AboAbonnieren

Vinyl bleibtBesucher stöbern auf Schallplattenbörse nach Raritäten

Lesezeit 4 Minuten

Wer sucht, der findet: Auf Börsen wie am Wochenende in Mülheim suchen Sammler ihr Glück.

Köln – Als im Jahre 1977 die beiden Raumsonden Voyager 1 und 2 in Richtung interstellaren Raum geschickt wurden, waren sie auch mit zwei goldenen Platten ausgerüstet, auf denen Bilder, Grußbotschaften und Musik gespeichert ist, um den möglichen außerirdischen Entdeckern der Sonden ein Einblick in das Leben auf unserem Planeten und in die menschliche Kultur zu geben.

Mit geschätzt 500 Millionen Jahren liegen diese vergoldeten Kupferscheiben zwar deutlich über der Lebensdauer von Vinyl – aber auch das klassische Material, aus denen Schallplatten hergestellt werden, erfreut sich nicht zuletzt aufgrund der Robustheit immer noch hoher Beliebtheit bei Musikfans aus aller Welt.

Für Ulrich Lauber ist aber vor allem die Qualität ausschlaggebend dafür, dass die Platte nicht nur nicht tot zu kriegen ist, sondern seit Jahren auch wieder in der Beliebtheit und im Umsatz steigt. „Die Leute kommen einfach immer mehr darauf, dass CDs und mp3 nicht denselben Sound bieten können“, so der Betreiber der Schallplattenbörse, die auch in Köln dreimal im Jahr hunderte Sammler anlockt.

So viele Anbieter wie noch nie zuvor vertreten

Am Samstag waren mit rund 60 Händlern so viel Anbieter in der Mülheimer Stadthalle vertreten wie noch nie zuvor. Zum ersten Mal musste Lauber auch den großen Saal hinzubuchen. Es geht vor allem um das bewusste Hören, sind sich Besucher wie Händler in Mülheim unisono einig.

„Eine Schallplatte ist für mich einfach menschlich organisch. Dadurch, dass die Spieldauer immer nur begrenzt ist, beschäftigt man sich viel mehr mit der Musik – man hört weniger einfach nur im Hintergrund“, beschreibt Olli das Vinyl-Gefühl, das ihn schon seit der Grundschulzeit begleitet. Mittlerweile ist er auch öfters auf Börsen als Händler zugegen. In Köln hatte er neben Schnäppchen auch Raritäten dabei. Etwa eine original verschweißte „Headless Cross“ von Black Sabbath inklusive Poster. In dieser Version muss der Fan gut 250 Euro auf den Tisch blättern – die gleiche Platte gebraucht und ohne Poster kostet dagegen nur 20 Euro (weitere Raritäten siehe Kasten).

Knistern als Zeichen der Nostalgie

Wo sich übrigens die Geschmäcker durchaus unterscheiden, ist bei der Frage, ob das berühmte Knistern und Kratzen zum Schallplatten-Hören dazu gehört oder eher lästig und ein Zeichen mangelnder Pflege ist. Für Kai Engel, der den Online-An- und Verkauf musikmarkt-wiesbaden.de betreibt, ist das Knistern einfach ein Zeichen von Nostalgie, das man auch mit modernen Techniken nicht simulieren kann.

Sein Kollege Stefan Morawietz vom Label Oracle Records aus Krefeld sieht das dagegen ganz anders: „Niemand will das Knistern haben. Das ist eine Legende, die nicht stimmt.“ Genau deshalb schwöre er auf Vinyl aus Japan. „Die haben einfach das beste Vinyl der Welt hergestellt – als sie es noch hergestellt haben.“

Sammlerstücke

Der seltene Klassiker

Platten der Beatles sind generell sehr begehrt, und mit Glück nennt man eine echte Rarität sein Eigen. So wie die 1966 für den US-Markt produzierte „Yesterday and Today“. Wer diese Platte mit dem „Butcher“-Cover (zu Deutsch: Fleischer) besitzt, kann sein Taschengeld ordentlich aufbessern: Lediglich 750.000 Exemplare wurden damals mit dem Cover gepresst, welches kurz darauf zurückgezogen und mit einem weniger kontroversen Bild überklebt wurde. Ein versiegeltes Exemplar kann heute gut 39.000 Dollar einbringen. Gerhard Korte verlangte in Köln für sein gebrauchtes Exemplar immerhin 1100 Euro. (roe)

Die progressive Scheibe

Nur zu einem Album hat es das britische Progressive-Trio Dr. Z geschafft. 1971 erschien „Three Parts To My Soul (Spiritus, Manes Et Umbra)“ – und gilt heute in Sammlerkreisen als Kult. Im Schnitt kostet die Originalpressung im Internet um die 900 Euro. „Es sind allerdings auch schon Exemplare für 3000 Euro weggegangen“, weiß Kai Engel von musikmarkt-wiesbaden.de. Derzeit gingen die Preise aber wieder runter. Für sein Exemplar, das er am Wochenende in Köln dabei hatte, verlangte er 2000 Euro. (roe)

Die besondere Pressung

Stefan Morawietz von Oracle Records schwört auf die Qualität der damals in Japan gepressten Scheiben. „Das beste Vinyl“, so die Meinung des Fachmanns. Auch sein Exemplar von „First Utterance“, dem Debüt-Album der britischen Psychedelic-Folk-Band Comus, stammt aus dem Land im Fernen Osten. Gerade einmal zwei Alben hat die Band in der kurzen Zeit ihres Bestehens veröffentlicht (2008 gab es eine Wiedervereinigung und vier Jahre später ein drittes Album). Wer die Japan-Pressung in Köln erwerben wollte, musste 700 Euro auf den Tisch legen. Morawietz: „Die englischen Pressungen sind noch begehrter und teurer.“ (roe)