentalitätsgeschichte.“ Ohne seinen Einsatz wären die mittelalterlichen Kölner Handschriften, die heute im Stadtarchiv aufbewahrt werden, wohl größtenteils ins Ausland verkauft worden.
Wallraf war bereits als Schüler ein Buchliebhaber
Schon als Schüler entwickelt sich Wallraf zum Buchliebhaber. Ein Zeitgenosse merkt an: „Der Junge zeigte eine merkwürdige Liebe zu Büchern.“ Wallraf sammelte wissenschaftliche Werke zur Farbenlehre, Medizin, Pflanzenkunde, Mineralogie oder Numismatik. Vor allem aber alles, was mit seiner Heimatstadt Köln zu tun hatte. Und so finden sich in der Ausstellung Highlights wie das älteste in Köln gedruckte Buch von 1466 und die älteste gedruckte Stadtansicht von Köln in einem Band aus dem Jahr 1474.
Zu den wertvollsten Stücken in der Schau gehört ein so genanntes Blockbuch (Foto oben), das um 1465 im Rheinland oder den Niederlanden geschaffen wurde. Text und Konturen wurden mittels Holzschnitt in schwarzer Farbe gedruckt, die Blätter anschließend von Hand koloriert. Interessant ist auch eine Kölner Bibel von 1478 mit einer Darstellung der Maria mit dem Kinde, denen nicht nur die Heiligen Drei Könige ihre Aufwartung machen, sondern auch der Kölsche Boor samt Kölner Stadtwappen. Diese Bibel ist – lange vor Luther – in Ripuarisch, einem rheinischen Dialekt, verfasst. „Man könnte sagen, auf kölsch“, so Hoffrath.
Anlass für die Ausstellung mit dem Titel „Ein Buch ist ein Ort“ ist die Restaurierung der Wallraf-Bibliothek. So manches der teils jahrhundertealten Bücher, die Wallraf erworben und 1818 der Stadt vermacht hatte, war schon beim Ankauf in schlechtem Zustand. Danach setzten mangelhafte Lagerung, Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg, Feuchtigkeit und Insektenbefall vielen Bänden weiter zu. Wie stark einige der Bücher beschädigt waren, wird in der Ausstellung anhand von Fotos deutlich, die den Zustand vor der Restaurierung dokumentieren.
Die Rettung der Wallraf-Bibliothek begann 2018 auf Initiative des Kölner Unternehmers Peter Jungen, Vorsitzender des Stifterrats des Wallraf-Richartz-Museums & Fondation Corboud. Er konnte Bund, Land, Stadt, Universität und Private als Geldgeber gewinnen. Der erste Teil des Projekts, in den rund 1,7 Millionen Euro flossen, wurde Ende 2023 erfolgreich abgeschlossen (wir berichteten). Nun soll in gleicher Weise auch die Historische Stadtbibliothek gerettet werden. Dazu werde das Kuratorium wieder von Privaten Buchpatenschaften einwerben , die die öffentlichen Gelder ergänzen, kündigte Jungen an.
Die Ausstellung „Ein Buch ist ein Ort“ ist bis 9. Juni 2024 im Historischen Archiv, Eifelwall 5, zu sehen. Geöffnet Di-So 9-16.30 Uhr, Mi 9-19.30 Uhr. Eintritt frei. Führungen Mi 16 Uhr (außer 1. Mai).